Eigentlich sollte die friedliche Grenzziehung zwischen den beiden Ländern im Jahr 1920 gefeiert werden. Aber noch bevor Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (mit ruhender SPD-Mitgliedschaft) die sozialdemokratische Premierministerin Mette Frederiksen traf, fand er Gelegenheit, seine Gastgeber deutlich zu kritisieren. Dem Deutschlandfunk war das gleich zwei Meldungen an beiden Tagen des Besuchs wert. Steinmeier, so hieß es, »hoffe sehr, dass Dänemark sein Handeln so verstehe«, dass dasselbe »noch in eine gemeinsame und harmonisierte europäische Asylpolitik« einmünden könne.
Sehen wir einmal ab von der Frage, ob es höflich ist, vor einem Treffen mit den höchsten Repräsentanten eines Landes, zumal in Erinnerung an ein historisches Ereignis, eine so grundsätzliche Kritik an der demokratisch verabschiedeten Politik eines Nachbarlandes zu üben. Das würde zu weit führen in das Feld von Zeremoniell und Anstand. Tatsächlich kann man Steinmeiers Hoffnung aber teilen, denn sie ist durchaus begründet. Dänemark möchte in der Tat, dass sein Handeln möglichst bald in eine gemeinsame, harmonisierte EU-Asylpolitik einmündet.
Der Festakt fand dann zum Teil auf der Königsschanze in Düppel in der Nähe von Sønderborg statt, bevor es mit Segelboot zur Yacht von Königin Margrethe ging.
Die Erinnerung an die Schlacht an den Düppeler Schanzen 1864 lebt in Deutschland wohl nur noch in einigen Straßennamen und einer Berliner Ortslage weiter. Die Dänen haben die Schanzen, die sie 1920 wiedergewannen, zu einem Nationaldenkmal ausgebaut.
1864 beschrieb Theodor Fontane in seinem Siegesgedicht »Der Tag von Düppel« das brutale Detail der Schlacht:
Still!
Vom achtzehnten April
Ein Lied ich singen will.
Vom achtzehnten – alle Wetter ja,
Das gab mal wieder ein Gloria!
…
Sie haben sich festgesetzt,
Der Däne wehrt sich bis zuletzt.
…
Dass die Dänen sich auch heute wieder »bis zuletzt« wehren werden, ist wahrscheinlich. Die Frage ist, ob auch das Ende Gedichts noch gilt: »Die Preußen sind die alten noch, / Du Tag von Düppel lebe hoch!«
Der Wortwechsel mit der Kommission
Die EU will laut Kommissionssprecher Adalbert Jahnz die Umsetzung des neuen Gesetzes abwarten, bevor sie »möglicherweise weitere Schritte gegen Dänemark« beschließt. Das schrieb die dänische Tageszeitung Berlingske am 5. Juni. Immerhin war dem Kommissionssprecher Jahnz, zuständig für Migration, Inneres und Staatsbürgerschaft, klar, dass Dänemark sich einst ausbedungen hat, dass die EU-Asylrichtlinie für das eigene Land keine Geltung hat.
Integrations- und Ausländerminister Tesfaye hatte da schon auf die Kritik von UNHCR und EU reagiert: »Mir ist sehr wohl bewusst, dass wir im Ausländerbereich nicht zu 100% einer Meinung sind, aber wir sind der Meinung, dass die Probleme des Menschenschmuggels gestoppt werden müssen. Menschen, die nach Europa wollen, sollten auf legalen Wegen anreisen – entweder durch das UN-Quotensystem für Flüchtlinge oder als Einwanderer, die den in jedem Land verabschiedeten Anforderungen gerecht werden.«
Sozialdemokratischer geht es kaum. Tesfayes Worte legen offen, worin sich die dänische Regierung von ihren Partnern unterscheidet: Man verlangt geordnete Prozesse, wo andere sich mit unordentlichen Zuständen an den EU-Grenzen abfinden, sie gar noch rechtfertigen.