53 Prozent der US-Amerikaner sind geimpft. Zu wenig, findet Präsident Biden. „Nun ist unsere Geduld erschöpft“, erklärt er in einer Ansprache aus dem Weißen Haus – und verkündet eine umfassende Impfpflicht. Der Erlass des Weißen Hauses betrifft nicht nur alle Mitarbeiter der Bundesbehörden und Angestellte des öffentlichen Gesundheitswesens, sondern auch Beschäftigte größerer Unternehmen. Ab 100 Angestellten fallen Firmen unter die neue Impfpflicht. Rund 100 Millionen Amerikaner, zwei Drittel der arbeitenden Bevölkerung, müssen sich nun impfen lassen. De Facto gilt in den USA damit bald eine staatliche Impfpflicht – „in einigen Wochen“, wie Biden sagt. Kurz nach seiner Wahl hatte Biden, damals noch als „President-elect“, eine Impfpflicht ausgeschlossen. Davon will seine US-Regierung nichts mehr wissen – was schert mich mein Geschwätz von Gestern? Als die Pressesprecherin des Weißen Hauses diesbezüglich gefragt wird, verlässt sie eilig den Pressesaal.
Der US-Präsident hat nicht die Macht, einen nationalen Impfzwang anzuordnen: Deshalb arbeitet die Biden-Regierung mit einem Flickenteppich von Regelungen, die letztendlich auf eine generelle Impfpflicht hinauslaufen. Erst das Militär, dann die Behörden, dann die Unternehmen – Schritt für Schritt zur Spritzenpflicht.
„Ich bin geimpft. Aber mir sind die Rechte jedes einzelnen Amerikaners wichtig“
Dabei ist die Impfung beziehungsweise die Impfpflicht in den USA alles andere als unumstritten. Vier von Zehn Arbeitnehmern wollen sich nicht Impfen lassen, fast drei von Zehn sogar dann nicht, wenn das den Verlust des Arbeitsplatzes bedeuten könnte – was in den USA in der Regel auch mit dem Verlust der Krankenversicherung einhergeht. Die Emotionen in dieser Debatte sind schon lange hochgekocht – zu hoch, als dass Biden noch zu den Skeptikern durchdringen könnte.
Staaten, in denen die Republikaner regieren, wollen sogar noch weitergehen. Texas kündigte Widerstand gegen die Maßnahme des Weißen Hauses an. Gouverneur Greg Abbott erklärte, er bereite einen Erlass vor, der „das Recht der Texaner auf freie Entscheidung“ schützen solle. „Texas arbeitet bereits daran, diesen Griff nach der Macht aufzuhalten“, schrieb Abbott auf Twitter. Ted Cruz, einer der texanischen Vertreter im amerikanischen Senat, warf Biden vor, die Wissenschaft mit seiner Impfpflicht komplett zu ignorieren.