Ron DeSantis, der republikanische Gouverneur von Florida, könnte auch auf nationaler Ebene zu einem der wichtigsten Politiker aufsteigen. Denn er riskierte in der Covid-Phase einen Kurs, der sich von vielen anderen Regionen unterschied, vor allem von den politisch blau gefärbten, also von Demokraten regierten Staaten. Während die Gouverneure dort meist auf Lockdowns, Schulschließungen und möglichst flächendeckende Maskenpflicht setzten, hob er die Maßnahmen sehr früh wieder auf, und vertraute vor allem der Eigenverantwortung. Florida wurde in der Covid-Politik gewissermaßen zum Schweden der USA. Mittlerweile herrscht in dem Südstaat fast völlige Normalität. Ende Februar verfügte de Santis sogar, dass Arbeitgeber ihre Angestellten nicht mehr zum Maskentragen zwingen dürfen.
Anders, als es viele seiner Gegner voraussagten, führte sein Kurs im Vergleich zu den Staaten mit einem rigiden Maßnahmenregime nicht zu mehr Infektionen und Covid-Toten – obwohl das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Florida höher liegt als überall sonst in den USA. Bei der Zahl der Corona-Erkrankungen gehört der Sunshine State zu den vergleichsweise wenig belasteten Regionen der USA.
„Es war ein Fehler, die Schulen zu schließen. Schulschließungen bringen nichts, um Covid einzudämmen, aber sie verursachen einen katastrophalen Schaden an der mentalen, physischen und sozialen Gesundheit unserer Jugend. Wir werden diesen Fehler nicht wiederholen“, erklärte Ron DeSantis schon im Herbst 2020. Ein halbes Jahr vorher, am 13. März, einen Tag nachdem die WHO Covid zur Pandemie erklärte, hatte er die Schulen vorsorglich noch schließen lassen. Insgesamt dauerte diese Eindämmungspolitik in Florida aber nur drei Monate. Schon ab Juni 2020 ließ er stufenweise wieder öffnen. DeSantis drohte Schulen, die nach den Sommerferien geschlossen bleiben wollten, sogar mit Kürzung der Haushaltsmittel.
Wie sieht Floridas Normalität im Vergleich mit anderen US-Staates heute aus? Während derzeit noch in 13 US-Staaten an den Schulen staatliche Maskenpflicht gilt, 30 weitere Staaten die Maskenpflicht den lokalen Behörden überlassen und vier Staaten Maskenmandate für spezielle Schuldistrikte haben, existieren an Schulen in Florida keine Auflagen. In Staaten wie Washington DC, Illinois, Connecticut oder Kalifornien herrscht immer noch eine allgemeines Maskenpflicht für Innenräume – in Florida nur an Flughäfen, weil es sich um Bundesgebäude handelt. Die Angestellten interpretieren das allerdings meist sehr frei, sie tragen die Maske locker unterhalb der Nase.
Viele Amerikaner, auch aus den Bundesstaaten, die ähnlich wie Deutschland deutlich restriktiver im Umgang mit Covid handeln, halten Floridas Weg für den richtigen. „Jeder soll selbst entscheiden, ob er Maske trägt oder sich impfen lässt. Wer sich schützen will, soll das tun aber nicht andere dazu zwingen“ – diese Auffassung hört man in dem Südstaat von vielen Bürgern. Jeder kann Maske tragen, keiner muss. Es gibt regionale Unterschiede: In Miami etwa sieht man deutlich mehr Maskenträger als in Naples an der Westküste. Dafür ist die Impfquote an der Westküste höher. Es gibt Partys, Sportevents, Gottesdienste, Theateraufführungen, Konzerte, voll besetzte Restaurants und Bars. Touristen in Naples erkennt man nicht mehr an der fehlenden Gesichtsbräune, sondern daran, dass sie Restaurants mit Maske betreten – und sich erstaunt umschauen. Covid App, einchecken mit Luca? Gibt es nirgends.
Im vergangenen Jahr reisten 118 Millionen Amerikaner ins sonnige Florida. Das ist Rekord seit Bestehen des Bundesstaates. Hotels und Ferienhäuser waren auch in der sonst eher leeren Hurrikansaison von Juni bis Oktober voll gebucht. Die hier herrschende Freiheit spricht sich herum. Viele Nordstaatler wollen deshalb auch dauerhaft in den südlichsten Bundesstaat ziehen, koste es, was es wolle. Immobilienpreise und Mieten verdoppelten sich im vergangenen Jahr fast. Neu auf den Markt kommende Objekte sind oft schon nach einem Tag verkauft.
Mittlerweile fürchten manche Floridians schon um ihre Art ihres Lebens, weil immer mehr Amerikaner aus den „blauen“, den traditionell demokratisch wählenden Staaten herziehen. „Sie kommen her, weil sie es hier besser finden. Aber wenn sie hier sind, wollen sie, dass es hier genauso wird wie daheim“, hört man bereits Kritik an den neuen Nachbarn. „Jeder ist willkommen in Florida, aber niemand sollte versuchen, uns hier zu verändern.“