Tschentscher machte falsche Angaben zum Geimpften-Anteil an Corona-Infektionen
Larissa Fußer
Nachdem bis vor Kurzem noch Markus Söder in der Kritik stand, verzerrt hohe Ungeimpften-Inzidenzen in Bayern verbreitet zu haben, werden dieselben Vorwürfe nun gegen den Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erhoben.
In Hamburg haben Anfragen der FDP und Linken an den Senat offenbart, dass bei über 80 Prozent der als ungeimpft neu infiziert Gemeldeten der Impfstatus tatsächlich unbekannt ist. Wie die Antworten der Landesregierung zeigen, waren in der 45. Kalenderwoche 22,5 Prozent der Neuinfektionen auf Geimpfte und 14,3 Prozent auf Ungeimpfte zurückzuführen. Bei 63,2 Prozent der Fälle war der Impfstatus unbekannt. Offenbar zählte auch Hamburg zu den Ungeimpften-Inzidenzen alle Fälle mit unbekanntem Impfstatus hinzu.
Diese Zahlen sind besonders frappierend, da der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) noch am 16. November bei einer Presseerklärung verkündet hatte, dass in der betreffenden Woche über 90 Prozent der Neuinfektionen bei Ungeimpften aufgetreten sein sollen. Tschentscher hatte von einem „sehr klare[n] Bild“ gesprochen und den anwesenden Journalisten eine Grafik gezeigt, auf der eine Sieben-Tage-Inzidenz von 22 unter Geimpften einer Inzidenz von 605 unter Ungeimpften gegenübergestellt wurde. Schon seit Monaten begründet der SPD-Bürgermeister die strengen 2G-Verordnungen in seinem Bundesland mit der dramatisch höheren Inzidenzwerten von Ungeimpften im Vergleich zu Geimpften. So hatte Hamburg als erstes Bundesland, noch vor dem Bundesbeschluss, strikte 2G-Regeln eingeführt.
Obwohl nun ans Licht gekommen ist, dass die Ungeimpften-Inzidenzwerte grob verzerrt und offensichtlich zu hoch dargestellt wurden, ist nicht mit einer Verbesserung der Datenlage zu rechnen. Laut Informationen des Infektionsepidemiologischen Landeszentrums in Hamburg wird der Impfstatus Neuinfizierter bereits seit Ende August immer seltener erfasst. In der 35. Kalenderwoche war noch bei 68,3 Prozent der Fälle der Impfstatus bekannt gewesen, in der 49. KW waren es nur noch rund 10 Prozent. Alle Meldungen mit unbekanntem Impfstatus wurden aber nach wie vor den Ungeimpften zugerechnet.
Auf Anfrage der Welt am Sonntag erklärte Senatssprecher Marcel Schweitzer diese Datenlücken mit der zunehmend angespannten Corona-Lage. Schweitzer: „Wegen des erhöhten Infektionsgeschehens können die Angaben zum Impfstatus zum Teil erst mit erheblichem Zeitverzug eingegeben werden.“ Da die Gesundheitsämter zunehmend belastet seien und die Datenerfassung nicht mehr leisten können, sei die getrennte Ausweisung der Inzidenzen nach Impfstatus nun komplett eingestellt worden. Auf Anfrage des Linken-Gesundheitspolitikers Deniz Celik räumte der Senat zudem ein, dass auch in Kliniken der Impfstatus der Patienten in nur rund zwei Dritteln der Fälle erhoben werde.
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