Jedes Jahr macht der Bund der Steuerzahler, die mitgliederstärkste Lobbyorganisation von Steuerzahlern auf der Welt, mit dem von ihm ausgerufenen „Steuerzahlergedenktag“ darauf aufmerksam, wie hoch der staatliche Zugriff auf die Einkommen der Arbeitnehmerhaushalte ist. In diesem Jahr fiel dieser Gedenktag auf den 13. Juli. Erst seit diesem Tag verbleiben rechnerisch und im Durchschnitt der 22,8 Millionen Haushalte von Arbeitern, Angestellten und Beamten die erzielten Einkommen im eigenen Portemonnaie, fließen nicht als Steuern und Sozialabgaben an den Staat. Der Anteil der Sozialabgaben liegt dabei mit 31,7 Cent deutlich höher als der Steueranteil mit 21,2 Cent pro verdientem Euro. Vor allem aus den hohen Beiträgen für die Sozialversicherungen resultiert die internationale Belastungs-Spitzenposition der Steuerpflichtigen in Deutschland. Nur Belgiens Fiskus traktiert seine Bürger noch heftiger.
Ein wichtiges Detail für das Ranking des Steuerzahlerbundes: Die kompletten Sozialabgaben fließen in seine Berechnung ein, also auch der sogenannte „Arbeitgeberbeitrag“ für die Ren-ten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Das ist nur konsequent, weil sie zu den Arbeitskosten zählen, die ein Beschäftigter mit seiner Arbeitsleistung auch selbst erwirtschaften muss. Sie sind kein Geschenk des Arbeitgebers, sondern müssen ebenfalls vom Arbeitnehmer verdient werden. Dass Beamte sich Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge sparen (Gesamtbeitragssatz für Nichtbeamte: 22 Prozent), weil der Staat sie nicht dazu heranzieht, sei hier nur am Rand vermerkt. Dass führt dazu, dass Beamtenhaushalte bei gleichen Bruttoverdiensten deutlich höhere Nettoeinkommen erhalten. Die vermeintlich ersparten Sozialabgaben in Form der nicht bezahlten „Arbeitgeberbeiträge“ erkauft sich der Staat allerdings teuer. Denn Beamte werden von ihm lebenslang alimentiert, weil ihre – im Vergleich zu den gesetzlichen Renten – ohnehin stattlichen Pensionen jeweils in Gänze aus den laufenden Haushalten finanziert werden müssen.
Vier Tage mehr für den Staat als 2020
Der Belastungszuwachs gegenüber dem Vorjahr beläuft sich nach Angaben des Steuerzahlerbundes insgesamt auf 0,8 Prozent. Das entspricht etwa vier zusätzlichen Tagen, die Steuerpflichtige in diesem Jahr länger für die öffentlichen Kassen arbeiten müssen als 2020. Ursache dafür sind vor allem die neue CO2-Abgabe auf Kraft- und Heizstoffe, das Ende der befristeten Umsatzsteuersenkung sowie Beitragserhöhungen in der Krankenversicherung. Entlastend wirkt sich dagegen die (teilweise) Abschaffung des Solidaritätszuschlags sowie die Anpassung des Grundfreibetrags bei den direkten Steuern aus. Allerdings ist ein staatlicher Zugriff auf mehr als 50 Prozent des Einkommens leistungsfeindlich. Vor allem für die gutsituierte gehobene Mittelschicht, deren Grenzsteuersätze sich bei der Einkommensteuer ganz schnell in Richtung Spitzensteuersatz bewegen, wird der Grenznutzen zusätzlicher Arbeitsleistung immer geringer, weil ein höheres Bruttoeinkommen oft genug von der Steuerprogression und den steigenden Beitragsbemessungsgrenzen in den Sozialversicherungen aufgezehrt wird.
Der Steuerzahlergedenktag sollte uns als Staatsbürger eigentlich wachrütteln, weil er uns verdeutlicht, wie schizophren wir klagen: Auf der einen Seite wollen viele immer mehr Leistungen des Staates: von der Wiege bis zur Bahre. Auf der anderen Seite leiden viele unter den finanziellen Steuer- und Abgabenlasten, die uns der Staat als Rechnung präsentiert. Doch das sind die zwei Seiten der gleichen Medaille. Wer immer mehr Staat will, muss auch dafür bezahlen. Dumm nur, dass die Majorität der Fordernden nicht identisch ist mit der Mehrheit der Finanziers. Doch die Geduld der finanzierenden Minorität ist endlich. Erlischt sie, dann fehlt der Politik die Verteilungsmasse.