“Bei uns geht es nicht um Leben und Tod, um Freiheit oder Unterdrückung, bei uns geht es an den Wohlstand. Das bedeutet für die einen ein bisschen weniger Vermögen, bei den anderen vielleicht einen Urlaub weniger – bei sehr vielen aber, bedeutet es, sie stehen finanziell mit dem Rücken an der Wand. Tankkosten explodieren, die Lebensmittelpreise steigen rasant.” So beginnt Plasberg seine gestrige Sendung.
Die Sendung steht also ganz unter dem Motto: “Hey, ihr könnt euch bald vielleicht nicht mal mehr die Heizung leisten, aber stellt euch mal vor, ihr wärt jetzt in der Ukraine, dann wärt ihr jetzt tot!” Doch diesmal treffen die theoretischen Denkfabrik-Weisheiten auf die Realität im Land, ein brachialer Aufschlag.
Die Energieökonomin Claudia Kemfert weiß natürlich ganz genau, was zu tun ist: „Autofreier Sonntag wäre ein guter Ansatz, Tempolimit auch. Im Winter mal die Heizung zwei Grad runterdrehen.“, meint sie. „Dann können wir auf bis zu 15 Prozent der russischen Gaslieferungen verzichten.“
Die Energiewenderin hat eine neue Begründung für die Politik gefunden, die sie schon immer gefordert hat. Doch heute wird sie gleich zweimal ausgebremst.
Doch im Weiteren wird Kemfert überraschenderweise auch von Moderator Plasberg gestoppt. Als Kemfert die Debatte weg von Armut und Energiepreisen hin zur ewigen Energiewende treiben will, hält der sie zurück. Kemfert macht trotzdem weiter, versucht Plasberg zu übertönen, bis der schließlich seinen Moderatorenstuhl verlässt, zu ihr geht und ihr Einhalt gebietet. Immerhin diese Sendung wird also nicht zur unendlichen Bühne von theoretischen Energiewende-Sprücheklopfern.
Es ist weder den Betroffenen in Deutschland fair gegenüber, so bloßgestellt zu werden, noch ist es gegenüber den Menschen in der Ukraine fair, sie als Druckmittel für eine grüne Ideologie zu verwenden.
Bezahlbarer Strom ist kein Luxusproblem, basta. Mich interessiert an der Stelle nicht, wer alles auf dieser Welt keinen Strom hat oder wie die Menschen im Mittelalter gelebt haben. Im Deutschland des 21. Jahrhunderts sollten die Voraussetzung für eine beheizte Wohnung und bezahlbare Lebensmittel das wirklich absolute Minimum sein.
Wenn das hier der Preis für den Frieden sein soll, dann will ich mein Geld zurück
Zu Beginn der Sendung wird das Video einer Zuschauerin eingespielt. Sie und ihr Partner leben von der Hand in den Mund und müssen täglich an allen Ecken sparen. Alle Steckdosen in ihrem Haus sind ausschaltbar, alle Geräte sind stromsparend, der WLAN-Router wird Nachts ausgeschaltet, Kleidung und Möbel werden gebraucht gekauft, Einkaufen tun sie fast nur im Discounter und tanken nur schlückchenweise, voll tanken nur, wenn der Preis runtergeht.
Also erstmal: wenn das hier der Preis für den Frieden sein soll, dann will ich mein Geld zurück, denn Frieden haben wir ja nun gar nicht und für die Freiheit der Ukrainer tun wir auch eher wenig.
Und ich finde es auch sehr hinterhältig, wie ein Krieg, der noch nicht mal einen Monat geht, jetzt als Grund für jedes soziale Problem dargestellt wird. Die Familie, die von der Hand in dem Mund lebt, tut das nicht erst seit gestern und Deutschland hat schon lange die höchsten Energiepreise in Europa. Dieser Krieg und alle seine Folgen mögen diese Lage verschlimmert haben, ja. Aber die Tankstellen in Polen sind immer noch um ein Drittel günstiger. Und dass das Benzin teurer werden soll, steht im Grünenparteiprogramm, die Verteuerung zumindest bestimmter Lebensmittel genauso – das ist das erklärte Ziel.
Der Star der Show war trotzdem ohne Frage Reinigungskraft Susanne Holtkotte. Sie war rhetorisch und inhaltlich stark und hat sich vor allem von echten und vermeintlichen Experten nicht in die Enge treiben lassen.
Und so war diese Ausgabe Hart aber Fair mit eine erfrischenden Prise Realität gewürzt.