Am kommenden Sonntag sind 93 Millionen Mexikaner aufgerufen, 500 Abgeordnete und 15 Gouverneure sowie weitere Vertreter auf lokaler Ebene und für 1900 Gemeinderäte zu wählen. Wie das christliche Online-Portal Mercatornet berichtet, gehört die erst vor zwei Jahren gegründete Partei „Fuerza por Mexico“ (Macht für Mexiko; FxM) zu den Newcomern. Wie alle neuen Parteien mache auch sie den Mexikanern große Versprechungen. So vertrete sie beispielsweise radikale feministische Forderungen. In einem auf Mercatornet verlinkten Wahlkampf-Video fordert eine der Bewerberinnen „al feminicida córtale los huevos!“, – dass Frauenmörder lebenslang inhaftiert und kastriert werden sollten. Daher könne es „überhaupt keinerlei Zweifel an der absoluten Aufrichtigkeit“ der feministischen Agenda der Fuerza por Mexico geben.
Wie man den Forderungen von Geschlechterparität entsprechen will
Doch im östlich von Mexico City gelegenen Bundesstaat Tlaxcala habe die Partei Schwierigkeiten gehabt, den bundesweiten Forderungen nach einer Geschlechterparität auf den Wahllisten zu genügen. 18 ihrer Kandidaten liefen Gefahr, von der Liste gestrichen zu werden.
Doch „glücklicherweise“ – so heißt es ironisch auf der christlichen Plattform – „entdeckten die 18 Kandidaten der FxM ihre wahre Genderidentität. Trotz ihres männlichen Erscheinungsbildes sind sie Frauen, und sie sind es immer gewesen. Bis vor einigen Tagen gab es nur einen Transgender-Kandidaten, Valeria Lorety Díaz, der sich für ein Amt im Gemeinderat von Tlaxcala beworben hat. Jetzt gibt es deren 19. Die nationale Wahlbehörde stellte in Aussicht, dass die Wahl am 6. Juni die ‚inklusivste‘ Wahl in der Geschichte Mexikos sein werde“.
Es überrasche nicht, so treibt Mercatornet die Ironisierung weiter voran, „dass sich transphobe Stimmen erhoben, die gegen die Gender-Erleuchtung der FxM Einspruch einlegten. So sagte Valeria Lorety Díaz gegenüber dem nationalen Fernsehsender Televisa: ‚Sie täuschen mit einer falschen Identität. Sie sind als Transfrauen registriert, aber wie verhalten sie sich? Sie sollten sich wie Transfrauen wie ich benehmen‘“.
Genderselbstidentifizierung soll nicht angezweifelt werden
Doch, so widerspricht Mercatornet, damit liege Valeria Lorety Díaz ganz falsch. Denn die Wahlkommission von Tlaxcala habe kürzlich eine lebhafte Debatte auf Zoom geführt: „Die Teilnehmer kamen zu dem Ergebnis, dass es falsch sei, die Realität der Genderselbstidentifizierung der Kandidaten anzuzweifeln, und dass es keinen Beweis gebe, der Vorwürfe eines fingierten Geschlechtswandels unterstützt. Wie sollte das auch sein? Nur die Kandidaten selbst wissen, ob sie männlich oder weiblich oder was auch immer sind. Biologie hat damit nichts zu tun“.
Auch der Vorsitzende der FxM, Luis Vargas, habe Kritik vom Tisch gefegt. Er sagte, dass die Frage nach der Transgender-Identität sehr weit gefächert sei: „Ich kann nicht in die Privatsphäre der Menschen eindringen und ihnen sagen ‚Sie ja, Sie aber nicht‘“.
Die Genderselbstidentifizierung sei in Mexiko durchaus gängig, erläutert Mercatornet. 2018 „bejubelte Human Rights Watch eine Gerichtsentscheidung in Bezug auf das Recht einer Person, sein Geschlecht zu ändern“. 2019 habe der Gesetzgeber von Tlaxcala die Genderselbstidentifizierung als grundlegendes Menschenrecht anerkannt. Ein medizinischer Eingriff sei nicht nötig dafür.
Dieser Beitrag erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.