Nachdem Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Lage an der deutsch-polnischen Grenze in die Kabinettssitzung vom vergangenen Mittwoch einbrachte, meldete sich der Bundespolizist erneut, der TE schon zuvor über die Lage an der Grenze informiert hatte. Er sieht nach wie vor Gefahren für die Allgemeinheit durch die weitgehend unkontrollierten Grenzabschnitte an Oder, Neiße und grüner Grenze. Ihn treibt vor allem die Nutzlosigkeit der angekündigten Maßnahmen und die dahinter durchscheinende Tatenlosigkeit der Regierung um. Den Vorschlag gemeinsamer Patrouillen mit den polnischen Grenzern findet er ziemlich unsinnig. Er erinnert sich an solche Patrouillen in der Vergangenheit. Da sind dann tageweise einzelne Bundespolizisten mit den Kollegen auf der polnischen Grenzseite Streife gefahren, und umgekehrt.
Diesen Seehofer-Vorschlag hält der Beamte daher für eine Nebelkerze im Sinne von »Wir tun was, wir schaffen das«. Man hat in der Tat den Eindruck, dass hier ein ›europäisches‹ Signal gesendet werden soll, das uns sagen will: In der EU können wir – bei gutem Willen – alle Probleme gemeinsam lösen.
Migranten in unbekannter Zahl überqueren die Grenze
Stationäre Grenzkontrollen, wie sie der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, fordert, wären da schon eher nach dem Sinn des Bundespolizisten. Aber auch sie wären nicht hinreichend, um die Situation an der deutsch-polnischen Grenze in seinem Sinne zu bewältigen. Zu den festen Kontrollen an den offiziellen Grenzübergängen (vor allem den Einfallsstraßen) müsste eine konsequente Fahndung an der grünen Grenze kommen.
In den Messehallen im Frankfurter Stadtteil Markendorf wird derweil eine neue Bearbeitungsstraße für die Registrierung irregulärer Migranten errichtet. Der Grund liegt in der Voll- oder schon Überbelastung der Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhüttenstadt. Zu diesem Zweck sind statt drei inzwischen vier Beamte pro Inspektion abgezogen worden, um die Aufnahmen zu organisieren. Dadurch würden die Inspektionen und Reviere natürlich noch weiter geschwächt. Zur Erinnerung: Seit der Bundesgrenzschutz 2005 zur Bundespolizei umgewandelt wurde, ist die Mannstärke der Reviere ohnehin schon auf etwa die Hälfte der damaligen Größe geschrumpft.
Kurzum, der Beamte zweifelt die Bereitschaft der Regierung an, die illegalen Einreisen an deutschen Grenzen wirklich zu unterbinden: »Wenn ich wirklich verhindern will, dass Migranten in unbekannter Zahl die Grenze überqueren, müssen stationäre Kontrollen an den Grenzübergängen und verstärkt mobile Kontrollen im 30-Kilometer-Bereich stattfinden.«
»Wer treibt sich bei uns herum?«
Im Landkreis Uckermarck, dem größten Landkreis in Deutschland, gebe es gerade mal fünf Streifen für den gesamten Grenzbereich. Damit ist keine flächendeckende Überwachung möglich, schon gar nicht an der grünen Grenze nördlich von Gartz, wo die Oder nicht mehr die Grenze bildet. Aber auch das Übersetzen über die Oder wäre keine übermenschliche Tat, wie der Beamte berichtet, mit einem motorisierten Schlauchboot sei das in wenigen Minuten erledigt.
Schon in den Neunzigerjahren war das wohl für eine Zeit ein Problem, als viele Rumänen auf diesem Wege nach Deutschland einreisten. Allerdings hatte der damalige Bundesgrenzschutz auch noch erheblich mehr Personal, und die Streifentätigkeit war eine ganz andere gewesen. Damals »bewachte« man die deutsche Grenze noch: »Das heißt, es wurden Streifen auf den Oderdamm geschickt, und die sind da die ganze Nacht hoch und runter gefahren und haben die Oder auch mit Wärmebildgeräten überwacht.«
Heute hat seine Inspektion für 50 Kilometer Grenze ein einziges Wärmebildgerät, das allerdings noch nie eingesetzt wurde. Dazu müsste man auch erst mal die Beamten in den Betrieb einweisen. Auch die Hubschrauber der Direktion müssten zwar monatlich ein bestimmtes Stundensoll erfüllen, aber ihre Einsätze haben sich in der letzten Zeit nicht vermehrt. Keine Spur von Hektik anscheinend bei der Bundespolizeidirektion Berlin, die für den gesamten brandenburgischen Grenzabschnitt zuständig ist.
Vom Bundesgrenzschutz zur »Bundesgrenzverwaltung«
Heute könnte man so Zurückweisungen möglich machen. Wenn den deutschen Bundespolizisten an der Grenze oder auch im 30-Kilometer-Radius illegale Einreisen auffielen, könnten sie sich auf das Dublin-Verfahren berufen, wonach derjenige Staat für die Bearbeitung von internationalen Hilfegesuchen zuständig ist, in dem ein Migrant zum ersten Mal EU-Boden betreten hat. Zwar seien die Polen nicht sonderlich interessiert, diese Fälle zu bearbeiten, vor allem weil die Migranten selbst meist nicht in Polen bleiben wollen. Aber dennoch müsste eine deutsche Bundesregierung in dieser Frage eine Lösung suchen, statt sie einfach (via Selbsteintritt) dem deutschen Steuerzahler aufzubürden.
Zugleich fragt er sich ernsthaft, was sein Dienstherr und die politischen Entscheider mit ihren Beschlüssen und Maßnahmen eigentlich bezwecken. Denn durch die Abziehung von Beamten zur Registrierung der Migranten wird die Fahndungsarbeit immer weiter geschwächt. Anscheinend geht es nur darum, die illegal Eingereisten möglichst schnell ins Asylverfahren zu bringen und per Königsteiner Schlüssel auf die 16 Bundesländer zu verteilen. Die brandenburgischen Erstaufnahmelager sind jedenfalls mehr als ausgelastet. Am Ende sieht der Beamte nur sinnfreien Aktionismus in dieser Politik, aber keine Entscheidungen von der Art, wie er sie sich als Bürger und Beamter wünschen würde.