Wer will in Sachsen-Anhalt die Grünen schon in der Regierung?
Klaus-Rüdiger Mai
Es wäre entweder Berliner Druck oder reiner Aberwitz, wenn Reiner Haseloff wieder eine Koalition mit den im Land unbeliebten Grünen einginge. In Sachsen-Anhalt sind sie außerhalb der Universitäten eher randständig.
Die größte Überraschung der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt war in der Höhe und in der Deutlichkeit nicht einmal zu ahnen, niemand sah die CDU bei über 30 Prozent, schon gar nicht bei 37,1 Prozent. Damit verwies sie alle anderen Parteien auf ihre Plätze. Selbst zur AfD blieb das vermutete Kopf-an-Kopf-Rennen aus, über 16 Prozent liegen zwischen beiden Parteien. Das wichtigste Ergebnis des Wahlsonntags besteht jedoch im schlechten Abschneiden der Grünen. Die Optimisten unter den Wahlforschern sahen die Partei bei 11 Prozent, die Pessimisten bei 9 Prozent, geworden sind es dann 5,9 Prozent, was im Nachhinein aus den Pessimisten sogar noch Optimisten macht.
Zwischen den (noch-) Koalitionsparteien CDU und Grüne liegen über 20 Prozentpunkte. Es wäre entweder Berliner Druck oder reiner Aberwitz, wenn Reiner Haseloff wieder eine Koalition mit den im Land unbeliebten Grünen einginge. Vor allem würde er damit den Wählerwillen ignorieren, denn so gut wie niemand in Sachsen-Anhalt will die Grünen in der Regierung sehen. Die Sachsen-Anhaltiner sind viel zu bodenständig, viel zu realistisch, als dass sie auf dem grünen „Narrenschiff Utopia“ (Franz-Josef Strauß) sich einbuchen würden. Widerwillig hatten die Sachsen-Anhaltiner deshalb die Kenia-Koalition ertragen, auch in der CDU-Fraktion war man nicht immer glücklich darüber, wie weit der Ministerpräsident der grünen Fünf-Prozent-Partei entgegengekommen war. Der Wahlsieger hat nun alle Möglichkeiten, sich von den Grünen zu verabschieden.
Verloren haben in Sachsen-Anhalt aber auch die SPD und die Linken – und das vor allem aus einem Grund, weil sie die Kompetenz für die soziale Frage gründlich verloren haben. Mit Genderismus und Identitätspolitik, mit grüner Klimaapokalyptik überzeugt man in Sachsen-Anhalt keine Wähler. Gerade mal 25,3 Prozent wünschen sich ein rotgrünes „Projekt“, während 63,4 Prozent der Wähler sich eine bürgerliche Regierung wünschen.
Ein Blick auf die Wahlkreise, legt man nur die Erstimmen zu Grunde, belegt die Aussage eindeutig. Von den 41 Wahlkreisen kamen die Grünen nur in 9 Wahlkreisen über die 5 Prozent. In manchen Statistiken fielen die Grünen sogar unter die Anderen. Nur durch die Universitätsstädte Magdeburg und Halle schafften die Grünen den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Im Wahlbezirk Halle III konnten die Grünen bei den Erstimmen 21,2 Prozent erreichen und in Halle II 13,2, in Magdeburg II 15,9 Prozent und in Magdeburg III 11,6 Prozent. In den anderen Wahlbezirken blieben die Grünen einstellig. Übrigens holte die CDU alle Wahlkreise, bis auf einen, er an die AfD ging.
Das Wahlergebnis belegt vor allem eins, dass die Universitäten sich immer stärker von der Wirklichkeit entfernen. In ihnen herrscht im Gegensatz zur übrigen Welt der grüne Zeitgeist. Das wird Auswirkungen auf Deutschlands Zukunft, auf Deutschlands Wissenschaftsfähigkeit haben.
Eine andere Entwicklung ist beachtenswerter. Die Linke hat am stärksten Wähler an die CDU und an die Nichtwähler abgegeben, ein nicht unerheblicher Teil ihrer Wähler traut der CDU eine höhere Sozialkompetenz zu oder ist resigniert zu Hause geblieben. Einige gingen zum Original, nämlich zu den Grünen. Auch die SPD verlor in der Hauptsache Wähler an die CDU, die zweitgrößte Gruppe blieb lieber zu Hause. Wie die Linke verlor auch die SPD Stimmen an das Original, an die Grünen. Der Sieg der identitätspolitischen und klimabewegten Kräfte in beiden Parteien ist teuer erkauft.
Interessant ist, dass auch die Grünen Stimmen an die CDU verloren haben.
Je genauer man in die Statistik blickt, um so stärker verdüstert sich das Bild für die Grünen. Bei den Unter-Dreißigjährigen wurde die AfD die stärkste Kraft, gefolgt von der CDU, dann erst mit sechs Prozentpunkten Unterschied konnten die Grünen in dieser Altersgruppe punkten. Bei den über Sechzigjährigen dominiert ganz klar die CDU, mit weitem Abstand kommt dann erst die AfD, so gut wie nicht vorhanden am Ende des Spektrums stehen die Grünen.
Der hohen Zuspruch, den die AfD bei den Unter-Dreißigjährigen findet, verspottet geradezu die These des irrlichternden Ostbeauftragten, Marco Wanderwitz, der behauptete, dass ein Teil der ostdeutschen Wähler „diktatursozialisiert“ und für die Demokratie unwiederbringlich verloren sei, denn die meisten von denen, die die DDR noch erlebt haben, haben die CDU gewählt, also die Partei von Marco Wanderwitz, und zwar 46 Prozent in dieser Altersklasse.
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