Am Montagmorgen wurde ein 56 Jahre alter Obdachloser, der seit mehr als 6 Jahren auf dem Gemeindegelände gelebt hatte, im Keller der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) tot aufgefunden. Das berichtete der Kölner Stadt-Anzeiger (KStA) am 13. Dezember 2021. Es gibt keine Hinweise auf Fremdverschulden. Offenbar habe sich der Mann das Leben genommen.
Der gelernte Zahntechniker, der Milan hieß, sei wegen privater Probleme auf der Straße gelandet. Er tauchte laut Recherchen des KStA zum ersten Mal vor rund sechs Jahren auf dem Areal auf und hielt sich zunächst im Eingangsbereich der Kirche auf. Der damalige Hochschulpfarrer und Leiter der KHG, Klaus Thranberend, bot ihm daraufhin an, in einer der vier Garagen unter den Büros zu schlafen. In letzter Zeit übernachtete er auch schonmal in einer Art Gästezimmer der KHG.
Die KHG ist nach Selbstauskunft „ein Ort der Begegnung für all diejenigen, die an den Kölner Hochschulen studieren und arbeiten“. Milan hatte engen Kontakt zu Studenten und zu den Mitarbeitern der KHG. Verpflegt wurde er über einen Lebensmittelverteiler der KHG, seinen Kaffee bekam er im Büro. „Er war ein Stück weit Teil unserer KHG-Familie. Eigentlich war er immer da, auch zu unserer Weihnachtsfeier“, so eine Mitarbeiterin gegenüber dem KStA. Milan gestaltete den Innenhof als Garten mit Blumen. Er hielt die Außenanlagen sauber und reparierte Fahrräder. Laut Thranberend, inzwischen Pfarrvikar in Ehrenfeld, war Milan ein geschickter Handwerker.
„Lass mich nicht allein!“
Milan sei nach der Aufforderung auszuziehen „am Boden zerstört gewesen“, so Thranberend gegenüber dem KStA. Besonders gekränkt habe es ihn, dass die Leitung der KHG „unter Zeugen“ zu ihm gekommen sei, um ihn zu vertreiben. „Lass mich nicht allein“, habe Milan zu Thranberend gesagt. Thranberend bemühte sich kurzfristig um eine Übergangsbleibe – doch vergeblich. Er bot ihm an, fürs Erste bei ihm zu schlafen. „Aber da wirkte er schon sehr verzweifelt, als ob er jede Perspektive verloren hätte.“ Thranberend wirft seinem Nachfolger und dem Erzbistum Köln, das für die KHG verantwortlich ist, vor: „Dieses Handeln einer völlig verrechtlichten Kirche ist unerträglich, unpastoral und asozial. Wie kann man so etwas tun, erst recht kurz vor Weihnachten?“
Eine Sprecherin des Erzbistums versicherte gegenüber dem Stadt-Anzeiger, die KHG-Leitung „habe versucht, mit dem Betroffenen gemeinsam eine Perspektive zu entwickeln“. Nachdem Schmitz am Montag für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar war, hat er sich inzwischen gegenüber dem KStA erklärt: Seit Mitte November habe er versucht, den Aufenthaltsstatus zusammen mit dem Mann zu klären. Der ehemaligen Leitung wirft er vor, „die Dinge in der Schwebe gelassen zu haben“. Diese wies den Vorwurf zurück. Der Aufenthalt des Obdachlosen und sein Leben in und mit der Gemeinde sei nie verheimlicht worden. Selbst die zuständige Hauptabteilung im Erzbistum sei informiert gewesen.
Mitten im Winter werden Obdachlose in Deutschland von ihren Zufluchtsorten verbannt
Schmitz sagte dem KStA weiterhin, er habe den Mann an die Caritas oder den Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) verwiesen und ihm bis zum 15. Dezember Zeit für eine Kontaktaufnahme gegeben. Andernfalls sähe er sich rechtlich gezwungen, die Polizei zu informieren. Dass der Obdachlose einen Rauswurf oder einen Polizei-Einsatz befürchtete, sei nicht mit dem zu erklären, was er mit ihm besprochen habe.
„Mir ging es darum, diesem Menschen nach sechs Jahren endlich die Hilfe zukommen zu lassen, die ihm eine echte Perspektive ermöglicht hätte.“ Mehrfach habe er ihm gesagt: „Wir wollen Ihnen helfen, aber Sie müssen sich bewegen.“ Ganz sicher, so Schmitz, habe er keine Indizien für eine Suizid-Absicht wahrgenommen. Schmitz zeigt sich bestürzt: Am Todestag selbst hätte ein Gespräch mit dem Mann stattfinden sollen, stattdessen hätte er „zu unser aller Entsetzen“ seine Situation als ausweglos empfunden, so Schmitz gegenüber dem KStA. Der Vorwurf eines unbarmherzigen und unchristlichen Verhaltens habe ihn „unglaublich getroffen“.
Das Erzbistum Köln erklärt, es hätte der Klärung der offenen rechtlichen Fragen bedurft, um „mit professioneller Unterstützung eine geregelte Perspektive für sein Leben aufzubauen und eine geeignete Wohnung für ihn zu finden“. Gleichwohl hätte das Gespräch „nicht bedeutet, dass er die Räumlichkeiten unmittelbar hätte räumen müssen“. Schon seit 2020 hätte die KHG „im Gespräch mit Milan gestanden, dass sein Aufenthalt und die Nutzung der Räumlichkeiten – nicht der Garage – keine Dauerlösung sein könne“.
Auf der Webseite der KHG Köln findet man eine Stellungnahme der Leiterin der Hauptabteilung Schule/Hochschule im Erzbischöflichen Generalvikariat, Dr. Bernadette Schwarz-Boenneke: „Die Nachricht, dass der Wohnungslose Milan tot in den Räumlichkeiten der KHG aufgefunden worden ist, hat bei mir und bei uns allen Bestürzung und tiefe Betroffenheit ausgelöst. Niemand kann ermessen, was in einem Menschen vorgehen muss, wenn er seinen letzten Ausweg darin sieht, sich selbst das Leben zu nehmen. Unsere Gedanken und Gebete sind bei ihm und allen, die um ihn trauern.“ Dort ist auch das Statement des Erzbistums verlinkt.
Vor Kurzem hat auch der rot-rot-grüne Berliner Senat mit einer als mitleidlos empfundenen Maßnahme gegen Obdachlose Aufsehen erregt. Mitten im Winter werden ungeimpfte oder ungetestete Obdachlose wegen der 3G-Regel von Bahnsteigen verbannt, wo sie vor Kälte und Nässe Zuflucht suchen.
Von einer linken Regierung und der katholischen Kirche würde man solches erbarmungslose Vorgehen eigentlich nicht erwarten.
Sollten Sie das Gefühl haben, dass Sie Hilfe benötigen, kontaktieren Sie unbedingt die Telefonseelsorge. Unter der kostenfreien Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 bekommen Sie Hilfe von Beratern, die Ihnen Hilfe bei den nächsten Schritten anbieten können. Hilfsangebote gibt es außerdem bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention. Im Netz gibt es – Beispielsweise bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe – auch ein Forum, in dem sich Betroffene austauschen können.