Wieder ist Winter, wieder ist Murmeltiertag in Deutschland. Und wieder geht Bayern mit flatternden Fahnen voran, wie so oft bei den Corona-Maßnahmen. Das Kabinett unter Ministerpräsident Markus Söder hat einen neuen Beschluss vorgelegt. Hauptpunkt: Wer sich boostern lässt, ist künftig von der Testpflicht befreit. Wer in Bayern ins Kino, Museum oder Fitnessstudio will, braucht derzeit neben einem Impfzertifikat auch einen Test. Mit der Neuregelung entsteht somit ein Drei-Stufen-Modell. Dreimalige Injektion: 2G-Regel. Zweimalige Injektion: 2Gplus-Regel. Keine Injektion: de facto Lockdown. Die neue „Booster“-Regel greift 15 Tage nach der dritten Spritze. Die Booster-Impfung ersetze den Test, so Söder. Ein zusätzlicher Test habe keinen Mehrwert. Ausnahme: Alten- und Pflegeheime, wo die Testpflicht trotzdem bestehen bleibt.
Die geltenden Corona-Regeln verlängerte das Kabinett bis 12. Januar. „Wir haben kaum etwas geändert“, sagt der bayerische Ministerpräsident. Man dürfe schließlich nicht zu früh aus dem „erfolgreichen Corona-Management“ aussteigen. An Silvester, so ließ der Landesvater wissen, sehe man überdies von der Sperrstunde um 22 Uhr ab. So viel Gnadenerweis gab es seit Prinzregent Luitpold nicht mehr. Murmeltiertag erlebten die Bayern neuerlich, als Söder sodann davon sprach, man brauche für Omikron – welches der CSU-Chef als „auf jeden Fall ansteckender“ als die Delta-Variante bezeichnete – einheitliche „nationale Regeln“. Seit Beginn der Pandemie hat es sich Söder nicht nehmen lassen, mit seinem Landesmaßnahmenplan Einfluss auf Berlin zu nehmen.
Den Ball von der Isar nimmt man an der Spree gerne an. Dort beraten die Gesundheitsminister der Länder unter dem neuen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach über eine bundesweite Einführung ähnlicher Regeln. Lauterbach selbst hatte sich dafür ausgesprochen, dass für „Geboosterte“ die Testpflicht entfallen soll, um einen Anreiz zu schaffen. Der Vorschlag steht in einer Beschlussvorlage, die am heutigen Nachmittag verabschiedet werden soll. „Wissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass die Auffrischimpfung sowohl die Gefahr einer Infektion als auch das Risiko einer weiteren Übertragung reduziert“, so steht es im Papier. Wie im Bayern soll die Testpflicht in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen bleiben. Zugleich soll heute ein Virologen-Expertenrat der Bundesregierung zum ersten Mal tagen.
Während Politiker der Ampelparteien das Vorgehen begrüßten und zugleich weitergehende Forderungen erhoben – etwa eine Lockerung der Frist zwischen den ersten beiden Impfungen und der dritten –, äußerte die Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Ute Teichert, Bedenken. „Es wäre klüger, abzuwarten, wie sich die Pandemie in den kommenden Wochen entwickelt“, sagte Teichert. Überdies räumten Söder und Lauterbach fallende Zahlen bei den Inzidenzen ein. Beide sahen jedoch darin keinen Grund zur Strategieänderung. Der Trend dürfe „nicht durch Weihnachten gefährdet werden“, sagte der Bundesgesundheitsminister auf Twitter.