Die Geschichte der Corona-Politik ist eine Geschichte der Irrtümer. Einige waren angesichts eines unbekannten Virus unvermeidlich. Das eigentliche Problem war und ist aber, dass Ungewisses viel zu oft als absolute Wahrheit verkauft wird. Die Bundesregierung suchte nach Gewissheit, wo es keine gab, anstatt damit zu beginnen, Szenarien und Risiken vernünftig abzuwägen.
Für die Berichterstattung über Covid-19 wurde TE oft und scharf kritisiert, uns wird vorgeworfen, Corona zu verharmlosen. Hier eine kleine Geschichte unseres Umgangs mit Covid-19 – machen Sie sich ein eigenes Bild:
Nach langem Verschweigen in Peking drang die Nachricht von einer mysteriösen chinesischen Lungenerkrankung um die Neujahrswende 2019/2020 an die Weltöffentlichkeit und die WHO. Deutschland reagierte zunächst gelassen: Gesundheitsminister Jens Spahn fand, Corona sei „kein Anlass zu Unruhe“, noch am 29. Januar 2020 hält er die Gefahr für „gering“. Spahn versuchte sogar, Berichterstattung, die etwas anderes sagt, zu diskreditieren: „Gerade in sozialen Medien sind viele mit ganz eigenen Interessen unterwegs, die Bürgerinnen und Bürger verunsichern wollen“ so Spahn. Vom Tragen eines Mundschutzes rät er ab, „weil der Virus gar nicht über den Atem übertragbar ist.“ Christian Drosten spricht von einer „milden Erkältung“.
TE berichtete ab Mitte Januar intensiv über das Thema. Am 24. Januar schrieb Holger Douglas: „Das Tückische: Coronaviren wechseln schnell Wirte, springen von Tier auf Mensch und lösen schwere Erkrankungen beim Menschen aus. Wie vor 17 Jahren, als ein neuartiges Coronavirus auftauchte, das schwere Lungenkrankheiten mit den Namen Sars (severe acute respiratory syndrome) und Mers ( middle east respiratory syndrome ) auslöste.“
Ende Januar kam Corona offiziell in Deutschland an – doch die ersten Infizierten beim Automobilzulieferer Webasto konnten isoliert werden. Nach einem kurzen Schrecken war Deutschland wieder coronafrei und die politische Führung wieder siegesgewiss. Jens Spahn betonte erneut, Deutschland sei bestmöglich vorbereitet. Das Gesundheitssystem sei eines der besten der Welt und es sei möglich, hierzulande Betroffene zu isolieren, zu behandeln und ihre Kontaktpersonen zu ermitteln.
TE schrieb Anfang März: „Deshalb kommt es so sehr darauf an, die Infektionskurve nicht nur abzuflachen, sondern auch zeitlich zu strecken: je mehr Patienten gleichzeitig Hilfe brauchen, desto wahrscheinlicher eine Systemüberlastung.“ Die Strategie der Kontaktreduktion zur Entlastung des Gesundheitssystems und die damit einhergehenden Lehren aus der spanischen Grippe wurden hier bereits diskutiert. Am 13. März schrieben wir: „Jeder ist dazu aufgefordert, sich selbst am Social Distancing zu beteiligen, Besuche bei Risikogruppen zu vermeiden, vorsichtig zu sein. Die Bekämpfung einer Pandemie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
Erst am 21. März 2020 verhängte Deutschland einen Lockdown, als einer der letzten Staaten Europas. Die Infektionen werden kurz darauf absinken – so früh, dass die neuen Maßnahmen darauf keinen entscheidenden Einfluss gehabt haben konnten.
Auf TE kamen früh kritische Stimmen zu Wort: Dietrich Murswiek attackierte am 31. März 2020 die Corona-Maßnahmen bei TE scharf: „Aber die weitgehende Außerkraftsetzung vieler Grundrechte hat aus dem rechtlichen Normalzustand einen Ausnahmezustand gemacht. Dieser muss beendet werden, ohne Verzug.“
TE fordert am 28. März: „Trotz Corona: Der Ausnahmezustand muss kurz und diskutierbar bleiben, sonst bringt er unsere Freiheit und den Rechtsstaat in Gefahr.“
Während viele Medien sich als Instrument der Corona-Bekämpfung begriffen, wollte TE weiterhin Debatte ermöglichen. Verschiedene Autoren zeigten unterschiedliche Positionen auf. Wir beschrieben die Gefahr des Virus, ohne aber die Maßnahmen als alternativlos darzustellen oder über verfassungsmäßig hochproblematische Vorgänge einfach hinwegzusehen.
Im kommenden Sommer blieb die Debatte über Sinn und Zweck der Corona-Maßnahmen weitestgehend aus, die Politik verschlief die Chance, mit intelligenten Maßnahmen einem weiteren Lockdown vorzubeugen. Als der Herbst kam, war Deutschland genauso hilflos wie zuvor – von „Lockdown light“ über Verschärfungen schlitterte Deutschland quasi ohne Entlastung von Welle zu Welle bis in den Frühling und zur „Bundesnotbremse“.
In dieser Zeit lehnte die überwiegende Mehrheit der Beiträge bei TE den Lockdown ab – keine Frage. Allerdings nicht, weil wir die Gefahren des Virus einfach ausblendeten. Am 19. Dezember schrieb TE: „Wenn die Antwort auf diese Probleme ein harter Lockdown ist, dann wird der harte Lockdown mit all seinen katastrophalen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und psychologischen Folgen zum alltäglichen Mittel der Politik werden müssen.“
TE berichtete über Studien von renommierten Wissenschaftlern wie John Ioannidis, die die Wirksamkeit des Lockdowns in Frage stellten und forderte, den Schutz von Risikogruppen in der Debatte nach vorne zu stellen. Wöchentlich zeigten wir die Infektionskurven nach Altersgruppen aufgeschlüsselt – je nach Bundesland sind bis zu 90 Prozent der Corona-Toten in der zweiten Welle Altersheimbewohner. Die Möglichkeiten, diese Gruppen zu schützen, nutzte die Regierung nie voll aus: Bis Dezember 2020 dauerte es, bis man allmählich eine Schutzstrategie für Altersheime auf den Weg brachte, der Einsatz von Schnelltests wurde verschleppt.
TE schrieb Ende 2020: „Wir haben weitestgehend kein spezifisches Corona-Problem auf den Intensivstationen, sondern ein erhebliches und grundsätzliches Problem im Gesundheitswesen. Wer diesen langfristigen Problemen aber mit der kurzfristigen Brechstange zu Leibe rücken will, schadet mehr, als er nützt. Man sollte sich lieber die Frage stellen, ob dem Pflegepersonal nicht eher durch bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne gedient wäre als durch die große PR-, nicht Solidaritäts-Aktion, bei der wir alle auf dem Sofa Netflix schauen und allenfalls mal auf dem Balkon klatschen.“
Doch die Forderungen nach effektivem Schutz der Risikogruppen und grundsätzlicher Stärkung des Gesundheitssystems blieben aus. Stattdessen sank die Zahl der betriebsbereiten Intensivbetten kontinuierlich. TE ließ Pflegekräfte zu Wort kommen und schrieb am 10. April: „Das ganze Land über Monate einzufrieren, scheint einfacher zu sein, als für bessere Arbeitsbedingungen [für das Pflegepersonal] zu sorgen. Der Lockdown hilft dem Pflegepersonal indes überhaupt nicht – im Gegenteil. Die Corona-Auflagen lasten dem Personal im Gegenteil noch mehr auf, und machen die Arbeit noch schwieriger.“
Wenig später wird zunächst eine Expertengruppe um Matthias Schrappe und dann der Bundesrechnungshof aufdecken, dass die Intensivbettenstatistik durch Betrug massiv verfälscht wurde und die Triagegefahr in der Form in Wahrheit nie bestand.
TE berichtete schließlich wie kein anderes Medium in Deutschland über die Debatte über den Ursprung des Corona-Virus, die in Deutschland lange diskreditiert wurde. Bereits im Januar 2020 berichteten wir über die Auffälligkeiten rund um das Virenforschungslabor in Wuhan. Roland Wiesendanger kam bei uns zu Wort – wir führten eine Debatte und wurden dafür von selbsternannten Faktencheckern massiv angegriffen. Mittlerweile prüfen WHO und US-Geheimdienste die Sachlage, die niemand mehr einfach vom Tisch wischen kann.
In der Debatte um die Impfung kamen auf TE ebenfalls gegensätzliche Meinungen zu Wort: Auf unserer Plattform wurde die zaghafte Impfstoffbestellung scharf kritisiert und früh ein Impfangebot für alle gefordert. Gleichzeitig wiesen wir darauf hin, dass der Impfstoff zwar gute Hilfe, aber nicht endgültige Lösung des Problems sein kann – durch Mutationen wird der Impfstoff immer wieder angepasst werden müssen. Das bewahrheitete sich schnell: Die Impfdurchbrüche unter der Delta-Variante nehmen rasant zu, die Forderung einer dritten Impfung zeichnet sich bereits klar ab.
Gerade hier zeigte sich die Rolle von TE klar: Weder als Sprachrohr der allgemeinen Volksgesundheit, noch als Fundamentalopposition gegen alles, was von der Regierung kommt. Sondern als Plattform für Debatte gerade in der Krise.
Nur auf einem bestanden wir immer: Wir verstehen es als unsere journalistische Pflicht, zu allen Zeiten Anwalt der Freiheitsrechte im Land zu sein und jeden Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung abzuwehren. Sei es die Aushöhlung des Föderalismus, eine schleichende Machtverschiebung von Bundestag zu Bundesregierung oder die mit den Grundfesten unserer Demokratie unvereinbaren Ideen einer Impfpflicht.
Dabei werden wir bleiben.