Bei Illner wird empfohlen: Nur mit einem Linkskurs könne die CDU wieder Wahlen gewinnen
Elisa David
In einer schnell zusammen gewürfelten Sendung diskutiert man bei Illner über die CDU. Eine Spiegel-Journalistin, die Juso-Vorsitzende und ein Grüner geben tolle Hinweise. Und Merz springt wie immer nicht.
Ja, wir haben es verstanden: die CDU hat Wähler verloren und alle anderen Parteien haben sie inzwischen abgeschrieben. Kampfgeist? Fehlanzeige. So wie man es der Einleitung der gestrigen Illner-Sendung entnehmen konnte, war eigentlich ein anderes Thema geplant, doch nachdem Laschet ein Statement zu den Koalitionsverhandlungen abgegeben hat, wurde das wohl über den Haufen geworfen. Wie passend, dass der Titel „Brücken, Klippen, rote Linien – Koalition für die Zukunft gesucht“ so schön nichts sagend ist, unter dem Motto kann man über alles reden. Nichts sagend blieb es auch.
Zu Gast war Friedrich Merz, weil irgendjemand scheinbar auf die glorreiche Idee gekommen ist, den in eine Talkshow zu schicken, während die CDU eh schon am Boden liegt. Ihm gegenüber wurde Jessica Rosenthal von den Jusos für die SPD ins Rennen geschickt – im Willy-Brandt-Haus scheint man also sehr siegessicher zu sein. Die Grünen wurden durch Cem Özdemir vertreten – der einzige in der Partei, der sich jetzt noch zu Talkshows herablässt? Es wäre ja nur konsequent, da einen FDPler dazu einzuladen, aber machen wir uns nichts vor – die haben im Ampel-Bündnis aber wohl eh nichts zu sagen. Das ist wohl auch der Grund, weshalb man stattdessen die Spiegel-Journalistin Melanie Amann eingeladen hat, die sich mit Friedrich Merz einen kleinen Privatkrieg lieferte.
Die Frau hat das besondere Talent, Dinge zu sehen, die man sich nicht ausdenken kann. So war es auch gestern. Man dachte, man hat über die Wahlergebnisse und die Koalitionsverhandlungen schon alles gehört, fragt sich, ob denn alle Leute als Baby von der Wickelkommode gefallen sind. Und dann kommt Melanie Amann um die Ecke und analysiert, dass die Wähler der CDU ja zur FDP, den Grünen und der SPD abgewandert sind und schlussfolgert daraus, dass die Wähler der CDU „mehr in die Mitte wollten“.
Das alleine wäre schon genug Stoff. Ich meine, in welcher Realität sind denn Grüne und SPD bitte mittiger als die CDU? Dann erteilt sie der CDU den Rat, man solle sich doch jetzt noch mal überlegen, ob dieser konservative Kurs zurück zu den Wurzeln so gut ist und ob die CDU wirklich eine Nische bedienen will.
In der gestrigen Sendung war einiges nicht so, wie man es vielleicht erwartet hätte. Zum Bespiel hat Cem Özdemir aus dem nichts das Neue Testament zitiert. Auch dass das Thema der Sendung, das ja eh schon wegen der aktuellen Ereignisse improvisiert war, dann in der Mitte der Sendung noch einmal über den Haufen geworfen wurde, kam überraschend. Auf einmal wurde aus der Talkshow ein Merz-Kreuzverhör von allen Seiten, was er zu genießen schien. Gut, kann ich verstehen, wenn man jahrelang irrerelavant in der Mottenkiste gehockt, auf seinen großen Moment gewartet hat und dann zum 58sten Mal gescheitert ist, freut man sich wohl über jede Aufmerksamkeit, die man kriegen kann – egal ob positiv oder negativ. Und wenn man sich eh als der intelligente Mann im Raum fühlt, erst recht. Merz wagt mal wieder nicht den entscheidenden Wurf. Weder hält er Laschet die Stange, noch tritt er offensiv in den Machtkampf der Partei ein. Mal wieder hofft er, dass ihm der Vorsitz angetragen wird: „Ob ich erneut antrete, ist noch nicht entschieden. Aber eines schließe ich aus: Ich werde nicht erneut in eine streitige Abstimmung bei einem Bundesparteitag gehen. Ich finde es richtig, über die Frage zu sprechen, wie wir unsere 400.000 Mitglieder einbeziehen.“
Die Spiegel-Kolumnistin meint, Merz hätte ja scho einmal verloren. Und alles was dem dazu einfällt ist: „Sogar schon zweimal“ zu sagen. Also ob das ein Wettkampf wäre: „Deutschland sucht den größten Verlierer“. Wobei das die deutsche Politik doch andererseits ganz gut zusammenfasst.
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