Tichys Einblick
Gleichheit in Freiheit

Geimpfte und Nicht-Geimpfte müssen gleich behandelt werden

Merkel weiß, wie man aus Bürgern Untertanen macht - plötzlich ist auch „Patriotismus“ wieder in / Man hat sie förmlich noch im Ohr, die bebende Stimme Angela Merkels: „Eine Impfpflicht wird es nicht geben!“ / Jetzt kommt sie durch die Hintertür

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Christian Mang

Jeder Mensch hat seine im Grundgesetz verankerten unveräußerlichen Rechte. Dazu gehört auch das Recht auf Unversehrtheit der Person, sie obliegt von daher der besonderen Selbstbestimmung jedes Einzelnen. Immer wieder wurde das in der Geschichte der Bundesrepublik beschworen – auch das gehörte übrigens zu den Dingen, die die Bundesrepublik einst so lebenswert machten, die Sicherheit und der Schutz der persönlichen Freiheit und Selbstbestimmung schienen gewährleistet. Das Versprechen Angela Merkels konnte als verlässlich gelten.

Nun aber stellt sich heraus, daß ein größerer Teil der Deutschen und anderer hier Lebender auf die Impfung tatsächlich verzichten wollen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Gerade die Bundesregierung kann sich aufgrund des unentwegten Chaos in ihrer Corona-Politik der laufenden Pannenserie und ihrer fragwürdigen Kommunikation nicht von ihrem Anteil an der Verunsicherung der Bevölkerung und damit dem Vertrauensverlust der Menschen freisprechen. Nun ist die Lage aber eben mal so, wie sie ist. Der Impfstoff ist da, aber ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung will ihn nicht. Dazu tragen freilich auch immer wieder Zweifel an dessen Wirksamkeit und die Furcht vor möglichen Langzeitfolgen bei. Hier rächt sich, daß eine offene wissenschaftliche Diskussion, ich meine damit nicht obskure Verschwörungstheorien, verweigert wurde und wird. Hinzu kommt die zu erwartende Blamage, wenn die sehr teuren Vakzine verfallen oder in einer Hauruck-Aktion verschenkt werden müssen. Niemand im Regierungslager ist an einem Untersuchungsausschuss über alle Fragen der Beschaffung, ihrer Kosten, der Art der Geldfüsse und nicht zuletzt den offenen Haftungsfragen noch in dieser Legislaturperiode interessiert. Schon von daher darf die Pandemie gar nicht enden, so läßt sich zumindest vermuten.

Deshalb greift die verfassungsgemäß gar nicht als regierendes Organ vorgesehene Runde aus Bundeskanzler (das Amt in seiner Bezeichnung ist unabhängig vom jeweiligen Geschlecht seiner Träger) und Ministerpräsidenten auf das uralte Herrschafts-Motto „Und bist Du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt“ zurück. Wer sein Recht auf Impfverweigerung ausüben will, muß in Zukunft für diverse Dienstleistungen wie ein Restaurant- oder Kinobesuch tief in die Tasche greifen. Denn die Tests sind verpflichtend für die meisten nicht Geimpften und kostenpflichtig.

Die Verfassungsrichter mögen das vielleicht nachvollziehen können, der Normalbürger mit einem klaren Rechtssinn wird das nicht akzeptieren. Denn er muß für die Wahrnehmung eines Rechtes im Gegensatz zu Dritten zahlen. Wo bleibt da die Gleichheit vor dem Gesetz? Hinzu kommt, daß noch bis vor kurzem der Test mit Impfung und Genesung gleichgesetzt wurde. Wozu dann die jetzt die Kostenpflicht, wenn durch diese doch nur ein Zwang erzeugt werden soll, auf garantierte Rechte zu verzichten. In jüngster Zeit mehren sich Vorwürfe, Nicht-Impfer würden sich der Solidarität gegenüber der Gemeinschaft entziehen. Gesundheitsminister Spahn verstieg sich in seiner Ausgrenzungs-Rhetorik sogar so weit, den Nicht-Impfungswilligen den Patriotismus für unser Land abzusprechen. Ganz davon abgesehen, daß das Wort Patriotismus seit dem Beginn der Kanzlerschaft Merkels zum Unwort gemacht geworden ist, hat ja aber auch der Staat eine patriotische Pflicht gegenüber seinen Bürgern. Das gilt insbesondere, wenn es um den Schutz vor außerordentlichen Gefahren geht. Eine „Pandemie von nationaler Tragweite“ gehört zweifellos dazu. Im Kriegsfall müsste ja auch niemand extra dafür bezahlen, daß er von der Bundeswehr verteidigt wird, nur weil er nicht gedient hat.

Kurzum, die jetzige weitere Verschärfung der Instrumente des Infektionsschutz-Gesetzes steht auf äußerst wackligen Füßen. Man darf gespannt sein, ob dies in der Bundesrepublik von heute noch eine Rolle spielt?

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