Jetzt ist es der Westen – allen voran Deutschland –, der nicht merkt, dass sein eigenes Denken und Handeln schon lange nicht mehr mit der realen Welt kompatibel ist. Deutschland hat weder aus dem Arabischen Frühling noch aus der Hungerkatastrophe des Ersten Weltkriegs oder aus sonstigen Ereignissen gelernt. Jeder, der es wagt, Deutschland aus seinem grünen Dornröschenschlaf zu wecken, wird wahlweise als Geistesgestörter, Rechtsradikaler oder Leugner von irgendwas diffamiert.
Wer nicht aus seiner Geschichte lernen will, ist verdammt, sie zu wiederholen. Jede deutschsprachige Talkshow rätselt derzeit, was Putin bewogen haben könnte, gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt seinen Angriff auf die Ukraine zu starten. Keine der bisher vorgestellten Theorien ist schlüssig, alle sind in sich widersprüchlich. Vielleicht sollte man daher das bisher wichtigste Ergebnis seines Angriffs begreiflich machen, dann ist diese Frage beantwortet.
Die Ukraine war mit etwa 10 Prozent des Weizens und etwa 15 Prozent vom Mais am Welthandel beteiligt. Bei Ölsaaten ist der Anteil höher. Wer jetzt versucht, Sonnenblumenöl zu kaufen, bekommt eine Ahnung vom Problem. Etwa 400 Millionen Menschen weltweit verdanken ihre Existenz den Lieferungen aus der Ukraine, die meisten davon leben im Nahen Osten und in Afrika.
Was der grüne Mainstream in Deutschland nicht bedenkt: Nahrungsmittelimporte sind gleichzeitig Düngemittelimporte. Ein großer Teil des Stickstoffs, des Phosphors, des Kalis und der Spurennährstoffe, die in Weizen, Mais, Gerste und anderen Produkten enthalten sind, gelangen letztendlich als organischer Dünger auf die Felder des Ziellandes. Das heißt, dort wo im Jahr 2022 die Lieferungen aus der Ukraine ausfallen, steht im darauffolgenden Jahr nicht genügend organischer Dünger zur Verfügung. Mineralische Dünger werden mit steigenden Gaspreisen noch teurer werden und können auf schwächeren Böden den organisch gebundenen Stickstoff niemals ersetzen. Zusätzlich zum Ausfall der ukrainischen Importe drohen diesen Ländern massive Einbrüche der eigenen Produktion.
Schweineerzeugung lohnte nicht mehr, die Kosten für die Futtererzeugung konnten nicht mehr gedeckt werden. Das Angebot an Schweinefleisch ging jetzt von ganz allein zurück. Zu den 5 Millionen ermordeten Schweinen kamen jetzt noch 4 Millionen mangels Absatzmöglichkeiten hinzu. Aber deutsche Bürokraten wären nicht deutsche Bürokraten, wenn sie nicht versucht hätten, ihre Fehler durch weitere Fehler zu verschlimmern.
Nachdem der größte Teil des in Konserven verpackten Fleisches vergammelt war, explodierten die Preise für Schweinefleisch und für die Futterkomponenten. Die Behörden reagierten mit einer Höchstpreisverordnung auch für Brotgetreide und Esskartoffeln. Das war der endgültige Todesstoß für die Lebensmittelversorgung des Kaiserreichs. Für die Bauern war es aufgrund der abgeschafften Marktpreise unmöglich zu erkennen, welche Produkte auf dem Markt benötigt wurden und ob sie selber in ihrer jeweiligen Situation diese Produkte kostendeckend erzeugen konnten.
Es passierte dasselbe, das auch später in allen sozialistischen Experimenten passierte und immer noch passiert. Alle staatlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation führen ausnahmslos in die Hungerkatastrophe. Fragen Sie Mao, Pol Pot, Stalin und all die anderen Massenmörder. In den Kriegswintern verhungerten ca. 800.000 Deutsche. Diese unrühmliche Episode ging als „Schweinemord“ oder, zum Andenken an die verantwortlichen Professoren, als „Professorenschlachtung“ in die Geschichte ein.
Auch heute sind es wieder Akademiker, die den grünen Weltenrettern dieselben verqueren Vorstellungen, diesmal zur Errettung der Welt vor dem Klimatod oder mindestens vor dem Tod durch eine imaginäre Überdüngung, verkaufen. Auch der Kieler Professor für ökologischen Landbau, Friedhelm Taube, hat noch Ende Februar bei einer Vortragstagung der LMS-Agrarberatung auf einer deutlichen Reduzierung der Düngung und einer Reduzierung der Tierbestände um 35 Prozent beharrt. Taube gilt unter Landwirten bereits als „Lauterbach der Agrarwissenschaft“.
Sollte es auch in Deutschland infolge des Ukraine-Krieges wieder zu einem Versorgungsengpass kommen, könnten die landwirtschaftsfernen Entscheider in Ministerien, NGOs, Behörden und Universitäten in ihrer Panik die Fehler des Ersten Weltkriegs wiederholen, mit noch verheerenderen Folgen für die sowieso schon angeschlagenen deutschen Landwirtschaftsbetriebe und die Bevölkerung. Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat jedenfalls schon völlig weltfremd eine Verkleinerung der Tierbestände gefordert. Auf einem Großteil der deutschen Landwirtschaftsfläche würden nicht Nahrungsmittel für Menschen, sondern Futter für die Tiermast produziert.
Die Katastrophe nimmt also erneut ihren Lauf. Warum nur reden solche Leute wie die Foodwatch-„Aktivisten“ niemals mit Landwirten? Denn auf „diesem Großteil der deutschen Landwirtschaftsfläche“ wachsen nun mal keine Nahrungsmittel für Menschen, dort wächst nur Tierfutter und auch nur dann, wenn die Felder mit Gülle oder Stallmist gedüngt werden. Ich und meine Berufskollegen, wir sind wütend auf solch fachfremden Belehrungseifer, mit dem neben Spendengeldern zur Verbreitung verquerer Thesen auch noch mediale Aufmerksamkeit eingeheimst wird. Entweder produzieren wir mit diesen Flächen Milch, Fleisch und Eier, oder Foodwatch kann dort Heide und Magerrasen ernten.
Die derzeitige Lage kann zu deutlich schlimmeren Ergebnissen führen als 1915 bis 1918, wenn man die Bauern erneut mit Gängelungen überzieht. Niemand in Ministerien und anderswo kann die Expertise der einzelnen Betriebsleiter ersetzen. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek nannte es „die Anmaßung von Wissen über Ort und Zeit“, was die Unverantwortlichen hinter ihren Schreibtischen antreibt.
Hauptbetroffene des Lieferausfalls aus der Ukraine sind heute ausnahmslos islamische Staaten mit hohem Jungmännerüberschuss. Eine erneute Destabilisierung des Nahen Ostens mit Bürgerkriegen und neuen Einwanderungswellen nach Europa muss befürchtet werden. Diese würden auf Millionen geflüchtete Frauen und Kinder aus der Ukraine treffen. Russland wird zeitgleich seine neue Rohstoff- und Exportmacht nutzen, um im Pulverfass Naher Osten größeren Einfluss zu gewinnen. Es hat Dünger, Nahrungsmittel und militärische Sicherheit zu bieten. Deutschland könnte allenfalls ein paar Stahlhelme beisteuern. Die USA werden nicht erneut für die Europäer in deren Vorgarten in die Bresche springen. Die USA werden im Pazifik und im chinesischen Meer gebunden sein.
Übrigens: China hat schon lange 50 Prozent der weltweit handelbaren Nahrungsmittelvorräte gehortet. Zu allem Überfluss droht in Südamerika aktuell eine Missernte bei Ölsaaten. Mit militärischen Mitteln kann niemand neue Weltführungsmacht werden. Es käme unweigerlich zur Eskalation. Am Ende läge die Welt in Trümmern. Es geht nur über die Destabilisierung des Westens, bis dieser von alleine zusammenbricht. Gewöhnlich greift man für so etwas zuerst das schwächste Mitglied der Gruppe an.
Das schwächste Glied des Westens ist Deutschland. Deutschland hat seine Armee, seine Infrastruktur, seine Industrie, seine Energieversorgung, sein Bildungssystem, seine innere Sicherheit und seine Familien bereits weitgehend zerstört. Derzeit arbeitet Deutschland sehr erfolgreich an der Spaltung seiner Gesellschaft und an der Zerstörung seiner Landwirtschaft. Zusammen mit der EU-Bürokratie weicht das weltrettende Deutschland kein Jota vom Green Deal und von der Farm-to-Fork-Strategie ab. Es sind inzwischen viel zu viele Versorgungsposteninhaber, die in den vielen Luxuszimmern des deutschen Wolkenkuckucksheims ihre Pfründe genießen wollen. Deutschlands weltfremde Errettungsfantasien waren für Putin die Einladungskarte in die Ukraine.
Der grüne Mainstream macht genau das, was Putin erwarten konnte. Ein bisschen Sanktionen, aber nicht so viele, dass es den Guten weh tut, ansonsten nur Worthülsen, vollmundige Ankündigungen und Selbstbeweihräucherung der EU-Bürokraten, von wegen geschlossen zusammenstehend und so. Putin kann sich darauf verlassen, dass NGOs wie Foodwatch weiterhin in seinem Sinne Stimmung machen und aus purer Ahnungslosigkeit die Katastrophe weiter vorantreiben.
Bereits im letzten Herbst hat Putin die Destabilisierung Deutschlands durch eine neue Einwanderungswelle junger muslimischer Männer über Weißrussland angestrebt. Polen hat uns gerettet. Zum wievielten Male eigentlich? Jetzt, da russische Soldaten in der Ukraine stehen, kann Putin sich, was Deutschland betrifft, zurücklehnen. Es läuft jetzt alles von alleine. Die deutsche Politik denkt immer noch in Sprechblasen und ist unfähig zu begreifen, dass so etwas wie Nahrungsmangel tatsächlich die Welt, wie wir sie kennen, vernichten könnte.
Deutschland kann sich schon jetzt nicht mehr selbst ernähren, ist auf Einfuhren angewiesen und wird den Ärmsten noch mehr Mittel zum Leben vor der Nase wegkaufen, stellvertretend für uns könnten diejenigen, die am meisten unsere Hilfe brauchen, verhungern.
Hoffnung, dass Deutschland seine Politik doch noch ändern könnte, habe ich nicht. Ist es nur mein Eindruck oder ist es tatsächlich so, dass viele Vertreter grüner Politik so seltsam empathielos wirken, wenn es um das Schicksal von Menschen geht? Wenn es um das Schicksal von Bienchen und Blümchen oder um Gendersprech geht, wirken sie auf mich ganz anders. Mit jeder neuen Hiobsbotschaft aber werden die Ahnungslosen auf den Führungspositionen mehr und mehr zu Getriebenen der Medien. Was das bedeutet, wissen wir spätestens seit Merkel 2015.