94 Prozent Ja – Ein Traumergebnis für Friedrich Merz bei der Wahl zum neuen Parteivorsitzenden der CDU. Bisher hatte man den eher spröden Sauerländer noch nicht so bewegt gesehen wie im Augenblick der Bekanntgabe. Es schien nicht nur so, sondern es war so: In den Augen dieses so harten Kerls waren Tränen der inneren Bewegung getreten. Allein dies dürfte Kritiker innerhalb und außerhalb der Partei ein wenig versöhnt haben mit der ansonsten so kühlen und nüchternen Art dieser neuen Nummer Eins der immer noch größten deutschen Volkspartei. Wobei Friedrich Merz auch dabei seinen gesunden Realitätssinn nicht verloren haben dürfte.
„Alle Ergebnisse über 85 Prozent haben einen Kern Unaufrichtigkeit in sich“. Dieser Satz stammt von Helmut Kohl, der in seiner Laufbahn nicht nur einmal Traumergebnisse dieser Art erlebte.
Und da setzte er in seiner ersten kurzen Rede schon mehr als nur Duftmarken. Wie nicht anders zu erwarten war, benutzte er nicht das Vokabular eines Börsenmanagers. Von ihm bisher ungewohnt stellte er die sozialen Fragen von heute und morgen an den Anfang. Dann folgten aber auch Worte, die man so lange nicht mehr von den Christdemokraten gehört hat. Gleich zweimal pries er den hohen Stellenwert der Familie – man höre und staune – als Wert unserer bürgerlichen Ordnung. Ebenso klar sein Bekenntnis zur Bundeswehr. Auch so etwas hörte man in den letzten 16 Jahren eher selten und wenn doch, mit emotionaler Distanz.
Merz ist ein Meister des Wortes, und so weiß er auch, warum er etwas nicht sagt. So war es auch kein Zufall, dass das Wort „Corona“ kein einziges Mal in seiner Rede vorkam. Auch keine Drohungen gegen sogenannte „Impfverweigerer“ kamen ihm über die Lippen. In diesem Zusammenhang war es geradezu wohltuend, dass er sich klar und eindeutig von jeder Art des Extremismus, ob von rechts, links oder religiös begründet, abgrenzte. Offensichtlich macht der neue CDU-Chef schon einen Unterschied zwischen Kritikern der Regierung und Feinden unserer Gesellschaft. Andere Vertreter unseres demokratischen Spektrums, allen voran die Medien, werfen da gern unbekümmert alles in einen Topf.
Auf alle Fälle wird es wieder spannend in der deutschen Politik.