Tichys Einblick
FC Bayern, ZDF und die Taliban

Wie sich Facebook mit Hilfe seiner eigenen Standards lächerlich macht

Facebook hat einen Screenshot des ZDF, in dem das Wort “Taliban” auftaucht, als Unterstützung einer gefährlichen Organisation im Sinne seiner “Standards” bewertet – und einen völlig harmlosen, scherzhaften Post gesperrt. Die Abmahnung ist schon erfolgt.

imago Images/ZUMA Wire

Facebooks – unwirksame – “Standards zu gefährlichen Personen und Organisationen” lauten auszugsweise so:

“Um Schaden in der Offline-Welt zu verhindern, erlauben wir auf Facebook keine Präsenz für Organisationen oder Personen, die Gewalt befürworten oder sich daran beteiligen…Wir entfernen die Anpreisung, inhaltliche Unterstützung und Darstellung verschiedener gefährlicher Organisationen…Anpreisung wird wie folgt definiert: sich positiv über eine benannte Organisation oder ein benanntes Ereignis äußern zum Beispiel: ‘Die Kämpfer des islamischen Staates sind wirklich mutig!’”

Die Anwendung dieser Standards führt in der Wirklichkeit immer wieder zu äußerst possierlichen Maßnahmen der Leiharbeiter Facebooks, die in den Löschzentren ihrer wenig beneidenswerten Tätigkeit nachgehen. Am 07.09.2021 berichtete das ZDF in “heute” um 19:00 Uhr von der Regierungsbildung der Taliban. Ich erstellte vom Bildschirm einen Screenshot von einem Taliban-Protagonisten, dem aus meiner Sicht eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Sportvorstand des FC Bayern, Hassan Salihamidžić nicht abzusprechen war und teile diese Einschätzung mit einem Schmunzeln wie folgt auf Facebook mit.

Screenprint via Facebook / Steinhöfel

Andrej Görzen teilte diese Einschätzung und verbreitete mein Posting in der Facebook-Gruppe “Auf geht’s Bayern kämpfen und siegen“, die knapp 35.000 Mitglieder hat. Die Anmerkung von mir aus meinem Posting (“Na das ist ja was. Jetzt ist Salihamidžić nicht mehr Sportvorstand des FC Bayern, sondern Regierungschef in Kabul.“) war unter dem Bild und ist hierunter leider abgeschnitten.

Screenprint via Twitter

Facebook hat also einen Screenshot des ZDF, in dem das Wort “Taliban” auftaucht (weder Görzen noch ich nehmen es in den Mund), als Unterstützung einer gefährlichen Organisation iSd oben erwähnten “Standards” bewertet. Facebook hat den Inhalt in der Bayern-Gruppe gelöscht und Herrn Görzen sanktioniert (30 Tage nicht live gehen und keine Werbung schalten).

Dass das Unternehmen seit den Entscheidungen des BGH vom 29.07.2021 allenfalls strafbare Inhalte löschen darf und dennoch auch solche löscht, die dies nicht sind, dokumentiert die Bereitschaft zum vorsätzlichen Rechtsbruch bei jeder einzelnen Löschung, jeder Sperre, jeder Profillöschung. Bei mir, beim Urheber, ist das Posting nach wie vor online.

Dieser Fall ist einer der lustigsten und lächerlichsten, die mir in Sachen soziale Medien untergekommen sind. Und das will wirklich etwas heißen.

“Meinungsfreiheit im Netz” unterstützt Herr Görzen. Wir haben heute (09.09.2021) mit Frist zum Sonntag (12.09.2021) abgemahnt und werden, da eine Unterlassungserklärung von Facebook wie immer unterbleiben wird, am Montag beim Landgericht Bonn eine einstweilige Verfügung beantragen. Sollte ein dort tätiger Richter diesen Beitrag lesen und der Geschäftsverteilungsplan eine Befassung mit der Sache möglich machen, freut er sich vielleicht schon ein bißchen (hoffe ich jedenfalls).


Joachim Steinhöfel ist Rechtsanwalt und Initiator der Initiative „Meinungsfreiheit im Netz

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