Tichys Einblick
SPEAKERS’ CORNER

London: Messerangriff auf Islam-Kritikerin mit Charlie Hebdo-Shirt

Am Speakers’ Corner in London wurde eine islamkritische Ex-Muslima, die ein Charlie-Hebdo-Shirt trug, mit einem Messer attackiert. Öffentliche Kritik am Islam wird zunehmend lebensbedrohlich – während Islamisten unsere Öffentlichkeit wie Demonstrationen instrumentalisieren.

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Der Versammlungsplatz Speakers’ Corner („Ecke der Redner“) im Londoner Hyde Park ist ein historischer und urdemokratischer Ort. Jeder darf dort ohne Anmeldung Vorträge zu jedwedem Thema halten, was zurückgeht auf den Parlamentsbeschluss vom 27. Juni 1872, den „Royal Parks and Gardens Regulation Act“. Seither gilt der Ort weltweit als Symbol der Meinungsfreiheit, an welchem schon George Orwell referierte. Ausgerechnet an diesem Ort wurde eine islamkritische Ex-Muslima während einer Versammlung – vermutlich gezielt – mit einem Messer angegriffen.

Bei dem Opfer handelt es sich um die Ex-Muslima Hatun Tash, eine christliche Predigerin, die sich regelmäßig mit Muslimen auf dem Speakers‘ Corner und in Moscheen für christlich-muslimische Debatten engagiert. Sie ist Direktorin der „DCCI-Ministries (Defend Christianity, Critique Islam)“, das laut eigener Website versucht, „den Muslimen das Evangelium mit Apologetik und Polemik zu predigen“; „Unsere Motivation ist die Liebe zu Muslimen, sie zur Buße und zum Glauben an Jesus Christus zu bringen, um das ewige Leben zu erlangen.“

Jeden Sonntag diskutiert Hatun Tash am Speakers’ Corner mit Menschen über ihren Glauben, über den Islam und Koran. Schon im Oktober 2020 wurde Tash ins Gesicht geschlagen, als sie ein Bild der Mohammed-Karikatur hochhielt. Noch im September 2020 wurde sie von der Polizei aus Angst um ihre Sicherheit aus dem Park eskortiert, was in den sozialen Medien zu Debatten über freie Meinungsäußerung im Speakers‘ Corner führte. Auf Videos ist zu sehen, wie muslimische Gläubige sich als  organisierte Gruppe ihr entgegen stellten und aggressiv „Allahu Akbar“ (Gott ist größer!) brüllten. Die Polizei kann sie nicht beschützen, sondern sagt: „You need to go, you need to go!“ (Du musst gehen, du musst gehen!), und bringt sie gegen ihren Willen vom Platz. Obwohl die Situation brandgefährlich war, wollte sie nicht gehen. Sie wollte sich nicht den radikalen Rufen beugen, sondern mit diesen Leuten diskutieren – eine gefährliche, unmöglich erscheinende Mission.

Opfer trug ein Charlie-Hebdo Shirt

Letzten Sonntag war Hatun Tash wieder am Speakers‘ Corner. Diesmal trug sie ein T-Shirt mit einer berühmten Karikatur des französischen Satire Magazins Charlie Hebdo“ in der sich ein Muslim und ein Charlie-Hebdo-Karikaturist leidenschaftlich küssen mit dem Titel „Liebe ist stärker als Hass“. Charlie Hebdo ist bekannt für seine islamkritischen Karikaturen. Nachdem das Magazin eine Karikatur des Propheten Mohammed veröffentlichte, wurden in dessen Redaktionsräumen 2015 zwölf Menschen von islamistischen Terroristen ermordet. Auf Videomaterial ist zu sehen, wie eine Gruppe von Menschen, darunter Hatun Tash draußen im Regen stehen. Ein in schwarz gekleideter Mann mit Kapuze schleicht sich an der Gruppe vorbei und versucht mehrmals auf Tash einzustehen. Er trifft sie vor allem geringfügig am Kopf. Der Angriff dauert nur wenige Sekunden, der Täter rennt weg. Einzelne versuchen ihn aufzuhalten und hinterherzurennen. Doch der Angreifer konnte entkommen. Tash fiel wenig später zu Boden. Ihre Verletzungen sind nicht lebensbedrohlich, sie wurde ins Krankenhaus gebracht. Die Polizei fahndet immer noch nach dem Täter. In der Nähe des Ereignisortes wurde das Messer des Angreifers gefunden.

Endet die Diskussionsfreiheit beim Thema Islam?

Hatun Tash ist eine christliche Aktivistin, die wie jede Islamkritikerin per se provoziert. Das Thema Islam ist provokant für muslimische Gläubige. Der Messerangriff auf die junge Frau – die 27 Jahre lang in muslimischen Ländern lebte – zeigt zum wiederholten Mal, dass Islamkritiker um ihr Leben fürchten müssen. Hatun Tash stellt sich jeden Sonntag auf die Straße, um eine Religion, den Islam, zu kritisieren – doch dies scheint nahezu unmöglich. Der britische Politikwissenschaftler Adrian Hilton schrieb auf Twitter: „Wir müssen die Meinungsfreiheit im Vereinigten Königreich verteidigen und dürfen den öffentlichen Platz nicht an diejenigen abtreten, die uns zensieren wollen, um uns einzuschüchtern“.

— Adrian Hilton (@Adrian_Hilton) July 25, 2021

Hatun Tash ist kein Einzelfall. Auch in Deutschland leben immer mehr Kritiker unter Polizeischutz, wie der renommierte Politologe Hamed Abdel-Samad. Es reicht aber auch bereits ein kritischer YouTouber wie Amit Arabpour zu sein, der plötzlich im Jahr 2020 zum Ziel von Islamisten wurde. Die Fälle bei denen Kritiker des Islams angegriffen werden häufen sich jährlich – und sie werden immer brutaler.

Der französische Lehrer Samuel Paty musste sterben, weil er seinen Schülern eine Mohammed-Karikatur im Sinne der Meinungsfreiheit zeigen wollte; er wollte mit seinen Schülern über jene diskutieren. Er bezahlte dafür mit seinem Leben, indem er mitten auf der Straße enthauptet wurde. Der Fall Samuel Paty veranschaulichte vor allem die organisierte Aufstachelung zu Hass und Terrorismus, da sein Mord von islamistischen Hintermännern und Organisationen geprägt war.

Islamisten schwächen unsere Demokratie

Der radikale Islam hat keinen Respekt vor der Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Mehr noch: Beides wird abgelehnt und vollkommen ausgenutzt. Während Islamkritiker aus Angst vor gewaltvollen Angriffen heutzutage nicht mehr auf die Straße gehen und protestieren können, gehen Islamisten auf unsere westlichen Straßen und verbreiten ihre Hassbotschaften auf vermeintliche „Demonstrationen“. Dabei sind gerade Demonstrationen im Westen unsere urdemokratischen Instrumente, um gegen demokratiefeindliche Phänomene wie Extremismus zu protestieren und um damit die Demokratie zu stärken. Heute sind es Islamisten, die mit unseren demokratischen Instrumenten wie diesen unsere Demokratie schwächen – auch weil sie nicht daran gehindert wurden und werden. Als der Lehrer Samuel Paty ermordert wurde, gingen radikale Gläubige und islamistische Akteure auf unsere Straßen in Europa, riefen „Allahu Akbar“, protestierten gegen den Präsidenten Macron, der den Lehrer groß ehrte, und gegen Mohammed-Karikaturen.

Es war ein Tiefpunkt unserer europäischen Demokratie. Und ein noch größerer Tiefpunkt folgte im Mai, als die islamistische Terrororganisation Hamas gegen den demokratischen Staat Israel einen Terrorkrieg zu führen begann: Erschreckend waren die darauffolgenden europaweiten „Demonstrationen“, auf denen radikale Muslime zur Vernichtung Israels und Juden aufriefen – oft von islamistischen Organisationen persönlich organisiert. Der radikale Islam hat gelernt, die demokratischen Mitteln – die er ablehnt – sich zu eigen zu machen: Entweder werden Islamkritiker auf Protesten angegriffen oder die Proteste werden für ein Anheizen der islamistischen Bewegung genutzt – und das funktioniert. Auf der einen Seite werden wichtige Kritiker eingeschüchtert, auf der anderen Seite werden radikale Muslime bestärkt, Gewalttaten zu begehen. Mit unserer Demokratie wird unsere Demokratie geschwächt.


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