Tichys Einblick
Interessengeleitete Brandstiftung auch dabei?

In Griechenland Zweifel am Ursprung mancher Brände

Während sich Karl Lauterbach um »Kälte im Winter« sorgt, haben Griechenland und seine Nachbarn mit Hitze im Sommer zu tun. Doch neben den Temperaturen kommen andere Schuldige für die noch immer wütenden Feuer in Frage. Der Gouverneur der Region Attika spricht von vielfacher Brandstiftung und glaubt nicht mehr an Zufall. Andere Gerüchte gehen in der Türkei um.

IMAGO/ZUMA Wire

Der Regionalgouverneur von Attika, Jorgos Patoulis (Nea Dimokratia), hat den Verdacht geäußert, dass es einen »gut organisierten Plan« hinter den zahlreichen Feuern im Lande gebe: »Alle Anzeigen müssen untersucht werden.« So habe es mit Sicherheit eine versuchte Brandstiftung im Athener Marsfeld, dem Park Pedion tou Areos, gegeben. Auch in den schwer getroffenen nördlichen Vororten wurden mehrere Brandstifter ergriffen. In einem weiteren Park seien Gasbrenner gefunden worden. »All das zeigt, dass es ein absichtsvolles Handeln gibt und nichts zufällig ist«, sagte Patoulis dem Fernsehsender Skai.

Der Freitag war der schwierigste Tag für die griechischen Feuerwehrmänner. Das sagte der Staatssekretär im Bürgerschutzministerium Nikos Chardalias (Nea Dimokratia). Im Laufe eines Tages waren 98 neue Brände im Land ausgebrochen. Auch am Samstag kämpften die Kräfte noch an 55 Stellen um die Kontrolle über die Flammen. Stark betroffen sind die langgestreckte Insel Euböa und die Hauptstadtregion Attika, daneben die Ägäis-Insel Rhodos und die Peloponnes, wo zeitweise die antiken Stätten von Olympia und das zugehörige Museum gefährdet waren. Inzwischen scheinen sie dank eines massiven Löscheinsatzes sicher zu sein. In den Dörfern der Region kämpften die Einwohner aber noch am Samstag um ihren Besitz – mit Traktoren und Gartenschläuchen. Aber nicht alle Häuser und Olivenhaine können gerettet werden.

Wieviel Land den Flammen bis jetzt zum Opfer fiel, darüber wird derzeit noch spekuliert. Der Geologie-Professor Evthymis Lekkas wartete mit einer Horror-Schätzung von insgesamt 500.000 Hektar auf. Doch auch die Nationale Sternwarte geht nach einer anfänglichen Schätzung von 60.000 Hektar (am 4. August) nun von 350.000 Hektar aus. In Attika seien 7.600 Hektar verbrannt, auf Euböa gar an die 20.000. Hinzu kommen die Brände auf der Peloponnes und den Inseln, hier vor allem Rhodos, sowie vereinzelte Brände im Norden des Landes. All das sind freilich Schätzwerte.

Der SPD-Klimaexperte Karl Lauterbach warnte dieser Tage vor vermehrter Winterkälte in Europa, wenn der Golfstrom versiegen sollte (wie es ein Artikel in der Süddeutschen zu prognostizieren scheint). Ganz nach dem Motto: »Klimaerwärmung verursacht Eiszeit«. Die griechischen Bauern würden das vielleicht sogar begrüßen, denn der Wasserverbrauch kann dort im Sommer sehr hoch werden.

Dabei spielt das Thema Klimawandel in Griechenland noch eine klar nachgeordnete Rolle und wird von der Politik nicht sofort zur Panikmache genutzt. Man ist derartige Naturkatastrophen fast alljährlich gewöhnt und muss nur an das Jahr 2007 zurückdenken, um zu wissen, dass die Dinge leider schnell aus dem Ruder laufen können, wenn der Staat nicht einsatzbereit ist. Erst vor drei Jahren waren in dem weitgehend wild gebauten Athener Vorort Mati über 100 Menschen ums Leben gekommen.

Die Athener tragen ihre Masken nun gegen den Rauch

Im Norden der Hauptstadt Athen brennt es noch immer an der waldreichen Bergkette Parnitha und bei Marathon. In der Mitte zwischen beiden liegt der Vorort Varybombi, der am Freitag schon zum zweiten Mal evakuiert werden musste, ebenso wie weitere Vororte. Die Luft in der Hauptstadt ist von Rauch und Rußpartikeln durchsetzt. Viele tragen ihre FFP2-Maske nun zum Schutz davor. Inzwischen hat ein freiwilliger Helfer durch einen Unfall das Leben verloren, als ihn ein umstürzender Strommast traf. Der Präsident der Athener Industrie- und Handelskammer, Konstantinos Michalos, wurde bewusstlos in seiner Fabrik gefunden und wenig später für tot erklärt. An der Autobahn von Athen nach Thessaloniki sollen zahlreiche Industriebetriebe und Lagerhallen brennen. Berichtet wird auch von Explosionen entlang der Autobahn.

Premier Mitsotakis hat die Bürger erneut – wie schon zu anderen Anlässen – in eine gewisse Alarmbereitschaft versetzt. Das gesamte Land habe sich durch die anhaltende Sommerhitze in ein »Pulverfass« verwandelt. Wenn es solche Rhetorik braucht, um den Sommerbränden den Garaus zu machen und die Bürger vor der Gefahr zu warnen, dann soll es recht sein. Zugleich wurden Betretungsverbote für Wälder ausgesprochen. Per SMS wurden auch die Einwohner zum Verlassen der Orte Malakasa, Sfendali und Oropos in der Region Attika aufgefordert. Zugleich wurden das Asylzentrum in Malakasa und das Abschiebezentrum von Amygdaleza evakuiert. Mehr als 60.000 Bürger im ganzen Land blieben ohne Strom. Um die Versorgung wieder sicherzustellen, müssen nach Schätzung des staatlichen Stromversorgers mehr als 2.000 Strommasten neu aufgestellt werden.

Auf Euböa kämpften die Rettungskräfte zeitweise mit Windböen bis fünf Beaufort, um der Feuerfront im Norden der Insel den Weg abzuschneiden. Mindestens zehn Dörfer und Siedlungen wurden evakuiert. Teils wurden Einwohner mit Fährschiffen in Sicherheit gebracht. Auch die Kriegsmarine hat zu diesem Zweck Schiffe an kleinere Häfen in Euböa und Attika entsandt. In der Region Attika wurden daneben drei alte, zu Feuerlöschfahrzeugen umgerüstete Leopard-Panzer eingesetzt. Am Samstagmorgen öffnete sich schließlich ein Zeitfenster, in der man der Lage wieder Herr zu werden hoffte. Über Nacht hatte der Wind etwas nachgelassen.

Daneben brennt es weiterhin auf der Peloponnes-Halbinsel Mani und in der Provinz Ilia (dem antiken Elis), in der auch das antike Olympia liegt. Einwohner der Region Ilia berichteten von einem Brandstifter, der mit dem Motorrad unterwegs war und in rascher Folge Brände an verschiedenen Orten legte. Laut dem Bürgermeister des Hauptortes Pyrgos wurden die Beobachtungen der Bürger durch andere »Systeme« bestätigt.

Brandstiftung als Mittel zum Zweck

Im Norden Athens, in den Vororten Agios Stefanos und Kryoneri, wurden drei Brandstifter festgenommen. Zwei von ihnen wurden im Wortsinne in flagranti mit Benzinkanistern erwischt. Ein anderer Mann tat so, als wolle er beim Löschen der Flammen helfen, legt aber tatsächlich beständig neue Brände. In dem ausgedehnten Park namens Pedion Areos (dt. Marsfeld) wurde eine Frau mit Benzinflasche festgenommen, die zwar einen afghanischen Pass besaß, der aber möglicherweise gefälscht sei. Es könnte sich um eine türkische Staatsangehörige handeln, so die Behörden. Weitere Fälle von Brandstiftung werden aus anderen Teilen der Hauptstadt gemeldet.

Zum Teil mag es sich um Irrläufer und Trittbrettfahrer handeln, aber einige der Vorfälle wirken zu professionell, als dass man sie einfach beiseite wischen könnte. Im allgemeinen Chaos versuchen offenbar Interessierte, mit ihren eigenen Plänen voranzukommen. Brandstiftung war in der Vergangenheit leider ein gängiges Mittel, um Bauland – auch in Naturschutzgebieten – auf ungesetzlichem Weg freizugeben.

In Griechenland sind inzwischen Hilfskräfte aus Frankreich, Rumänien, der Ukraine und Zypern und Löschflugzeuge aus Schweden, Kroatien, Russland und der Schweiz eingetroffen. Am Samstag wurde bekannt, dass auch Polen 46 Feuerwehrautos und 143 Feuerwehrleute schicken will. Zwei Helikopter werden aus Ägypten erwartet, drei aus der Schweiz. Auch Deutschland hat nun Hilfe zugesagt und wird Feuerwehrkräfte aus Hessen und Nordrhein-Westfalen sowie THW-Kräfte schicken. 136 österreichische Helfer mitsamt Gerät versuchen unterdessen, die Flammenherde im nördlichen Nachbarland Nordmazedonien zu löschen. Weitere Helfer kamen aus Serbien, Bulgarien und Slowenien.

Türkei: Medien machen Kurden für Brände verantwortlich – Bekennerschreiben – Luftschläge

In der Südwesttürkei ist die Lage eher noch schlimmer. Seit zehn Tagen wüten die Brände um Antalya, Marmaris und Bodrum. Acht Menschen verloren dort ihr Leben. Staatsführer Erdogan war in harsche Kritik geraten, weil es keine funktionierenden Löschflugzeuge gab. Ausländische Hilfe sei nicht angenommen worden. Auch der Generaldirektion für Forstwirtschaft werden Vorwürfe gemacht, sie habe die dafür vorgesehenen Gelder nur zu einem Bruchteil (1,75 Prozent) auch wirklich für den Feuerschutz eingesetzt, so ein Abgeordneter der oppositionellen CHP. Die Stadt Milas wurde evakuiert, weil befürchtet wurde, die Flammen könnten ein Kraftwerk erreichen, in dem tausende Tonnen Braunkohle gelagert werden.

Sabotage oder gar Terrorismus wurden auch in der Türkei als Ursache der Feuer diskutiert. Tatsächlich bekannte sich die Terrorgruppe »Kinder des Feuers« zu den Brandstiftungen mit den Worten: »Wir begrüßen das heilige Feuer.« Ob das Bekennerschreiben glaubwürdig ist, lässt sich kaum sagen. Andere kurdische Organisationen, darunter auch die PKK, bestritten die an sie gerichteten Vorwürfe aus regierungsnahen Medien.

Die fast schon offiziellen Verdächtigungen darf man getrost als Ablenkungsmanöver der türkischen Führung sehen, zumal sie hervorragend zu den jüngsten Luftschlägen gegen den Nordirak passen, die trotz der katastrophalen Lage im Südwesten des Landes gestartet wurden. Laut dem türkischen Verteidigungsministerium und TRT World wurden dabei 40 »PKK-Ziele« zerstört. Das sind nun wirklich zynische Zusammenhänge. Man sieht: Auch wenn die türkischen Waldbrände nicht auf die »Kinder des Feuers« zurückgehen, könnten sie das Werk politisch motivierter Brandstifter sein.

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