Tichys Einblick
R2G steht für "Progressive Politik"

Mission Scholz verhindern: Die drei Stufen der Saskia Esken bei Illner

Bei Illner gibt sich Saskia Esken alle Mühe, die Umfragewerte der SPD zu deckeln. Doch Christian Lindner nutzt die Vorlagen kaum. Ein Trauerspiel. Verdammt, wann wurde das eigentlich alles so langweilig?

Screenshot ZDF: Maybrit Illner

Es sind nur noch wenige Wochen bis zur Bundestagswahl und die SPD führt in den Umfragen – höchste Zeit also für Saskia Esken einzuschreiten. Zum Glück war sie gestern bei Maybrit Illner und diskutierte u.a. mit Christian Lindner die Frage: „Liberal oder sozial – was sichert Wohlstand für alle?“ (Dabei waren auch die Journalisten Gabor Steingart und Henrike Roßbach, aber wen interessieren die schon.)

Die Sendung läuft keine zehn Sekunden, da startet Saskia Esken mit dem Satz: „Eine Koalition mit Grünen und Linken steht für eine progressive Politik“. Und dazu grinst sie natürlich super authentisch in die Kamera. Wenig später beweist sie dann auch für die ganz langsamen, wie sie zu solchen Einschätzungen kommt. Dafür hat sie ein drei Stufenpogramm vorbereitet. Erste Stufe: Inkompetenz. Wie zum Beispiel im Satz: „Die Höhe der Unternehmenssteuer bremst nicht die Investitionen in Deutschland.“ Dann geht sie über zur zweiten Stufe: dreiste Behauptungen. Mein persönlicher Favorit in der Hinsicht: „Die Sozialbeiträge sind nicht gestiegen, wir haben sie stabilisiert.“ Ihre Mutter ist sicher stolz auf sie. Das große Finale kommt dann mit einem Knall: „Ich glaube, Enteignungen sind Teil des Grundgesetzes.“ Ok, das ist schnell eskaliert. Ach übrigens, Bodo Ramelow hat angerufen, er will sich von der SPD distanzieren.

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Das Niveau der Sendung ist so tief, dass ich mich über Lindners Klarstellung darüber freue, dass man bei Steuersenkung nicht von Schenkung sprechen sollte. So weit ist es also schon gekommen. Aber ansonsten war auch der FDP-Chef eher enttäuschend. Während er eingangs noch vor einem Linksruck gewarnt hatte, nutzte er die vielen Vorlagen von Esken nicht, um seine Warnung zu unterstreichen. Er verzieht ab und zu mal während ihrer Beiträge eine Augenbraue – setzt den skeptischen Linder auf, wenn die Kamera auf ihn gerichtet ist. Dennoch will er sich eine Zusammenarbeit mit der SPD weiterhin offen halten: „Die Partei von Willy Brandt hat immer den Respekt der FDP.“ Das könnte ich verstehen, wenn die SPD tatsächlich noch die Partei von Willy Brand wäre, aber davon ist nichts mehr übrig. Dafür hat Saskia Esken gesorgt.
Die SPD vertritt nicht mehr die Arbeiter, sondern nur noch Hartz IV-Empfänger

Diese Sendung war so trist, wie die moderne Politik selbst. Als Merkel an die Macht kam, war ich fünf Jahre alt. Das war auch das erste Mal, dass ich mit Politik in Verbindung gekommen bin, weil meine Eltern (beide aus der DDR) nicht sehr begeistert waren, dass jemand mit Vergangenheit auf der Regimekarriereleiter in einem freien Land Bundeskanzler wird. Dass die heutige Politik nur enttäuscht, habe ich gehört, bevor man mir die Wahrheit über den Weihnachtsmann verraten hat. Und desto älter ich wurde, desto mehr ging es mit der deutschen Politik bergab, aber das wissen Sie ja. Ich kenne die Politik nur als absolutes Trauerspiel. Geschichten von der SPD und der FDP wie sie einmal waren, bringen mich zum Träumen. Aber dann mache ich die Augen auf und statt Helmut Schmidt sitzt da Saskia Esken und ist nunmal wie sie ist.

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 Und anstelle von Hans-Dietrich Genscher sitzt da Christian Linder und erzählt irgendwas von wegen „Privatinvestitionen für den Klimawandel“. Die FDP ist nicht mehr wirklich liberal und die SPD vertritt nicht mehr die Arbeiter, sondern nur noch Hartz IV-Empfänger. Und wenn die Politik schon ein Reinfall ist, könnte ja wenigstens ein kritischer Journalist auf den Tisch hauen und den Berufsblendern das Leben schwer machen. Aber auch ein Axel Springer im stilvollen Anzug mit goldenem Hochhaus bleibt mir verwehrt, stattdessen ist Kapitän zur Spree Gabor Steingart ausnahmsweise von seinem pinken Redaktionsboot an Land gekommen. Maybrit Illner wünscht dem Zuschauer eine schöne Woche und man schaltet den Fernseher aus. Um die plötzliche Stille nach dem pausenlosen Dauergeschwaffel zu vertreiben, mache ich Musik an und mir fällt auf: Noch nie konnte ich den Text von Bonnie Tylers „Holding out for a hero“ so sehr mitfühlen wie heute.
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