Die plötzliche Verkürzung des Genesenenstatus in Deutschland ist einmalig. Nicht nur, weil dieser elementare Grundrechtseingriff ohne wirkliche Ankündigung, geschweige denn mit Schonfrist verhängt wurde. Nicht nur, weil eine Regierungsbehörde intransparent und an den demokratischen Institutionen vorbei per Mausklick Grundrechte für viele Menschen wieder abschafft. Sondern auch, weil Deutschland auf diesem Weg praktisch alleine ist.
Dieser Unwahrheitsminister will jedoch nicht von seinem Kurs abweichen – und das trotz massiven Gegenwindes aus dem Ausland. Wenige Tage, nachdem das Bundesgesundheitsministerium die Dauer des Genesenenstatus schnell änderte, wird Lauterbachs angeblich wissenschaftlich begründbare Haltung konterkariert: Am Dienstag beschlossen die EU-Mitgliedsstaaten, dem Genesenenstatus unionsweit sechsmonatige Gültigkeit einzuräumen.
Die Bundesregierung versinkt daraufhin im Chaos: Das Auswärtige Amt verweist Presseanfragen zum Thema an das Innenministerium, dieses wiederum verweist an das Bundesverkehrsministerium. Im Bundesgesundheitsministerium wurde man von der Entscheidung der EU scheinbar überrascht. Dabei stimmte die Außenamts-Staatsministerin Anna Lührmann in Brüssel sogar für die Sechs-Monats-Regel. Im deutschen Regierungskörper weiß die rechte Hand offenbar nicht, was die linke tut.
Karl Lauterbach gibt sich jedoch ungeschlagen. Die EU-Entscheidung will er nicht umsetzen: Auf Anfrage von Business Insider stellt das Ministerium klar, dass es keine erneute Änderung geben wird. EU-Bürger werden in Deutschland drei Monate nach ihrer Infektion wie Ungeimpfte behandelt, sofern keine zusätzliche Impfung stattgefunden hat. Die EU-Kommission hat jedoch eine klare Haltung: „Das Mindeste, was wir alle erwarten können ist, dass die Mitgliedsstaaten diese Empfehlung auch umsetzen.“
Lauterbach will den Spieß jedoch kurzerhand umdrehen: „Wir werden in Kürze erneut versuchen, die drei Monate auch auf europäischer Ebene umzusetzen“, erklärte er gegenüber dem ZDF. Offenbar will ein Minister einem ganzen Kontinent seinen Willen aufzwingen – ist das schon Größenwahn?
Scheinbar als einziger will Karl Lauterbach diese Tür verrammeln – entgegen dem internationalen Trend und entgegen den Empfehlungen der meisten der Top-Wissenschaftler, die lange als Leitlicht hochgehalten wurden. Olaf Scholz hat sich einen Unberechenbaren ins Kabinett geholt – Lauterbachs Stil, mit Haltungen und Aussagen vorzupreschen, wird im Ministeramt zu einer echten Belastung für die Regierung.
Noch verhindert wohl vor allem das starke öffentliche Profil des Ministers seine Entlassung – doch die Realität wird durchsickern, ob Lauterbach das will oder nicht. Vielleicht wird sich der Bundeskanzler schlussendlich zwischen seinem Gesundheitsminister und dem Ende der Pandemie entscheiden müssen.