Was kostet die Welt? Was kostet die deutsche Energiewende? Beide Fragen sind nicht seriös zu beantworten. Der Umbau des Energiesystems – ergänzend: der unterbrechungsfreie Umbau – dürfte die Kosten der deutschen Einheit locker überschreiten, bei ungewissen Erfolgsaussichten.
Der von der Bundesnetzagentur (BNA) ausgegebene Jahresbericht 2020 lässt ahnen, was bezüglich der steigenden Kosten für das Stromsystem noch auf uns zukommen wird. Diese werden im Bericht abgebildet in den Maßnahmen zum Einspeisemanagement (EinsMan), Redispatch-Maßnahmen und den Vorhaltekosten für die Netzreservekraftwerke. Nicht erwähnt sind die Kosten für den Netzausbau, Netzbooster (Großbatterien) und „besondere netztechnische Betriebsmittel“. Ebenso diejenigen der Anlagen zur Blindleistungsregelung zum Kostenpunkt von mehreren hundert Millionen Euro, die bisher von konventionellen Kraftwerken zum Nulltarif erledigt wurde.
194,8 Millionen Euro mussten für die Vorhaltekosten der Netzreservekraftwerke berappt werden, also ihre Bereitschaftsstellung. Pro Megawatt Reserveleistung sind das etwa 26.500 Euro. Dem steht aber keine Produktion oder Wertschöpfung gegenüber, es ist die Bezahlung einer Energie-Feuerwehr, international wohl einmalig. Alle genannten Kategorien gab es in der alten Energiewelt nicht. Sie sind heute notwendig, weil riesige Ökostrommengen am Bedarf vorbei produziert werden und die Netzbetreiber öfter und stärker eingreifen müssen, um die stabile Netzfrequenz von 50 Hertz zu erhalten. Aus einem früher planmäßigen Netzbetrieb ist ein operativer, noch beherrschbarer, aber eben sehr teurer geworden.
Diesem aus dem Ruder laufenden Posten (2021: 8,6 Cent pro Kilowattstunde – netto) konnte nur noch durch einen Staatseingriff begegnet werden. Zunächst erfolgte die Deckelung auf 6,5 Ct/kWh und für 2022 auf 6,0. Nach den Vorstellungen der auslaufenden Regierungskoalition, deren Beschlüsse ohnehin bald nur noch Makulatur sein werden, soll die Umlage in homöopathischen Dosen schrittweise weiter auf unter 5 Cent abgesenkt werden. Der Fehlbetrag wird mit anderem Bürgergeld, nämlich Steuergeld, aufgefüllt. Ob die Quelle dann eher eine Reichensteuer für den Mittelstand, ein Klima-Soli oder eine erhöhte Mehrwertsteuer sein wird, ist noch offen. Ohne eine Anhebung der Steuern wird es nicht gehen, auch wenn die jährlich steigende CO2-Steuer aus dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) für mehr Einnahmen sorgen wird.
Ursache für die kaum beherrschbare Kostenprogression ist der Ansatz, ein Energiesystem auf Basis von Zufallsenergie installieren zu wollen. Wenn es das Thema Versorgungsicherheit überhaupt in die Diskussion schafft, lautet die Antwort regelmäßig, man müsse halt mehr regenerative Erzeuger zubauen, also mehr vom selben und mehr von für die Versorgung untauglichen Technologien.
Wie unberechenbar der Wettergott ist, zeigen die Produktionszahlen des Wind- und Sonnenstroms in den Monaten Januar und Februar 2021 im Vergleich zu den Vorjahresmonaten:
Am 20. April um 11 Uhr speisten alle Windkraftanlagen in Deutschland ganze 430 Megawatt Strom ins Netz. Das sind 0,7 Prozent der installierten Leistung. Das hindert eine regierende Physikerin (!) nicht daran, von der Windenergie als der „Säule“ der Energieversorgung zu sprechen.
Auf diese hin und wieder arbeitsscheuen „Erneuerbaren“ haben die Energiewender eine Antwort: Es gäbe auch Zeiten der Überproduktion und dann müsse man eben speichern. Fragt man nach den Speichern, zeigt der grüne Finger heute nur noch in Richtung Wasserstoff. Immerhin hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass weder Pumpspeicherwerke noch Großbatterien das Problem auch nur annähernd lösen könnten.
Der Tagesbedarf Deutschlands beträgt etwa 1.600 GWh und die eben überschlägig geführte Rechnung bezieht sich auf das Jahr 2030. Wie das Problem absehbarer Unterdeckung im Netz ab 2023 gelöst werden soll, ist unklar. Die Kosten für die Netzstabilisierung werden weiter steigen. Wir leisten uns zwei Systeme für eine Versorgungsaufgabe, auch dies ist in der Welt einmalig.
Vielleicht ist ein stabiles Netz aber auch rückwärtsgewandtes Denken. Allen sollte klar sein, dass bei einem „engagierten Klimaschutz“ kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Der Spruch des Bundesverfassungsgerichts zum angeblich unzureichenden Klimaschutzgesetz wird dessen Verschärfung nach sich ziehen. Bemerkenswert, welchen Wert das Gericht den Freiheitsrechten ab 2030 zugesteht, mit den aktuellen Einschränkungen der Freiheitsrechte aber offenbar kein Problem hat. Vielleicht bleiben die Freiheitsrechte gleich reduziert, damit sie ab 2030 nicht erst eingeschränkt werden müssen.
Da man weder die Gebäudedämmung schnell erzwingen, noch den Verkehrssektor zügig dekarbonisieren kann, bleibt wie bisher die angeordnete Stilllegung von Kohle-, vielleicht sogar von Gaskraftwerken der einfachste Weg. Und eine künftige Grün-irgendwie-bunte-Koalition wird nicht zimperlich sein.
Der praktische Effekt der deutschen CO2-Minderung wird im globalen Maßstab ohne Wirkung bleiben. Dies ist den handelnden Personen durchaus bewusst. Professor Mojib Latif als einer der medial führenden Klimawissenschaftler des Landes sagte am 30. Juli 2018 im rbb-Inforadio:
„Natürlich kann Deutschland das Klima nicht retten, aber wir müssen natürlich Vorbild sein.“
Eine breite gesellschaftliche Diskussion darüber, was uns diese Vorbildrolle, der übrigens keiner folgt, eigentlich wert ist, wäre nötig. Sie wird nicht stattfinden, weil eine einflussreiche Schicht enormes Geld am deutschnationalen Weg der Energiewende verdient. Die uns schon länger Regierenden, erst recht die uns in Kürze Regierenden, werden der Spur des Geldes folgen. Dagegen werden die Kosten der Deutschen Einheit Peanuts sein.