Tichys Einblick
EKD interveniert

Kirchenkollekte für Schiff unter Antifa-Flagge gestrichen – bis zum Anruf von oben

Eine Antifaflagge an Bord eines so genannten Seenotrettungsschiffs war für eine kleine Kirchengemeinde aus Celle zu viel. Die Kollekte für die "Sea-Watch-4" wurde daher eingestellt. Nach einem Anruf aus der EKD-Führung revidiert man aber die Entscheidung.

picture alliance/dpa | Carsten Rehder

Pastor Michael Wohlgemuth wird von Thies Gundlach, dem Vizepräsidenten des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angerufen. Gundlach ist der Lebensgefährte von Katrin Göring-Eckardt, aber von dieser Verbindung wusste Wohlgemuth zuvor nichts, wie er am Freitag morgen am Telefon erzählt. Erstaunt hat ihn vielmehr, dass Gundlach sich persönlich bei ihm gemeldet hat, um darüber zu sprechen, warum die Kirchengemeinde Klein Hehlen in Celle – hier ist Wohlgemuth Pastor –  die Kollekte nicht mehr für ein Schiff verwenden will, das unter der Antifa-Flagge fährt, um vor der libyschen Küste Menschen aufzunehmen und diese nach Europa zu bringen.

Der da beim Pastor interveniert, gilt als Vordenker der EKD und einer der führenden Köpfe hinter dem Reformprozess der Kirche. Und er ist Vorsitzender des Vereins „Gemeinsam retten“, der unter dem Namen „United4Rescue“ auf Betreiben des Noch-EKD-Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm gegründet wurde, um ein Schiff ins Mittelmeer zu entsenden. Dieses Schiff soll vor der libyschen Küste Migranten aufnehmen und in die EU bringen bzw. weiter auf dem Landweg nach Deutschland, wo sich bereits mit „Seebrücke“ eine weitere kirchlich unterstütze Nichtregierungsorganisation darum bemüht, Städte und Kommunen dazu zu bewegen, pauschal Flüchtlinge genannte Migranten aufzunehmen.

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Es ist für Außenstehende kompliziert und vielleicht gar nicht so erheblich, zu verstehen, wie eine kirchliche Kollekte funktioniert. Da gibt es „obligatorische Kollekten“, erklärt der freundliche Pastor am Telefon und es gibt einen „Ewigkeitssonntag“, der irgendwie Stichtag ist – wenn es richtig verstanden wurde – für die Festlegung, was jetzt mit der Kollekte der Kirchengemeinde passieren soll.

Kurz gesagt: Diese Spenden der Gläubigen sollten eigentlich nicht mehr dafür eingesetzt werden, ein Schiff zu unterstützen, dass unter der Antifa-Flagge  vor der libyschen Küste „Flüchtlinge“ aufnimmt, so hatte es der Kirchenvorstand beschlossen.

Pastor Wohlgemuth sagt am Telefon, man hätte allerdings genauso entschieden, wäre es eine Fahne der CDU gewesen. Das ist eine amüsante Randbemerkung sicher für diejenigen, welche die Bundeskanzlerin schon zur Schutzheiligen der Antifa erklärt haben angesichts dessen, dass die Antifa mittlerweile auf nahezu jeder regierungskritischen Demonstration die Position der Regierung verteidigt gegen jedermann vor Ort, begleitet von der üblichen Antifa-Drohkulisse.

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Jetzt klingelte in Celle bei Wohlgemuth also das Telefon und es grollte von ganz oben. Nein, das sagte nicht Pastor Wohlgemuth. Der erzählt davon, dass man sich jetzt doch etwas revidieren müsse, nachdem er von Gundlach erfahren hat, dass der von Bischof Bedford-Strohm ins Leben gerufene und von Gundlach gelenkte Verein „united 4 rescue“, der das Schiff mit der Antifa-Flagge finanziert hat, schon seit Ende 2020 nicht mehr Herr über die Sea-Watch-4 sei. Das Schiff sei der Nichtregierungsorganisation Sea-Watch vollständig übergeben worden. Das erfährt der Pastor aus Celle also vom Vordenker der EKD, vom Lebensgefährten der politischen Stimme der Seenotrettung, Katrin Göring-Eckard. Das führt unmittelbar zu der Frage, ob der Pastor denn ein Schiff unter grüner Flagge akzeptieren würde. Aber das haben wir nicht gefragt.

Für Aussenstehende klingt das alles tatsächlich wie ein kompliziertes Organigramm eines internationalen operierenden Unternehmens mit Dependancen in jedem Hafen gewissermaßen. Kurz gesagt: Die kleine Kirchengemeinde in Celle bekommt einen Ausweg präsentiert vom Vordenker der EKD: Die Sea-Watch-4 unter der Antifa-Flagge führe ja garnicht mehr für den EKD-Verein United-4-Rescue. Da hätte man mit der Sea-Eye-4 längst ein eigenes Schiff bei
United-4-Rescue, das man guten Gewissens unterstützen könnte. Die Betriebsgruppe für die Sea-Watch-4 jedenfalls sei nicht mehr der Verein.

Für Pastor Michael Wohlgemuth war mit der Antifa-Flagge die „rote Linie“ überschritten, wie er noch einmal betont. Am Telefon mit TE geht diese Erörterung aber noch weiter. Angesprochen darauf, dass die so genannte „Seenotrettung“ hoch umstritten sei, meint Pastor Wohlgemuth, er wolle hier „nicht in die Tiefe“ gehen, aber die Problematik sei ihm durchaus bewusst, sagt er, als TE den so genannten Pull-Faktor anspricht, also die Tatsache, dass mehr NGO-Schiffe vor der libyschen Küste zwar mehr Menschen nach Europa bringen würden, aber eben auch mehr Menschen ertrinken würden beim Versuch der Schlepper, diese Menschen in maroden Schlauchbooten zu den Schiffen zu bringen.

Aber dann muss Pastor Michael Wohlgemuth eine Andacht vorbereiten, die Zeit drängt, wir könnten ja später noch einmal miteinander sprechen. Machen wir gerne und denken derweil alleine weiter:

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Jetzt soll also United-4-Rescue doch weiter aus Celle unterstützt werden, die hätten ja mittlerweile ein eigenes Schiff, die Sea-Eye-4. Die wiederum ist aber bereits dem Verein Sea-Eye-4 übergeben worden, recherchieren wir. Dieses Schiff ist also bereits outgesourced? Oder es war nie Teil von United-4-Rescue, aber eine Spende von knapp einer halben Millionen Euro wurde von United-4-Rescue in das Schiff investiert. Ja, es ist kompliziert und es macht bald den Eindruck, dass das absichtsvoll so sei. Jedenfalls kompliziert genug, dass der Vorsitzende des Vereins extra in Celle interveniert. Erfolgreich!

Das allerdings auf der Sea-Watch-4 mittlerweile ein Kapitän fährt, der sich offen zur Antifa bekennt, ist weit mehr, als nur eine Flagge am Bug, die der Pastor als rote Linie bezeichnet hat. Und dieser Kapitän fuhr schon auf mindestens zwei weiteren NGO-Schiffen. Würde der Pastor aus Celle hier doch mal in die Tiefe gehen, es könnte interessant werden – jedenfalls ist sicher, dass sich das Engagement der deutschen Antifa auf weit mehr erstreckt, als darauf, mit einer Flagge am Bug den Noch-EKD-Chef Bedford-Strohm daran zu erinnern, dass der alte weiße Mann über die Kollekten hinaus als moralische Instanz offensichtlich nicht wahrgennommen wird.

Und um das noch nachzutragen: Zweifellos sind die Vernetzungen rund um Sea-Watch, Sea-Eye und EKD groß. Und dabei entstehen immer neue Fragen wie beispielsweise die, warum ein Festrumpfschlauchboot der Sea-Eye sich mittlerweile im Besitz der libyschen Küstenwache befindet, wie zumindest Wikipedia berichtet. Immerhin wird die Arbeit dieser Küstenwache immer wieder massiv von eben diesen Organisationen kritisiert.

Wir sprechen also noch einmal mit dem nachdenklichen Pastor Michael Wohlgemuth. Dem erzählen wir von unseren Recherchen zu den beiden NGOs, die von einem Verein unter dem Vorsitz den EKD-Vordenkers Gundlach Schiffe finanziert bzw. teilfinanziert bekommen haben. Ob er das auch so verstanden hätte in seinem Gespräch mit Thies Gundlach.

Pastor Wohlgemuth überlegt kurz und spricht dann davon, dass er den Eindruck hätte, dass das politisch so gewollt sei, dass da die EKD politisch involviert ist in die Unterstützung der Flüchtlingsrettung. Gundlach als Vorsitzender des Finanzierungsvereins hätte nach dem Verständnis des Pastors wohl die Kontaktaufgabe zwischen EKD und Seenotrettung. Wohlgemuth meint weiter, für die Sea-Watch-4 hätte Gundlach jetzt die Verantwortung geklärt, nämlich keine. Für die Sea-Eye-4 wäre jetzt die Frage, ob die sich generell immer nur darauf beschränken, so Wohlgemuth, die Schiffe in Dienst zu stellen und dann abzugeben. Oder ob das bei Sea-Eye-4 dann auch den Betrieb einschließen würde.

Aber – und das soll hier die letzte Frage sein – warum fordert der Noch-EKD-Chef Bedford-Strohm dann überhaupt die Abhängung der Antifa-Fahne vom Bug der Sea-Watch-4, wo er da doch so gar nichts mehr zu melden hat?

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