Am Montag erreichte die Sieben-Tage-„Inzidenz“ in Deutschland ein Allzeithoch, die Corona-Kurve war in diesem Land nie so steil wie in diesen Tagen.
Das ist erklärungsbedürftig angesichts einer Impfquote von rund 80 Prozent, dazu kommen rund 5 Millionen Genesene. Würde es sich tatsächlich um eine reine „Pandemie der Ungeimpften“ handeln, würde die Ungeimpften-„Inzidenz“ bei rund 1.400 liegen. Die haben wir allerdings nicht.
Über die Zahl der infizierten Geimpften lässt sich wenig sagen, da diese Zahl erstens kaum ernsthaft erhoben wird und sich Geimpfte zweitens kaum mehr testen lassen, oft selbst dann nicht, wenn sie Symptome aufweisen. Bei Corona-Toten und -Hospitalisierten machen Geimpfte aber mittlerweile nach offiziellen Zahlen gerade in höheren Altersklassen rund 40 Prozent aus.
Trotz derartig hoher Ansteckungsraten, bleibt die Zahl der Corona-Toten in Deutschland bis dato im Vergleich zu den vorherigen Wellen auf einem sehr niedrigen Niveau. Die Neuinfektionen steigen bereits seit August; dass die Toten noch „nachgeholt“ werden, scheint unwahrscheinlich:
Droht diesmal eine Triage auf den Intensivstationen?
Aber wie schlimm wird diese Welle noch? Drohen die Krankenhäuser, überlastet zu werden? Die Intensivmedizin soll ja bekanntlich Alarm schlagen. Thüringens Ministerpräsident Ramelow sinniert schon darüber, dass man Ungeimpfte gar nicht mehr behandeln könnte – zumindest nicht in thüringischen Krankenhäusern. Tatsächlich steigt die von der DIVI gemeldete Zahl der Covid-19-Intensivpatienten an:
Die Zahl bleibt bis dato aber weit hinter den Zahlen aus den vergangenen Wellen zurück – bei denen ebenfalls eine generelle Triage-Notwendigkeit nicht in Sicht war. Die DIVI-Statistik ist allerdings ohnehin fraglich. Denn bis heute wird darin nicht unterschieden, ob ein Patient tatsächlich aufgrund einer Corona-Infektion behandelt wurde oder ob Corona nur eine Nebendiagnose war. Das ist keine Kleinigkeit, sondern könnte bis zu 40 Prozent der Fälle betreffen (TE berichtete).
Ein besserer Indikator zur Bewertung der Lage ist die Zahl der Corona-Hospitalisierungen. Vielleicht erinnern Sie sich: Im Sommer schmiss die Politik mit großem Getöse die Sieben-Tage-„Inzidenz“ über Bord und führte die Hospitalisierungsinzidenz als neue Richtgröße ein. Kaum ist die neue Welle da, sprechen allerdings alle wieder nur über Infektionen (positiv Getestete) und die Hospitalisierungsinzidenz wird auch von staatlicher Stelle nicht prominent ausgewiesen.
Die Kurve sieht hier so aus:
In den letzten Tagen ist die Zahl der Hospitalisierungen, die doch für die Bewertung der Lage so entscheidend sein soll, bereits wieder gesunken. Ein Inferno, das über die Dimensionen der letzten Welle hinausgeht, deutet sich also eher nicht an.
Wird es noch schlimmer?
Nun ist das schlagende Argument für die Corona-Politik seit Langem, dass es immer noch viel schlimmer kommen könnte. Doch auch dafür spricht wenig. Das Vereinigte Königreich zeigt, wo die Reise für uns aller Voraussicht nach hingeht. Seit Juli liegt die „Inzidenz“ in Großbritannien bei kontinuierlich über 250 (!). Die Zahl der Toten gestaltet sich dabei so:
Im Ergebnis muss man also sagen: Zumindest was die Zahl der Infektionen angeht, hat die Impfung einen deutlich geringeren Effekt, als einst versprochen. Wir haben daher ungebrochen viele Neuinfektionen, wie im letzten Jahr auch. Die jetzt dominierende Delta-Variante ist aber deutlich weniger tödlich als die vorherigen Varianten – der Befund ist im internationalen Vergleich eindeutig.
Es zeigt sich also jener Effekt, den unter anderem Prof. Schleuning in einem Gastbeitrag auf TE bereits voraussagte: Das Virus mutiert dahin, dass es zwar ansteckender, aber eben auch immer weniger tödlich wird. Die tatsächliche Gefahr, die aktuell von Corona ausgeht, ist insofern deutlich reduziert. Schon die letzte Corona-Welle forderte in Deutschland nach offiziellen Zahlen weniger Tote als eine schwere Grippewelle der letzten Jahre, bei dieser wird es wohl ähnlich sein.
Max Mannhart schrieb zuvor unter dem Pseudonym Air Türkis.