Bekanntlich kann man einen Kuchen nicht aufessen und ihn gleichzeitig für immer behalten wollen. Hier ist die Logik ebenso der Sieger wie bei dem unverrückbaren Fakt, daß ein Topf nicht mehr Wasser aufnehmen kann, als sein Volumen gestattet. Ganz so verhält es sich auch mit der Mentalität großer Teile unseres Volkes. So erwarten wir für alle Situationen des Lebens ein garantiertes Vollkasko-Paket. Der Wohlstand soll bleiben und wachsen, bei möglichst immer weniger Anstrengung. Energie brauchen wir alle, aber auch hier gilt der Wunsch, daß beim Hobeln der Bretter keinerlei Späne anfallen dürfen. Kurzum – die Quadratur des Kreises wird einfach vorausgesetzt, nur, wie das gehen soll, kann niemand sagen. Das ist so wie der Traum von der Null-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Eine Rechnung, die einfach nicht aufgehen kann. Ebenso wenig, wie immer weniger junge Leute immer mehr Pensionäre ernähren können. Der klassische Generationenvertrag existiert schlicht nicht mehr. Dennoch wird die Illusion aufrechterhalten.
Die Regierenden wissen das alles, doch wenn man nur in Legislaturperioden und an das eigene Wohlbefinden denkt, kann man keine Gedanken an die Zukunft der Gesellschaft verschwenden. Dann darf man auch auf keinen Fall zuviel der Wahrheit ausplaudern, denn die Wähler müssen bei Laune gehalten werden. Das beste Beispiel sind die Wahlkampagnen. Einlullen der Massen bei erneuten unerfüllbaren Versprechen. Wer diese Regel durchbricht, wird stigmatisiert und ausgegrenzt. Scheindebatten ersetzen überfällige Diskussionen. Dabei ist die Rechnung doch ganz einfach: Wenn zwei Generationen in Folge beschließen, im Sinne ihrer Selbstverwirklichung und des Lebensgenusses unter oftmals fadenscheinigen Begründungen auf Kinder zu verzichten, müssen sie gleichzeitig akzeptieren, daß ihr Egoismus im Alter seinen Preis hat. An der Verlängerung der Lebensarbeitszeit führt bei der gleichzeitig steigenden Lebenserwartung einfach kein Weg vorbei. Das muss nicht für alle Berufe gelten, aber für die meisten in der Büro- und Hochtechnikkultur. Die Alternative dazu ist Altersarmut und Rückentwicklung des Industriestandortes. Selbst die Enteignung aller „Reichen“ könnte dies nicht aufhalten.
Auszuschließen sind solche Entwicklungen in der Geschichte übrigens nie. Eine erste Voraussetzung der Verhütung ist der Mut zur Wahrheit. „Weiter so Deutschland“ oder „Alles ist doch so wunderschön“ helfen da nicht weiter. Während das Wasser im Unterdeck schon spürbar steigt, werden in der VIP-Etage noch weiterhin unbekümmert die Gläser gefüllt.