Tichys Einblick
Baerbocks Klimadiktatur

Baerbock fordert die Abschaffung der Gewaltenteilung und eine oberste Klima-Instanz

Wenn Baerbock das Vetorecht eines Klimacheckamtes fordert, will sie die gesetzgebende Aufgabe des Parlaments abschaffen oder eine Exekutivgewalt als oberste Kontrollinstanz über das Parlament setzen. Damit wäre die Gewaltenteilung nicht nur aufgehoben, sondern umgekehrt.

IMAGO / Chris Emil Janßen

Manchmal sind es nur wenige Worte, die ganze Bände sprechen darüber, wie es in den vernetzten, grauen Zellen eines Mitbürgers aussieht. Und manchmal bestätigen diese wenigen Worte all das, was man immer schon über die Person zu wissen meinte, aber nicht glauben wollte. Nachdem die prophetische Seherin der Klimaapokalypse aus Schweden in Glasgow die Weltklimadiktatur einforderte, will nun ihre geistige Großtante Annalena Baerbock ein nationales Pendant daneben setzen.

Das Ende der Gewaltenteilung

Die Vordiplomierte aus Brandenburg, die als Kanzlerkandidatin der grünkollektivistischen Bewegung hoffnungslos gescheitert war, meldete sich angesichts der offenbar ins Stocken geratenen Gespräche über die Bildung einer Minimalkonsens-Koalition unter dem früheren Stamokap-Vertreter Olaf Scholz ultimativ zu Wort: „Wenn eine Bundesregierung beschließt, alles dafür zu tun, dass Deutschland auf einen 1,5-Grad-Pfad kommt, dann kann es ja nicht sein, dass man die Augen zumacht, wenn ein Ministerium Gesetze vorlegt, die sich davon deutlich entfernen“, meinte die Dame, die nach Selbsteinschätzung „mehr aus dem Völkerrecht kommt“, und fügte hinzu: „So, wie wir checken, ob Projekte finanzierbar sind, brauchen wir auch einen verbindlichen Klimacheck.“

Der sogenannte „Klimaschutz“ müsse „das Etikett, aber vor allen Dingen die Messlatte für die gesamte Bundesregierung sein“. Es sei die Verantwortung von SPD, FDP und Grünen, das Pariser Klimaschutzabkommen zu erfüllen: „Die Aufgabe muss sich quer durch alle Ressorts ziehen. Da darf sich kein Ministerium vor drücken.“ Und selbstverständlich werde die Aufgabe nicht 2025, also dem gegenwärtig noch erwarteten, nächsten Wahltermin zum Deutschen Bundestag, beendet sein, sondern sei eine Aufgabe für Jahrzehnte.

Nur noch weisungsgebundene Gesetzgebungsverfahren

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Auf den ersten Blick klingt das, wie schon tausendfach gehört. Baerbock betete dieses Mantra im Bundestagswahlkampf rauf und runter. So lohnt es sich, diese Sätze einmal genauer unter die Lupe zu nehmen – und zu verstehen, was Baerbock damit und zwischen den Zeilen sagt. Beginnen wir damit, dass für die angebliche Politikwissenschaftlerin der Gesetzgebungsprozess offensichtlich ausschließlich bei den Ministerien liegt, also im Aufgabenbereich der Exekutive. Das war in der politischen Theorie ursprünglich anders gedacht. Da gab es so etwas wie eine Gewaltenteilung, die besagte, dass drei „Gewalten“ den demokratisch-parlamentarischen Staat über die Macht begrenzende Institutionen im Lot halten sollten.

Nun ist tatsächlich die Bundesrepublik längst meilenweit von diesem Gewaltenteilungsgebot entfernt. Die Obersten Richter werden unter Mitwirkung der Exekutive durch die Legislative benannt. Mitglieder der Legislative als Kontrollinstanz der Exekutive verbleiben dort auch unwidersprochen, wenn sie selbst in die Exekutive wechseln und sich folglich nun selbst kontrollieren sollen – was in der Geschichte der Menschheit noch nie funktioniert hat. Und tatsächlich ist es auch längst so, dass die Legislative, also das ausschließlich zur Gesetzgebung befugte, gewählte Parlament als Vertretung des Souveräns, sich aus einem eigenen Gesetzgebungsprozess widerspruchslos verabschiedet hat und nur noch sogenannte Gesetzesvorlagen der Exekutive abnickt. Dennoch hat die Aussage der Baerbock in diesem Zusammenhang eine besondere Qualität.

Ein Klimadiktator bestimmt jede Gesetzgebung

Baerbock macht mit ihrer Formulierung klar, dass sich aus ihrer Sicht das gewählte Parlament aus dem Gesetzgebungsprozess abschließend verabschiedet oder zu verabschieden hat. Womit wir in der Konsequenz dieser Logik diese ohnehin übermäßig aufgeblähte und kostenintensive Parteienvertretung mit Sitz im Reichstagsgebäude auch abschaffen können. Denn ein Parlament, das seine Kernaufgabe nicht mehr wahrnimmt, braucht kein Mensch.

Wenn nun Baerbock davon ausgeht, dass der Gesetzgebungsprozess ausschließlich von der ausführenden Gewalt ausgeht – und anders macht die Vorstellung, jegliche Gesetzesvorlage einem exekutiven „Klimacheck“ zu unterziehen, keinen Sinn –, dann ist das deutsche Bundesparlament mittlerweile genau das, als was es seine Feinde in früheren Zeiten abqualifizierten: eine unnütze Quatschbude. Denn wäre es anders, nähme also das Parlament noch seine ureigenste Aufgabe wahr, wäre die Baerbock-Forderung nur Geschwafel, welches den Schwafler ob seines unerträglichen Angriffs auf die Parlamentarische Demokratie von jedweder qualifizierten Tätigkeit entheben müsste.

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Sollte sich hingegen dieses Klimacheckdiktat auf die Exekutivtätigkeit beschränken – also das Parlament dennoch seine Gesetzgebungsfunktion wahrnehmen können –, dann bedeutet die Baerbock-Aussage, dass das Exekutivrecht auf „Klimacheck“ über die Überwachung der Ministerien hinaus zu erweitern wäre, auch auf einen „Klimacheck“ der durch die Abgeordneten vorgelegten Gesetzesvorlagen. Denn anders macht es keinen Sinn, als das neben den Gesetzesvorlagen aus der Exekutive auch die aus dem Parlament dem „Klimacheck“ unterworfen werden. Die Regierung erhielte damit ein Veto-Recht hinsichtlich des Legislativhandelns. Das wiederum bezeichnet der Kundige gemeinhin als Diktatur, denn es wacht nun die dazu nicht befugte Exekutive darüber, dass ein entmachtetes Parlament nichts „Falsches“ macht.

Wenn Baerbock also diesen „verbindlichen Klimacheck“ fordert, den sie offenkundig als Vetorecht eines Klimacheckamtes begreift, dann dokumentiert sie damit, dass sie entweder die gesetzgebende Aufgabe des Parlaments abschaffen will – oder aber eine Exekutivgewalt als oberste Kontrollinstanz über dieses Parlament zu setzen gedenkt. Damit wäre die Gewaltenteilung nicht nur aufgehoben, sondern durch Wechsel der Kontrollfunktion umgekehrt. Als Politikwissenschaftler – wie sie sich offiziell gibt – muss Baerbock dieses wissen. Was wiederum bedeutet: Ihr verfassungswidriger Vorstoß kann nicht nur aus Dummheit geboren sein.

Auch regierungsintern nicht grundgesetzkonform

Dieser „verbindliche Klimacheck“ hat aber nicht nur hinsichtlich der dadurch dokumentierten Überflüssigkeit des Parlaments Relevanz – er wirkt auch unmittelbar in die Exekutive hinein. Denn er hebelt ganz offensichtlich das aus, was als Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers angenommen wird.

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Sollte das Klimacheckamt nicht unmittelbar an das Kanzleramt angebunden sein – die Annahme, dass Baerbock es gern woanders und unter grüner Hoheit angesiedelt hätte, darf als zutreffend gelten –, so hätte es die Funktion eines vom Regierungschef unabhängigen Supervisors, der selbst Gesetzesvorlagen aus dem Bundeskanzleramt in den Orkus schicken kann, falls diese als „nicht klimagerecht“ identifiziert werden. Scholz würde sich folglich, lässt er diese Baerbock-Forderung in der künftigen Regierung zu, selbst kastrieren und unter das Kuratel einer grünen Überregierung stellen. Hinsichtlich der politischen Gestaltung „seiner“ Kanzlerschaft wäre er zum Grüßaugust des grünen Klimadiktats geworden.

Es sei denn, Scholz greift die grünmarxistische Forderung auf und siedelt ein solches Amt unmittelbar bei sich im Bundeskanzleramt an. Ob das allerdings tatsächlich nötig wäre, oder ob nicht seine Richtlinienkompetenz ohnehin diese Möglichkeit auch ohne deklaratorischen Akt zulässt, sei dahingestellt. Nicht dahingestellt allerdings ist etwas anderes: Laut Grundgesetz hat zwar der Bundeskanzler jene Richtlinienkompetenz – er hat jedoch kein Weisungsrecht in die Ministerien hinein. Seine einzige Chance, missliebiges Ministerhandeln zu unterbinden, ist im Ernstfall die Entlassung des Ministers – und damit möglicherweise das Ende der Regierungszusammenarbeit.

Das aber, was Baerbock fordert, ist nichts anderes als ein umgekehrtes Weisungsrecht: Das grüne Klimaordnungsamt kann zwar die Ministerien nicht zu konkretem Handeln anweisen – es kann diese jedoch anweisen, beabsichtigtes Handeln zu unterlassen. Und das ist auch nichts anderes als ein Weisungsrecht.
Kurz: Mit ihrem Klimacheckamt hebelt Baerbock nicht nur die Gewaltenteilung aus – sie setzt sich auch hinsichtlich des Regierungsaufbaus über das Grundgesetz hinweg. Und das gänzlich unabhängig davon, ob sie damit am Ende durchkommt oder nicht, denn üblicherweise gilt bereits verfassungsfeindliches Bestreben als justiziabel.

Klimadiktatur auf Dauer

Dabei ist es für Baerbock nicht damit getan, das Parlament faktisch abzuschaffen und die Ministerien unter die Weisungsbefugnis eines Klimadiktators zu stellen – sie erklärt auch, dass ihre Perspektive sich nicht auf die übliche Legislaturperiode von vier Jahren beschränkt. Die von ihr präferierte Klimadiktatur, die zwar nicht auf dem Boden der Verfassung steht, gleichwohl im Rahmen einer sogenannten Ampel-Koalition eine demokratische Legitimation erfahren könnte, soll sich nicht nach vier Jahren erneut dem Wählervotum stellen müssen.

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Wenn Baerbock verkündet, dass die nun alternativlos anzugehende Aufgabe der radikalen Umsetzung jenes Klimaabkommens nicht 2025 beendet sei, sondern sich über Jahrzehnte erstrecken werde, so bedeutet dieses in der logischen Konsequenz des gesprochenen Wortes, dass die Klimadiktatur unabhängig davon, was in vier Jahren gewählt werden würde – sollte es dann noch einmal zu freien Wahlen kommen – im Amt bliebe, weil sie im Amt bleiben müsse und nicht abgelöst werden dürfe von Kräften, die deren Klimadiktat nicht fortführen wollen. Die sogenannte „Klimaregierung“, die den Grünen aktuell vorschwebt, soll also nicht nur eine Diktatur auf Zeit sein – sie soll auch letztlich unbegrenzt das Sagen haben.

Insofern: Wer den Grünen vorhält, sie strebten eine Klimadiktatur an, kann sich problemlos auf Baerbocks jüngste Äußerunge berufen. Nichts anderes hat sie gesagt. Egal, wer künftig in der Regierung sitzt und wer sie leitet: Herr über alle Gesetzgebungsverfahren ist der Klimadiktator. Und da der in vier Jahren seine Arbeit noch nicht erfüllt haben wird, muss er unabhängig von künftigen Wahlen – die somit überflüssig werden – das alleinige Sagen haben. Nicht anders wird eine Diktatur definiert – unabhängig davon, ob sie schwarz oder rot, braun oder grün ist.

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