Tichys Einblick
CDU-Politiker ohne Kompass und Orientierung:

Marco Wanderwitz ersetzt politische Argumente durch eine neue Mauer

Angela Merkel trifft zur Stunde die ostdeutschen Ministerpräsidenten und ihren Ostbeauftragten Marco Wanderwitz. Nach dessen irrlichternden Bemerkungen über die angeblich undemokratischen Ostdeutschen müsste die Kanzlerin ihn eigentlich entlassen – falls sie der eigenen Partei nicht schaden will.

picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert

Marco Wanderwitz blickt mit einer Arroganz auf die Ostdeutschen, die nur die Frage zulässt, weshalb er nicht längst als Ostbeauftragter abgelöst worden ist. Er ist der falsche Mann am falschen Platz. Oder teilt Angela Merkel Wanderwitzens Verachtung für die Ostdeutschen? Wenn nicht, müsste sie spätestens jetzt ihren irrlichternden Ostbeauftragten entlassen, der großspurig behauptet, dass man es im Osten mit Menschen zu tun habe, die teilweise „auch nach 30 Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind.“

Ist er es denn? Zumindest wird Wanderwitz im Osten für die wahlkämpfende CDU in Sachsen-Anhalt zunehmend zur Belastung. Und erst recht im Bundestagswahlkampf in Sachsen, wo er Spitzenkandidat der CDU ist. Wenn Angela Merkel tatsächlich ihren Parteifreunden in Sachsen-Anhalt einen Wahlerfolg gönnt, kann sie gar nicht anders, als Marco Wanderwitz abzulösen. In der Schaltkonferenz mit den sechs ostdeutschen Ministerpräsidenten und Marco Wanderwitz heute um 15 Uhr hat die Bundeskanzlerin zumindest die Gelegenheit dazu.

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Denjenigen, die gegen eine hochgerüstete Staatsmacht auf die Straße gegangen sind, hält der 1975 geborene Wanderwitz, der 1994 das Abitur machte, entgegen, dass sie demokratieunfähig seien. „Wir haben es mit Menschen zu tun,“, urteilt der CDU Abgeordnete mit einer Arroganz, die an die Funktionäre der DDR erinnert, „die teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach 30 Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind.“

Wer nicht Links der Mitte ist, ist für Wanderwitz gleich rechtsradikal. AfD-Wähler sind für Wanderwitz ohnehin für die Demokratie verloren. Wieso? Weil sie von ihrem freien und geheimen Wahlrecht Gebrauch machen? Er will auch nicht mit Argumenten um diese Wähler werben. Weshalb? Traut er seinen Argumenten nicht? Besitzt er überhaupt Argumente oder verwechselt er Verbalinjurien und Phrasen mit Argumenten? Gehören nicht der Streit der Meinungen und der Kampf um das beste Argument zum Wesen der pluralistischen Demokratie? Für Wanderwitz anscheinend nicht. Wanderwitz will nicht diskutieren, er will eine Mauer bauen. Argumente werden durch Beton ersetzt. Denn: „Teil meiner Analyse ist ja, dass ein nicht unerheblicher Teil der AfD-Wähler leider dauerhaft für die Demokratie verloren ist. Insofern gibt es da keinen Lösungsansatz mehr, außer die Brandmauer möglichst hoch zu ziehen.“ Man beachte den beispiellosen Zynismus in den Worten, dass Menschen „dauerhaft für die Demokratie verloren“ sind. Warum? Sind Menschen nicht lernfähig, sind sie nicht überzeugbar? Oder sind sie es nicht, weil sie im Osten geboren worden sind? Wer meint, dass Menschen dauerhaft für die Demokratie verloren seien, ist trotz Amt in einer C-Partei kein Christ, denn er hat nichts von Paulus und nichts vom Damaskuserlebnis begriffen, und ein Demokrat ist er erst recht nicht.

Für AfD-Wähler gibt es in Wanderwitzens Welt eben keine Hoffnung mehr, keine Lösung, nicht einmal einen Lösungsansatz, wer das „Falsche“ wählt, ist ein für alle mal für die Demokratie verloren, deshalb will er gegen sie: „die Brandmauer möglichst hoch … ziehen.“ Wie wär es denn mit einem Reservat für Dunkeldeutsche? Für eigensinnige Wähler, die nicht im blinden Vertrauen den Anweisungen der „Interpretationseliten“ folgen?

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Zur Erinnerung: Die letzte Mauer, die in Deutschland gebaut worden ist, haben diejenigen errichten lassen, die keine Argumente besaßen, die im Systemvergleich unterlagen, die sich nur durch den Bau einer Mauer an der Macht zu halten vermochten. Übrigens nannte man diese Mauer „Antifaschistischen Schutzwall“, den man vorgab, gegen die Bonner Revanchisten und Kriegstreiber zu errichten, doch in Wahrheit ging es nur darum, die eigene Macht zu sichern, deren einziges Argument in der Mauer bestand. Es könnte sich erweisen, dass Wanderwitzens Drohungen und Verunglimpfungen, dass sich Wanderwitzens Brandmauer nicht in erster Linie gegen die AfD richtet, sondern die Wähler der CDU bei der Stange halten soll. Sie wären ja sonst für die Demokratie dauerhaft verloren. Wählerbeschimpfung? Wählereinschüchterung? Was macht man eigentlich mit Menschen, die „dauerhaft für die Demokratie verloren“ sind? Ihnen das Wahlrecht nehmen? Muss in Wanderwitzens Welt jeder vorher sagen, was er wählt, damit er wählen darf?

Wanderwitz will „eine sehr klare Grenze zu Rechtsradikalen…ziehen“. Dagegen wäre überhaupt nichts einzuwenden, es wäre sogar unterstützenswert, wenn er gleichzeitig auch „eine sehr klare Grenze“ zu Linksradikalen ziehen und für ihn Rechtsradikalität nicht bereits jenseits der politischen Linken beginnen würde, wie seine Kommentare indizieren.

Marco Wanderwitz macht sich Sorgen um die Demokratie in Deutschland, die sollten wir uns in der Tat auch machen, wenn wir Marco Wanderwitz zuhören, umso mehr, um so länger wir ihm zuhören.

Wovon man allerdings sicher ausgehen kann, ist, dass sich Marco Wanderwitz als Opfer darstellen wird, weil jede Kritik an den Worten des großen Abgeordneten aus Chemnitzer Land – Stollberg bereits als rechtsradikaler Angriff gewertet werden wird, gegen den eine „Brandmauer“ zu errichten ist. Aber vielleicht versteht man Marco Wanderwitz auch völlig falsch, und er ist nicht der größte Verächter der AfD, sondern ihr größter Verehrer, weil er doch zur Zeit im Osten ihr bester Wahlkampfhelfer ist.


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