Kalifornien ist kaum wiederzuerkennen. Wie die gesamten USA: Inflation, Depression, Resignation. „It is a sleepy city right now“, meinte der Portier in meinem Hotel in Santa Barbara. Ein Student der Nuklearphysik mit drei Nebenjobs. Niemand, der nach dem 28. BAföG-Semester ohne Abschluss eine Bundestags-Berechtigung oder die Leitung der Frauenunion hätte. Und der junge Mann fügt augenzwinkernd und vielsagend hinzu: „… and a sleepy president.“
Ein Jahr nach dem Ende von Trumps Präsidentschaft hat die USA eine beispiellose Ernüchterung erfasst. Einen Blick in sein Leib-und-Magen-Blatt sollte sich Joe Biden ersparen: Laut Washington Post sind nur noch 39 Prozent der Amerikaner mit seiner Wirtschaftspolitik zufrieden. Nur 41 Prozent meinen, dass er insgesamt einen guten Job macht. Obamas verheerende Jahre waren schon schlimm für Wirtschaft, Sicherheit und die außenpolitische Stärke. Aber das erste Biden-Jahr übertrifft alles.
Genauso ist die Stimmung derzeit in den USA. Jung und alt, liberal oder evangelikal, egal aus welcher sozialen Schicht: Keiner will es gewesen sein, der Trump abgewählt hat. „He was a businessman“, der nicht nur für Unterhaltung, sondern für Arbeitsplätze und Aufschwung gesorgt hat. Kein ideologischer Philosoph und wohlfeiler Schönredner. Weg mit all den Bremsen namens Pariser Klimaabkommen, Behördenwillkür, WHO-, NATO- und Gender-Finanzierung. Vier gute Jahre. Das ist nun alles vorbei! In nur einem Jahr! Baustellen liegen brach, die Infrastruktur ist katastrophaler denn je. Hauptsache scheint zu sein, dass von den marodesten öffentlichen Gebäuden und brüchigsten Brücken weht der Regenbogen. Die Preise für Mieten und Lebensmittel kann kaum einer mehr bezahlen, geschweige denn für Urlaub. Die einst billigen Energiepreise explodieren.
Zwölf Prozentpunkte sackte die Biden-Partei gegenüber den Präsidentschaftswahlen ab. Ein erzkonservativer Trump-Anhänger, „Pro life“-Kämpfer gegen Abtreibung und Gender-Ideologie, machte das Rennen. Kein Softie-, sondern ein Hardcore-Republikaner. Noch spektakulärer in New Jersey letzte Woche: Ein Nobody und Newcomer, ein LKW-Fahrer mit einem Wahlkampfbudget von 153 Dollar, fegte den langjährigen demokratischen Senatspräsidenten aus dem Amt. Der 58-jährige dreifache Vater und vierfache Opa beschreibt sich in Interviews auf allen Kanälen als Familienmensch: „Ich glaube an Gott und arbeite hart.“ Auch er gehört zur Lebensrechtsbewegung. Ähnlich zum Beispiel dem Wetzlarer Ex-MdB Hans-Jürgen Irmer, von den eigenen C(!)DU-Leuten aufs Abstellgleis befördert. Das absolute Antiprogramm zur Biden/Harris-Ideologie: eins zu eins mit Trump.
Plötzlich dämmert selbst deutschen Journalisten: Da tut sich was in der neuen Welt. Die Amerikaner sind eben keine Deutschen, die brav das Motto von den „dümmsten Kälbern“ verinnerlicht haben. Meine sogenannte demokratische geschätzte Wählerstimme in Berlin ist ein Fanal. Selbst linke Blätter sehen die US-Kongresswahlen im nächsten Jahr bereits verloren. Und wären jetzt Präsidentschaftswahlen: Zu Trump bräuchte es keinen Gegenkandidaten.
Ich bin heute noch „proud and happy“, das Gespött der Kollegen ertragen zu haben. Ich war wirklich der einzige bekannte Journalist in Deutschland, der öffentlich auf Trump gewettet hat. Die Leute waren es satt, das alte Clinton-Establishment neu etablieren zu sollen. Ähnlich jetzt die CDU mit einem männlichen Merkel aus Gießen.
Die US-Wahlen werden eben nicht in Hollywood, an der Wall Street oder rund um Washington entschieden, auch nicht im Regenbogen-Milieu. Doch jetzt droht der Absturz Bidens flächendeckend. Selbst der großstädtische Schickimicki-Amerikaner will Infrastruktur statt Inflation, Arbeitsplatzpolitik statt Abtreibungsideologie, die alte amerikanische Stärke unter dem Sternenbanner statt Regenbogenidylle. Greta Thunberg und andere Säulenheilige der deutschen Illusionspolitik haben hier keine Chance. Dafür haben vier Jahre Trump deutlich gezeigt, wie es anders und vor allem erfolgreich geht. Man muss den Mann nicht mögen. Doch Politik entscheidet sich an dem, „was hinten dabei rauskommt“ (Helmut Kohl).
Nur ein Schlaglicht, was selbst liberale US-Medien in diesen Tagen zum Schäumen bringt – die Ideologie der Trump-Gegner ist nicht besser zu entlarven: Deren Hochburg San Francisco wird zum Eldorado der Ladendiebe. Wer dort Waren unter dem Wert von 950 Dollar klaut, wird nicht mehr belangt. Ja, das ist kein Scherz. Der weltbekannte Drogeriemarkt Walgreens schloss am Montag weitere fünf Filialen in San Francisco. Die neue Welt sehnt sich nach dem alten Schwung.