Tichys Einblick
Der Außenminister zu Afghanistan

Heiko Maas übt tapfer Selbstkritik – an den anderen

Wenn "wir alle" uns geirrt haben, fällt Selbstkritik auch einem Außenminister leicht, der noch vor kurzem seine völlige Ahnungslosigkeit über die wahre Lage in Afghanistan vor dem Bundestag zum Besten gab.

Heiko Maas, Bundesaußenminister, bei einem Pressestatement zur Situation in Afghanistan, 16. August 2021.

IMAGO / photothek

Heiko Maas, Sie erinnern sich, Bundesaußenminister seines Zeichens, hat noch im Juni verkündet: „All diese Fragen haben ja zur Grundlage, dass in wenigen Wochen die Taliban das Zepter in Afghanistan in der Hand haben werden. Das ist nicht die Grundlage meiner Annahmen. Wir gehen aber davon aus, […] dass die Kampfhandlungen zunehmen werden. Gleichzeitig gibt es aber einen Friedensprozess zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung, der ja nicht ausgesetzt worden ist, und den ich auch nicht für unerreichbar halte“. Nun hat er sich selbstkritisch geäußert. Natürlich geht es bei der Selbstkritik nicht um Selbstkritik, sondern sozusagen um eine Selbstkritik-Simulation. 

Denn Schuld ist Heiko Maas an der Fehleinschätzung zumindest nicht allein, schuld sind vor allem die anderen: „die Bundesregierung, die Nachrichtendienste und“ selbstredend „die internationale Gemeinschaft“, wenn man genauer hinschaut, Sie und ich, wir alle, denn wenn alle schuldig sind, hat niemand mehr schuld. Wörtlich sagte laut ntv Heiko Maas zum Versagen in Afghanistan: „Es gibt auch nichts zu beschönigen: Wir alle – die Bundesregierung, die Nachrichtendienste, die internationale Gemeinschaft – wir haben die Lage falsch eingeschätzt“. 

Nein, zu beschönigen gibt es nichts, die Bundesregierung, hier vor allem die Bundeskanzlerin, die Verteidigungsministerin, der Außenminister und der Innenminister haben tatsächlich die Lage falsch eingeschätzt. 

Nur erinnert diese Fehleinschätzung an die Wettervorhersage, die den Regen vorhersagt, nachdem der bereits niedergegangen ist und jeder vorher schon wusste, dass es regnen würde.  

Angesichts des Desasters ist das Einräumen einer Fehleinschätzung der Lage zudem ein kräftige Untertreibung, selbst die Selbstkritik-Simulation ist genau betrachtet nur eine Selbstkritik-Simulations-Simulation. 

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