Jeweils zu einem Jahresanfang, nachdem Zahlen und Schätzungen zur Wirtschaftsentwicklung des begonnenen Jahres vorliegen, legt die Regierung, resp. der zuständige Wirtschaftsminister, die Prognosen vor. Am 28. Januar 2022 im Bundestag in einer Regierungserklärung tat es nun also der neue Minister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, unter der Überschrift: „Jahreswirtschaftsbericht 2022: Transformation innovativ gestalten – Wie der Aufbruch in ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen gelingen kann.“
Bereits wie im Jahreswirtschaftsbericht 2021, damals noch vorgestellt von Wirtschaftsminister Peter Altmaier, unterlegt der Bericht, wie das Pandemiegeschehen weiter die wirtschaftliche Entwicklung beeinflusst. Die Zahlen zeigten jedoch, dass die Ursachen für die Wirtschaftskrise nicht nur in der Pandemie liegen, sondern in den umstrittenen Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Pandemie.
Bei dieser Umwandlung sollen alternative Wohlstandsindikatoren jenseits des Bruttoinlandsprodukts verstärkt einbezogen werden. Auf über 30 verschiedene Indikatoren in den 126 Seiten verweist der Bericht zur Messung des, sagen wir es verkürzt, „künftigen Wohlstands.“ Darunter findet sich etwa der Nitratgehalt im Grundwasser, wonach bis 2030 der Grenzwert an allen Messstellen einzuhalten sei, aber auch der Anteil der Frauen in Führungspositionen oder die Bildungsgerechtigkeit, Gleichberechtigung sowie die Überlastung durch „Wohnkosten“ und Breitbandausbau. Was dies alles im Wirtschaftsbericht als Indikatoren des Wohlstands zu suchen hat, erschließt sich nicht notwendigerweise. Sie scheinen eine Grußbotschaft an die Wählerschaft oder die Grünen-Mitglieder zu sein – für jede/n ist etwas dabei, jeder bekommt seinen Lieblingsindikator.
Beabsichtigt ist, dass Wirtschaftswachstum möglich bleibt, sich jedoch quasi abkoppelt vom CO2-Ausstoß. Die Wirtschaft soll also weiter wachsen, gleichzeitig aber weniger Treibhausgase verursachen; also die Quadratur des Kreises oder auch die Megaherausforderung des Klimaministers und der gesamten Republik. Kurzum, das Wachstum nicht am reinen Bruttoinlandsprodukt (BIP) messen, sondern den Wohlstand des Landes über viele andere Indikatoren. Die Betrachtung des Wohlstands nicht nur über das BIP, sondern auch über andere Indikatoren mag ja sinnvoll sein, nur welche wählt man denn aus? Es liest sich alles wie ein Wirrwarr, alles ist irgendwie gleich wichtig zur Bemessung des Wohlstands jenseits des reinen Zahlenwerks des BIP. Gleichwohl heißt es: „Die neuen Kennzahlen helfen dabei, das BIP zielgerichteter zu interpretieren.“
Der Verband der Familienunternehmen monierte indessen, „Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck stellte heute den Jahreswirtschaftsbericht vor. Das Dokument liest sich eher wie ein Jahresklimaschutzbericht mit einem Unterkapitel Wirtschaft als andersherum. Das zeigt die Priorität, die Herr Habeck der Wirtschaft beimisst.“
Am 8. Juni 2020 in der Sendung „Hart aber fair“ hatte Robert Habeck bereits darüber gejubelt, wie leicht es sei, Krisen auszulösen: „Wer hätte gedacht, dass wir die ganze Wirtschaft lahmlegen, weil wir Werte … vor ökonomische Kreisläufe stellen.“ Das scheint nun im neuen Bericht angelegt.
Selbstredend darf die Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen nicht fehlen. Wachstum müsse mit weniger Emissionen erreicht werden, so Habeck im Bundestag. Schon beim Amtsantritt legte er eine „Eröffnungsbilanz“ vor. Man müsse nun das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien mindestens verdreifachen, wenn wir ohne Wohlstandsverluste trotzdem das Klima schützen wollen, also auf CO2-freie Energien setzen. Habeck will vor allem auf Windkraft setzen und kündigte einen enormen Ausbau an. Auf zwei Prozent der Landfläche der Republik sollen Windräder stehen.
Wie das gehen soll, ohne dass der Staat sämtliche Investitionen stemmt, bleibt dahingestellt. Ende 2021 jedenfalls war klar, Grüne Investitionen rechnen sich für Investoren nicht. Selbst die Aktien von Fluggesellschaften hatten sich im Jahr 2021 besser entwickelt. Aktien von Erneuerbaren Energien brachen 2021 trotz politischer Unterstützung ein.
Ob die Prognosen für 2022 mit einem Wirtschaftswachstum von 3,6 Prozent realistisch sind, bleibt unter den derzeitigen Vorzeichen wohl eher Wunschkonzert. Im Jahr 2021 sah im europäischen Vergleich mit Frankreich, Italien und Spanien Deutschlands Wirtschaftsplus jedenfalls mager aus.
Im letzten Quartal 2021 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorquartal um 0,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. „Deutschland auf dem Weg in die Rezession“, titelte das Handelsblatt. Im Vorjahresquartal, als die Pandemie Deutschland noch einmal deutlich härter getroffen hatte, betrug das Plus 1,4 Prozent. Es könnte zu einer technischen Rezession kommen, dies ist der Fall, wenn die Wirtschaftskraft in zwei Vierteljahren in Folge sinkt.