In München hat in dieser Woche die IAA Mobility begonnen, die Internationale Automobilausstellung, einst die weltgrößte Leitveranstaltung der deutschen Automobilindustrie, bis ihr China und Shanghai vor wenigen Jahren den Rang abgelaufen haben. Aber nur der Dimension, nicht der thematischen Substanz nach, was auf die gekonnte und bewährte Organisationsführung durch den Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) zurückzuführen ist.
Diesmal also IAA Mobility mit neuem Konzept, an neuen Ort, mit neuer Zielrichtung. Mobilität auf Rädern, nicht mehr nur Auto! Und das alles in der Hoffnung, das Automobil auch unter Ökologieaspekten als Mobilitätsträger Nr. 1 im Individualverkehr in seiner Spitzenposition für alle konsensfähig zu erhalten – vergebliche Liebesmühen – Proteste von teils militanten Umwelt- und Verkehrsaktivisten auch in München, der Metropole der Gemütlichkeit.
Viel Aufwand, um zu demonstrieren, dass Automobilität nachhaltig und Deutschland auch in Zukunft das Autoland der Welt sein will.
Allerdings: Aufregende neue Verbrennerautos, die sonst seit 100 Jahren bei jeder IAA die Auto-Enthusiasten anzogen, gab es keine. Auch 100 Weltneuheiten, viele im Gimmik-Format, reißen keine PS-Fan aus dem Sessel. Stattdessen ein eindringliches Verdeutlichen an allen Ecken und Kanten, vor welche Herausforderungen die Transformation die deutsche Automobilindustrie stellt. Und warum staatliche Förderung und Unterstützung entscheidend für das Gelingen dieses Umbruchs sind – etwa bei Prämien für E-Autos, dem Ausbau der Ladeinfrastruktur, aber auch der Schaffung entsprechender Standortbedingungen.
Aber das heißt eben noch lange nicht, dass die IAA auch nachhaltig ist. Die Branchendaten für eine IAA waren in der Vergangenheit jedenfalls schon mal besser.
Vorkrisenniveau im August weiter deutlich verfehlt
Auch im August konnten alle wesentlichen Schlüsselzahlen der Branche: Zulassungen, Produktion, Export erneut nicht an das Vorjahresniveau heranreichen. Lediglich der Markt für Elektro-Fahrzeuge expandierte weiter und gewann Marktanteile hinzu. (Tabelle + Schaubild; Quelle: VDA, KBA).
Im August 2021 wurden in Deutschland 193.300 Pkw neu zugelassen, 23 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Aufgrund der schwachen ersten Quartale 2020 wurden in den ersten acht Monaten mit 1,8 Mio. Pkw das Vorjahresvolumen allerdings um 2 Prozent überschritten.
Das Wachstum täuscht allerdings, denn im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 2019 wurden immer noch ein Viertel weniger Pkw neu zugelassen. Das Vorkrisenniveau auf dem deutschen Pkw-Markt ist weiterhin nicht in greifbarer Nähe. Im Einzelnen zeigte sich folgende Entwicklung:
- Unter den deutschen Marken verzeichnete lediglich Opel aufgrund von Modellneuheiten und Antriebsinnovationen (Mokka, Astra) mit +7,9 Prozent erneut als einziger Hersteller Zugewinne in der Neuzulassungsstatistik.
- Alle weiteren Marken wiesen Rückgänge auf, die bei Mercedes mit -50,0 Prozent am stärksten ausfielen, gefolgt von Ford -45,8 Prozent, Mini -41,6 Prozent und Smart 40,8 Prozent.
- Mit rd. 19 vH blieb VW (-17,4 Prozent weiterhin anteilstärkste deutsche Marke.
- Bei den Importmarken übertrafen Suzuki (+37,2 Prozent), Tesla (+33,9 Prozent) Mazda (+19,3 %) ihr Zulassungsergebnis des Vorjahresmonats. Rückgänge von mehr als 40 Prozent zeigten sich dagegen bei Jeep (-59,1 Prozent), den geringsten Rückgang verzeichnete Toyota mit -0,8 Prozent.
- Hyundai lag mit einem Neuzulassungsanteil von 5,2 vH als stärkste Importmarke vor der VW-Tochter Skoda ( 5,0 vH).
- SUVs blieben trotz eines Rückgangs von -8,4 Prozent das anteilsstärkste Segment (27,2 vH), gefolgt von der Kompaktklasse mit 18,6 vH (-30,1 Prozent) sowie Kleinwagen mit 13,4 vH (-33,5 Prozent).
Trotz der hartnäckigen Marktschwäche gibt es Lichtblicke, nicht nur für Radfahrer sondern vor allem für Klima-Aktivisten. Der Elektroanteil auf dem deutschen Pkw-Markt erreichte einen neuen Höchststand.
- Die Neuzulassungen von Elektroautos stiegen im August weiter an und lagen mit 53.400 Einheiten um 61 Prozent höher als vor einem Jahr. Der Anteil von E-Pkw an den gesamten Neuzulassungen betrug somit 27,6 Prozent. Damit wurde der bisherige Höchstwert aus dem Dezember des vergangenen Jahres deutlich übertroffen.
- Die Neuzulassungen von rein batterieelektrischen Pkw (BEV) legten mit 28.860 Einheiten um 79,5 Prozent zu, die von Plug-In-Hybriden (PHEV) mit 24.497 um 43,3 Prozent. Damit wurden erstmals in einem Monat mehr BEV´s als PHEV´s zugelassen.
- Tesla legte mit 3810 Einheiten (vgl. Toyota: 7114 E) um 33,9 Prozent zu (Toyota -0,8 Prozent) und erreicht damit einen Marktanteil von 2,0 vH (Toyota 3,7 vH).´
Bis einschließlich August wurden in Deutschland 18.067 Tesla zugelassen (+ 121,6 Prozent; 1,0 vH), etwas mehr als von Porsche mit 17923 (+11,9 Prozent; 1,0 vH)
- Der Verbrennerantrieb ging weiter zurück. 35,5 vH der Neuwagen waren mit einem Benzinmotor ausgestattet (68.598/-41,8 %), nur noch 17,7 vH entfielen auf Dieselfahrzeuge (34.171/-50,8 %).
Der durchschnittliche CO2-Ausstoß ging weiter um -18,2 Prozent zurück und betrug 114,6 g/km.
Erholung der Branche ins Stocken geraten
- Bei neuen Aufträge aus dem Inland ergab sich bei den deutschen Herstellern im August ein Zuwachs von 8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat (per August: + 7 Prozent). Das Auslandsgeschäft gab im August etwas nach: Hier verbuchten die deutschen Hersteller im abgelaufenen Monat einen Auftrags-Rückgang um 21 Prozent. Seit Januar gingen jedoch 17 Prozent mehr Aufträge aus dem Ausland ein.
- Lieferengpässe bei Halbleitern waren auch im August ein schweres Produktionshindernis Die Pkw-Produktion ging im August ein weiteres Mal zurück. Insgesamt wurden nur 133.600 Pkw gefertigt (-32 Prozent). In den ersten acht Monaten belief sich die Inlandsproduktion auf 2,1 Mio. Pkw (+5 Prozent).
- Auch der Export fiel im August: Es wurden 107.700 Pkw (-33 Prozent) ins Ausland abgesetzt. Im bisherigen Jahresverlauf wurden 1,6 Mio. Pkw (+7 Prozent) an Kunden aus aller Welt ausgeliefert.
Ausblick 2021
Die August-Daten haben die Skepsis des letzten TE Branchenreport (August 2021) untermauert: Die Prognose für die nächsten zwölf Monate ist durchwachsen. Die schlechte Verfügbarkeit von Halbleitern ebenso wie rapide steigende Preise für Frachten, Vormaterialien und importierte Rohstoffe trüben den Ausblick. Auch die Unsicherheit über den Wahlausgang mag die eine oder andere Kaufentscheidung zunächst einmal auf Eis gelegt haben.
Die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen speziell in Deutschland sind trotz aufkommender Inflationsverunsicherung (noch) gut.
Eine weitere Beherrschung der Covid-19-Pandemie in Deutschland vorausgesetzt hätte vieles für eine Fortsetzung der kräftigen Erholung der Autoindustrie in den kommenden Monaten gesprochen. Allerdings ist inzwischen klar, dass die mangelnde Verfügbarkeit von Halbleitern diese Erholung stark dämpfen wird.
Die Prognose 2021 wird also wesentlich von der Frage der Lieferfähigkeit der Hersteller bestimmt. Die ursprüngliche Prognose von 3,1 Millionen Neuzulassungen ist mit einem Fragezeichen zu versehen.