Die zentrale Erkenntnis aus der Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) ist eigentlich banal: Ein Lockdown für alle hätte sehr viel höhere volkswirtschaftliche Einbußen zur Folge aus Ausschlussmaßnahmen nur für Ungeimpfte. Auch den Faktor Vier, den die RWI-Ökonomen nennen, hätte wohl jeder halbwegs über ökonomische und mathematische Allgemeinbildung verfügender Bürger wohl schätzen können – wenn man davon ausgeht, dass bald drei von vier Menschen in Deutschland geimpft sein werden.
Die Studie dürfte also vor allem für diejenigen von Nutzen sein, die den öffentlich-politischen Druck auf (noch) Ungeimpfte erhöhen wollen – als Anlass und ökonomisches Argument für die Forderung nach Ungleichbehandlung.
Im Szenario des härtesten angenommenen Lockdown erwarten die Ökonomen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2022 um 0,6 Prozentpunkte geringer ausfallen würde im Vergleich zu einem Szenario ohne Schließungen. Bei diesem gehen sie von einer überdurchschnittlichen Nachfrage nach Konzerte und Reisen aus.
Falls aber nur Ungeimpfte von solchen Dienstleistungen ausgeschlossen würden, verminderte sich die Wertschöpfung nur um 13 Milliarden Euro – unter der Annahme, dass es bei dem aktuellen Impftempo bleibt und die Kaufkraft beider Gruppen pro Kopf gleich ist. Das BIP würde dann nur 0,15 Prozentpunkte geringer ausfallen. Die Szenarien gehen von rund 25 Prozent Ungeimpften aus, derzeit sind es 38 Prozent der über 12-Jährigen.
Wenn sich Ungeimpfte „freitesten“ können, erwarten die RWI-Ökonomen ein mittleres Szenario. Würde sich die Hälfte der Ungeimpften freitesten lassen, um weiter kontaktintensive Dienstleistungen zu konsumieren, läge der Wertschöpfungsverlust bei 6,5 Milliarden Euro.
Was die von Lockdowns gefährdeten Unternehmen sich von der Politik wünschen werden, ist naheliegend – vor allem dann, wenn in Ökonomen-Studien ebenso wie in der veröffentlichten Meinung die generelle Aufhebung der Corona-Maßnahmen für alle Bürger – wie es Dänemark gerade vorgemacht hat – als Szenario gar nicht vorkommt.