Mark Twain ist 1867 von Jerusalem abgereist und hatte keine Antwort auf die Frage gefunden: wie und warum überleben die Juden seit 3000 Jahren. Man darf gespannt sein, ob die neue „Achter-Bande“ darauf eine nachhaltige Antwort findet.
Kurz vor Mitternacht hat die „Change“-Koalition von acht Parteien dem Staatspräsidenten in Jerusalem signalisiert: Die neue Regierung steht – auf dem Papier. In dem Oscar-prämierten Western „High Noon“ gewinnt der Gute gegen den Bösen, (fast) allein und mutig. Im wilden Nahen Osten herrschen andere Gesetze: 61 der Guten müssen gegen 59 der Bösen die Hand zum Schwur heben und für vier Jahre oben halten. Zweifel sind angebracht.
Die gute Nachricht: Israel hat mal wieder bewiesen, dass es „out of the box“ nicht nur denken kann, sondern auch neue Wege geht. Die „c“ hat nur ein gemeinsames Ziel: angeführt von einem früheren Netanyahu-Finanzminister und einem früheren Netanyahu-Büroleiter wollen sie ihren früheren Chef politisch abschießen. Politisch nachvollziehbar. Der „Böse“ ist 71, seit 12 Jahren ununterbrochen in Jerusalem am Ruder und hat den Generalstaatsanwalt wegen Korruption am Hals. Zeit zu gehen, sagen jetzt 61 der 120 Abgeordneten. 59 sind jedoch anderer Meinung. Der „Böse“ hat bei den vier letzten Parlamentswahlen stets mehr Stimmen geholt als seine beiden nächsten Konkurrenten zusammen. Straßen-Demonstrationen sind ernst zu nehmen, aber sie ersetzen keine politischen Leistungen. Und die hat der „Böse“ aufzuweisen. Vier zusätzliche arabische Staaten haben diplomatische Beziehungen unterzeichnet, Israel ist im Bekämpfen der Corona-Pandemie Weltmeister, der jüngste Gaza-Angriff ist erfolgreich abgewehrt, die Wirtschaft boomt wieder, die Arbeitslosigkeit ist von über 20 Prozent auf unter zehn gesunken.
Demgegenüber steht ein Naftali Bennett, der bei den letzten Wahlen sieben von 120 Sitzen gewinnen konnte, einer aus seiner Truppe hat das gemeinsame Boot bereits verlassen. Yair Lapid, ein durchaus gutaussehender ehemaliger TV-Moderator, hat als Finanzminister unter dem „Bösen“ fast nichts eingehalten, was er versprochen hatte. Die beiden wollen von ganz links bis ganz rechts vier Jahre die „game-changer“-Truppe zusammenhalten? Da gibt es eine sympathische Dame, Merav Michaeli, die die Reste der Arbeitspartei anführt und gerne gendert. Einen Finanzminister, Avigdor Liberman, der lieber russisch als hebräisch spricht und auch schon persönlich näheren Kontakt zum Generalstaatsanwalt hatte. Einen Beinahe-Ministerpräsidenten, Benny Gantz, der vom Wähler schwer gestutzt wurde und weiter Verteidigungsminister bleiben darf. Auch Gideon Saar, einst Netanyahus engster Partner in der Likud, jetzt Parteichef unter ferner liefen, muss seine MP-Ambitionen vorerst begraben. Und das alles soll vier Jahre – erstmals in der Geschichte Israels – von der arabisch-muslimischen Ra´am-Partei geduldet werden? Dort fallen die Entscheidungen in einer koran-bestimmten „Shura“, von Demokratie Lichtjahre entfernt. Viel Glück!
Diese politische Gemengelage spielt sich in einem aktuellen Umfeld ab, in dem die israelische Luftwaffe nachts syrische Stellungen von den Golan-Höhen schießt, eines der größten iranischen Kriegsschiffe auf mystische Weise im Persischen Golf zu brennen beginnt und sinkt. Die Atomkontroll-Kommission in Wien, IAEA, verkündet, dass der Iran über 16 mal mehr angereichertes Uran verfügt als im internationalen Atomabkommen von 2015 vereinbart. Immerhin ein Land, das die Auslöschung Israels ganz oben auf der Agenda hat.
Mark Twain, der wohl berühmtest US-Erzähler, ist 1867 von Jerusalem abgereist und hatte keine Antwort auf die Frage gefunden: wie und warum überleben die Juden seit 3000 Jahren. Man darf gespannt sein, ob die die neue „Achter-Bande“ darauf eine nachhaltige Antwort findet.
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