Tichys Einblick
Internationale Automobilausstellung IAA

Automobilindustrie paradox – Ein Sommer voller Widersprüche

Das Auto degeneriert langsam aber sicher zur digitalen Rikscha – aus dem Lieblingskind droht ein Schmuddelkind zu werden. Da nutzt auch die IAA in München nicht viel. Und andererseits fahren die Konzerne trotz aller Probleme und Umstellungen Rekordgewinne ein.

IMAGO / STL

Früher war der Sommer wegen Urlaub und Werksferien für die einschlägigen Auto-Medien immer eine Saure-Gurken-Zeit, weil es nichts Aufregendes zu vermelden gab. Es sei denn, eine IAA hätte ins Haus gestanden und damit die Berichterstattung über viele neu aufregende Modelle und Concept-Fahrzeuge. 

Aber Früher ist lange her! Im Sommer 2021 ist alles anders: erst Corona als Dauerbrenner in Verlängerung der zweiten und /oder dritten Welle, dann zeitgleich immer neue Naturkatastrophen rund um den Globus und erstmals mit voller Wucht auch im eigenen Hause. Dann das politische und menschliche Chaos des Westens am Hindukusch und schließlich at home der Wahlkampf, der lange Zeit seinem Namen infolge der weltpolitischen Ereignisse nicht gerecht wurde.

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Die Automobilindustrie, die seit Beginn des Dieselskandals 2015 den Medien zuverlässig bei der Überbrückung der schlagzeilenarmen Monate mit Meldungen über immer neue Software-Schummelein, milliardenschwere Straffzahlungen in den USA, heimische Gerichtsverfahren gegen Ross (Dieselautos) und Reiter (=  Vorstände, ersatzweise Führungskräfte der  nächsten Ebenen) über Aufreger zu Interna bei prominenten Herstellern und Zulieferern, Autogipfel bei der Kanzlerin  sowie lockdown-bedingten statistischen Abnormitäten über Zulassungs-, Zu- und „Abwachs“-raten gegenüber den vorjährigen Vergleichszahlen, geholfen hatte,  drohte im Sommer 2021 ins mediale Abseits zu geraten. 

Dabei hätte die diesjährige International Automobilausstellung (IAA) im September  mit neuem Slogan „IAA Mobility“  und flächendeckendem Veranstaltungskonzept: „Die Welt der Mobilität der Zukunft“ , ausgebreitet über weite Teile des neuen Standorts München einschließlich Autobahn,  alle Aufmerksamkeit ob des hohen  Aufwands des Veranstalters verdient. Immerhin gibt sich auch diesmal Bundeskanzlerin Merkel letztmalig die Ehre, die Ausstellung zu eröffnen. 

Während früher schon Monate im Vorfeld die renommierten Automagazine und der ADAC seitenweise über neue aufregende Modelle (sowohl als auch) berichteten, ließ die Berichterstattung diesmal viel Glanz vermissen. Auch hagelte es seitens der internationalen Hersteller und Zulieferer Absagen, auch zum Teil Corona bedingt. Nach Meinung von Marktkennern völlig verständlich, weil Elektroautos in Gestalt von Verbrennern allenfalls noch als Plug-In-Hybride das Herz von Autofans entflammen können. Und ansonsten die Flut eingebauter assistierender elektronischer Helferlein in ruhenden Exponaten kaum Begeisterung entfachen können. Nice to have but nothing to see!

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Und wenn dann auch noch Roboterautos, die fahrerlos und autonom fahren können, von den Professionals der Branche als das ultimative Endziel von Verkehrspolitik und Autobauern hingestellt werden, muss man sich über die Interessenabstinenz der Käufer nicht wundern: Die elektronischen Gimmicks wie Duftnoten, Musikplayer nach Gusto des Fahrers oder Sitze mit Rückenmassage nützen ja nur dem Fahrer, wenn er drin sitzt, nicht wenn das Auto autonom vor sich hin rollt. Das Auto wird von ihnen ja nicht selber gefahren, nur noch bezahlt. 

Welche Schlüsse könnten aus dieser Entwicklung gezogen werden?

Andere Ungereimtheiten rund um die Branche, einzelne Hersteller und ihre publizierten Strategien aus den letzten Corona-Monaten schlagen sich in folgende Schlagzeilen nieder (Quellen: Automobilwoche, n-tv, VDA)

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Fazit: Selten gab es in und von der deutschen Autoindustrie einen Sommer, in dem so viele ungereimten, teils widersprüchliche Meldungen die Gazetten füllten: Rekordergebnisse neben Rekordklagen wegen Chipmangel, Boom neben Kurzarbeit, Zuversicht neben Arbeitsplatzabbau, Verbrenneraustieg neben Verbrennerverbleib, Nachhaltigkeit neben hohen Renditezielen, E-Autos billiger neben  E-Autos teurer; Verbrenner Nobody schlägt Europa Marktführer etc. 


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