„Krankenpfleger, ungeimpft mit langjähriger Intensiverfahrung sucht neuen Wirkungskreis“. „Krankenschwester, ungeimpft, sucht ab 15.03.2022 eine neue Arbeitsstelle“. „Krankenschwester, handwerklich begabt, vielseitig interessiert, sucht ab Mitte März neuen Wirkungskreis“. „Fachkrankenschwester, Intensiv/Anästesie/Palliativ sowie Heilpraktikerin, ungeimpft, sucht ab 15.3. neue Wirkungsstädte“. „Ex. Kinderkrankenschwester und Rettungssanitäterin ungeimpft sucht eine neue Arbeitsstelle“.
Solche Sätze liest man dieser Tage erschreckend oft auf den Kleinanzeigen-Seiten in Regionalzeitungen. In Oberbayern füllen Anzeigen von arbeitssuchenden Pflegern ganze Seiten. Sie alle haben eine Gemeinsamkeit: Alle suchen ab 15. März einen neuen Job. Ab dann soll die Pfleger-Impfpflicht gelten. Eigentlich war das alles mal undenkbar – denn wenn ein Beruf in Deutschland händeringend gesucht wird, dann wohl qualifizierte Pflegekräfte. Wie viele Pfleger in Deutschland durch die Impfpflicht ihren Job verlieren werden, ist kaum zu beziffern – aber es sind Tausende.
Die Ursprungsbegründung der Corona-Maßnahmen war mal der Schutz der Krankenhäuser, der Schutz vor der Triage und vor allem: die Solidarität mit den „Helden“ in der Pflege. Jetzt kommt die Impfpflicht für sie zuerst. Zusammengefasst sieht der aktuelle Stand der Corona-Politik also so aus: Pfleger sollen ihren Job verlieren, damit die Pflege nicht so belastet wird.
Die Bundesregierung hört nur jenen Pflegern zu, die auch ihre Politik bestätigen, die die immer gleiche Geschichte von der Corona-Triage erzählen und der Rettung durch die Impfung.
TE will auch die andere Seite zeigen, das Leid, das nicht Corona erzeugt, sondern die Maßnahmen dagegen. Die Helden, die um ihren Job und mehr noch ihren Stolz betrogen werden – von jener Politik, die vorgibt ihre obersten Anwälte zu sein.
In den nächsten Tagen wird TE eine Serie aus Interviews mit Pflegekräften veröffentlichen, mit Namen und Gesichtern – denn ihre Erlebnisse, kann niemand verleugnen, ihre Eindrücke niemand canceln. Und was sie zu sagen haben, hat es verdient, gehört zu werden.
Wir haben im Zuge unserer Recherchen mit Krankenschwestern, Altenpflegern und Ärzten gesprochen, ganz egal ob geimpft oder ungeimpft. Sie berichten die unterschiedlichsten Dinge: Ein Intensivpfleger erzählt, so wenig habe er noch nie gearbeitet, seit er auf die Covid-Intensivstation versetzt wurde; eine andere berichtet von ihrem tatsächlich aufreibenden Kampf an der „Corona-Front“ – mit dem Ergebnis, dass sie nach anderthalb Jahren nun wohl ihren Job verliert, weil sie sich nicht impfen lassen wird. Manche berichten von der Spaltung im Kollegium, von Ärzten, die Witze darüber machen, wozu man diesen Ungeimpften dort überhaupt behandeln sollte, andere von Patienten, die mit schwerwiegenden, teils lebensbedrohlichen Symptomen nicht mehr zum Arzt gehen – aus Angst vor dem Virus.
Nur in einem sind sich nahezu alle einig: Die Impfpflicht für die Pflege endet in einer Katastrophe. Dass die Pfleger sich schon beugen werden, ist eine Illusion – es gibt viele, die entschlossen sind, sich nicht impfen zu lassen und dafür auch bereit sind, ihren Beruf zu opfern. Oft ist es ohnehin nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt – Personalmangel, Nachtschichten, Überbelastung & Co. sind auch davor schon Alltag gewesen. Und den unterlegten Krankenhäusern droht durch den zusätzlichen Personalschwund nun das Chaos.
Eine ambulante Pflegerin erzählt von Patienten, die Angst haben, dass sie bald Zuhause im Stich gelassen werden würden, dass einfach niemand mehr kommen würde. Ein Pfleger erzählt vom Druck aus der Krankenhausleitung, die keine Ahnung mehr hat, wie die Arbeitsprozesse unten funktionieren. Eine erzählt: „Ich kann die Lobgesänge auf die Pflege nicht mehr ernst nehmen. Ich glaub’s einfach nicht mehr.“
Sie lieben ihren Job. Und sie fühlen sich verraten. Einer erzählt uns von einem Besuch aus der Politik auf Station. Dass manche Betten, die hier vorbildlich für Covid-Zwecke aufgestellt wurden, nicht mal einen Strom-Anschluss hatten, fiel nicht weiter auf. Manche Pfleger haben Existenzängste, andere sind zuversichtlich. In Bayern sind viele eingebunden, kennen Leute, für die sie arbeiten können, als Haushaltshilfen etwa, ihre Partner verdienen oft genug. In Sachsen und Thüringen ist das oft anders: „Ich möchte für meine Familie da sein. Für meine Freunde, Kollegen und Patienten. Es ist unheimlich kräftezehrend, jetzt wo ich auch noch ständig mit der Angst lebe, meinen Arbeitsplatz zu verlieren“, sagt einer. Viele sind verzweifelt, können kaum mehr schlafen.
Eines steht am Ende doch fest: Dieses Problem geht uns alle an, schon allein deshalb, weil es das Gesundheitssystem tatsächlich an seine Grenze bringen wird. Fangen wir an, den Betroffenen unsere Aufmerksamkeit zu schenken!
Ab morgen erscheinen dazu bei TE Interviews mit Betroffenen.