Gäbe es einen Wettbewerb, wer die größten Fehlbesetzungen im „Ampel“-Kabinett sind, wäre das Bewerberfeld recht dicht. Denn Favoriten (und Favoritinnen) gibt es genug. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD, 56, seit 2021 nicht mehr MdB) würde jedenfalls in der Rangliste der markantesten Nullnummern ganz weit vorne mitmischen. Dass sie außer Peinlichkeiten und fragwürdigen Stellenbesetzungen politisch wenig kann, hat sie schon vor ihrem Antritt im Dezember 2021 als „Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt“ (IBuK) der Bundeswehr bewiesen: nämlich als Justizministerin.
Entsprechend ist Christine Lambrecht auch in ihre ersten Amtswochen gestartet. Freilich reichten ihr diese wenigen Wochen, um so manches Fettnäpfchen zu finden und Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen. Angeblich rechtsradikalen Umtrieben in der Truppe erteilte sie eine Absage, außerdem brauche die Bundeswehr mehr weibliche Generale. Und dann auch noch die martialische Aussage in einem Interview zwei Tage nach Amtsantritt: „Wir müssen Putin ins Visier nehmen.“
Dann folgte die von ihr initiierte „Spende“ von 5.000 Helmen an die ukrainische Armee. Diese Spende gehört bereits zum Repertoire der Kalauer, mit denen die „Ampel“ sich schmücken kann. Kiews Oberbürgermeister Klitschko kommentierte die „Spende“ denn auch erbost süffisant mit der Frage: „Und beim nächsten Mal kommen 5.000 Kopfkissen?“ Das öffentliche Echo ist entsprechend: Von einem „Ampel-Eiertanz“ (Spiegel) und einer „Lachnummer“ (Berliner Morgenpost) ist die Rede. Die FAZ rät spöttisch zur „Entsendung der Gorch Fock ins Schwarze Meer“. Lambrecht sei jetzt „erste Anwärterin auf den goldenen Vollpfosten“, meint die Stuttgarter Zeitung. Für die New York Times stellt sich Deutschland mit einer solchen Aktion ins Abseits. Jedenfalls beginnt man in der Bundeswehr und auch in der SPD, den Kopf zu schütteln.
Weil Lambrecht nun aber doch ihre Inkompetenz zu spüren scheint, wird personalpolitisch geklotzt. Soeben hat sie ihre Gefolgsgenossin, Staatssekretärin Sudhof, eine Suche nach einem Berater ausschreiben lassen, der helfen soll, den „Ampel“-Koalitionsvertrag umzusetzen. Als wenn es im Bendler-Block nicht genügend Stäbe und genügend große Stäbe gäbe. Und über 200 Generale/Admirale für nicht einmal 184.000 Soldaten!
Wörtlich heißt es in der Ausschreibung (siehe Originaltext): „Aufgabe wird auch die Beratung zur strategischen Umsetzung der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Aufträge in Federführung bzw. mit Bezug zu unserem Ressort sowie die entsprechende Kommunikation in den parlamentarischen Raum sein.“
Dass diese Ausschreibung eine Farce ist, kann man sich denken. Denn man darf davon ausgehen, dass Lambrecht einen ehemaligen Vertrauten in dieses Amt hieven möchte. Auf den Fluren des Bendler-Blocks fällt hier ausschließlich der Name von Lambrechts früherem Sprecher im Justizministerium, Rüdiger Petz.
Obendrein – so wird gemunkelt – wolle Lambrecht Generalinspekteur Eberhard Zorn, den obersten Soldaten, entmachten. Zorn solle nicht mehr wie bisher unmittelbar der Ministerin unterstellt sein, sondern Lambrechts Staatssekretärin Sudhof. Sudhof als die eigentliche Chefin? Immerhin sind ihr bereits die Abteilungen Haushalt, Controlling, Recht, Personal, Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen sowie der Stab Organisation/Revision unterstellt.
Personalpolitische Verirrungen schon als Justizministerin
Schon im Vorgängeramt als Justizministerin hatte Lambrechts eigenwillige Personalpolitik Aufsehen erregt. Eine ihrer ersten Amtshandlungen im Juni 2019 war die Entlassung von vier Top-Beamten, zum Beispiel der Chefin des Leitungsstabs, der Chefin des Kabinettsreferats und des Chefs der Kommunikationsabteilung. Alles übrigens Leute, mit denen Lambrechts Vorgängerin, die ins Europaparlament gewechselte Katarina Barley (ebenfalls SPD), gearbeitet hatte. Aber Lambrecht scheint nur ihren eigenen Kopf zu kennen. Die FAZ hatte am 20. September 2021 in einem Portrait über die vormalige Justizministerin geschrieben: „Beamte beklagen, dass ihre fachliche Einschätzung die Ministerin nur dann interessiere, wenn sie in ihr politisches Kalkül passe.“
Alles in allem: Lambrecht ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Deutschland von Leuten regiert wird, die wenig können und meinen, ihre Inkompetenz mithilfe von Gesinnungsgenossen und Parteigängern kaschieren zu müssen. Sie machen sich damit den Staat zur Beute. Erst einen Tag, bevor Lambrechts neueste Personalspielchen bekannt wurden, hatte sich Außenministerin Baerbock (Grüne) mit einer höchst seltsamen Personalie in Szene gesetzt: Sie hatte die US-Amerikanerin und oberste Greenpeace-Aktivistin Jennifer Morgan als designierte Staatssekretärin und solchermaßen als „Traumbesetzung“ vorgestellt.