Und wieder eine erschütternde Zahl zur aktuellen Geldentwertung: Um 25 Prozent sind die Erzeugerpreise im Januar im Vorjahresvergleich gestiegen. So stark stiegen sie noch nie seit 1949 – seit Einführung der D-Mark und Gründung der Bundesrepublik also und seit das Statistische Bundesamt diese Zahlen überhaupt erhebt. Und, so sagt das Bundesamt: „Hauptverantwortlich für den Anstieg der gewerblichen Erzeugerpreise im Vorjahresvergleich ist weiterhin die Preisentwicklung bei Energie.“
Wenn der Ire Philip Lane das Wort ergreift, heißt es: Genau hinhören, denn er hat als Direktor der EZB, als Einflüsterer von deren französischer Chefin Christine Lagarde und weit darüber hinaus eine Menge zu sagen. Zum Beispiel, wenn wieder mal die Inflation die Gemüter erhitzt, wie gerade geschehen: 5,1 Prozent im Euroraum. Das bedeutet: Tschüss Euro-Kaufkraft! Dazu Lane: Niedrige Inflationsraten wie noch vor zwei Jahren haben keine Chance auf baldige Wiederkehr.
Wie geht es weiter? Ein Teil der Antwort lässt sich zweifellos aus der Geldpolitik der amerikanischen Notenbank Fed ableiten, die nach langem Hin und Her die Inflationsrate jenseits des Großen Teichs für „transitory“, also vorübergehend, erklärt hat – wohl wissend, dass es sich um eine Mogelpackung irgendwo in Richtung 8 bis 10 Prozent handelt. Immerhin hat die Fed auf diese Weise zumindest mit dem verbalen Teil ihrer Geldpolitik auch in Europa für eine gewisse Beruhigung gesorgt.
Doch der sprichwörtlichen schwäbischen Hausfrau dürfte die Wortakrobatik der Fed ziemlich schnuppe sein – es sei denn, ihr Gatte werkelt bei Mercedes oder Bosch, wo sich der Bestand an dem einen oder anderen Autoteil dem Ende zuneigt, sozusagen „transitory“ unter ganz anderen Vorzeichen, schließlich haben wir es immer noch mit den negativen Folgen der Globalisierung zu tun, Ende offen.
Ist die Inflationsrate unter solchen Umständen in diesem Jahr überhaupt zu halten? Und wenn ja, welche? Eine mit der 3 vor dem Komma, wie von den meisten Volkswirten erwartet? Oder die 4-prozentige, wie von ifo-Chef Clemens Fuest erst kürzlich in den Raum gestellt? Oder gar eine zwischen 7 und noch mehr Prozent, wie zum Beispiel aus dem Lebensmittelhandel und großen Teilen des Handwerks zuletzt deutlich vernehmbar? Tatsache ist jedenfalls, dass die Preis-Lohn-Spirale – je nach Entwicklung der Konjunktur die Lohn-Preis-Spirale – ihre Wirkung noch gar nicht ganz entfaltet hat.
Bei all dem sind zwei Phänomene kaum berücksichtigt: die Taxonomie und die Greenflation – zwei scheußliche Wortgebilde, die sich auch unter dem Begriff „Greenwashing“ zusammenfassen lassen. Nummer 1 steht für das willkürliche Einordnen von Dreckschleudern in die Kategorie ESG (Ecological, Social, Governance), Nummer 2 steht für zusätzliche Inflation durch „grüne“ und dadurch verhältnismäßig teure Produkte und Dienstleistungen.
Der Frankfurter Professor Christian Rieck, Spezialist für Spieltheorie, hat sich intensiv der „Greenflation“ gewidmet und ist dabei zu diesem Ergebnis gekommen: „Grüne“ Technologie ist auf dem Vormarsch und nicht mehr aufzuhalten – allerdings schlecht geplant, zu hektisch, außerdem ideologisch geprägt. Die Folge: Es kann eine ganze Generation dauern, bis sich die entsprechenden Investitionen in „grüne“ Technologie auszahlen. Bis dahin heißt es: Inflationstreiber wie Erdgas, Heizöl, Strom und so weiter demütig ertragen und hoffen, dass die aktuell bei 5,1 Prozent liegende Inflation im Euroraum nicht weiter steigt.