Seit Muslime in Deutschland einen beachtlichen Bevölkerungsteil ausmachen, ist es eine gute Tradition und eine schöne Geste, dass die christlichen Kirchen den Muslimen alljährlich zum Ramadan ein Grußwort überbringen.
Meist bleibt es aber nicht bei einem geistlichen Segenswort zum Gelingen der spirituellen Fastenpraxis und der gemeinschaftlichen Festivitäten. Meist nutzen die Kirchen die Gelegenheit, aller Welt zu zeigen, dass sie politisch auf der richtigen Seite stehen.
So heißt es in der diesjährigen Pressemitteilung meiner Evangelischen Kirche im Rheinland beim Grußwort zum Ramadan: „Wo immer Musliminnen und Muslime Diskriminierungen, rassistische Übergriffe oder Ähnliches erfahren, können Sie darauf vertrauen, dass wir solidarisch an Ihrer Seite stehen.“
Und so wage ich es frisch und frei, folgende Fragen zu stellen:
- Werden Muslime diskriminiert oder Ähnliches, wenn man Mohammed-Karikaturen zeigt? Wieviel Spott und Hohn muss ein Muslim von Andersgläubigen aushalten können, zumal der Islam wie das Christentum sich manche schrecklichen Schandtaten in der Geschichte geleistet haben?
- War Helmut Schmidt ein Rassist oder Ähnliches, wenn er betont hat, dass ein Scharia-Islam nur mit diktatorischen Mitteln eingegrenzt werden kann und darum unsere bundesdeutsche Demokratie in Gefahr ist, wenn wir zuviele Scharia-Muslime in Deutschland aufnehmen?
- Diskriminiere ich Muslime, wenn ich gut begründet die Hauptströmungen im Islam kritisiere als Unterwerfungsreligion mit einem Buchstaben-Fundamentalismus im Koranverständnis?
- Ist derjenige ein Rassist oder Ähnliches, der unterscheidet (= lateinisch: diskriminiert) zwischen Religionen, welche die kulturelle Grundlage einer liberalen Kultur bilden können und den Religionen und Konfessionen, die fundamental in Konflikt zu unserem freiheitlichen Grundgesetz stehen?
- Werden Muslime diskriminiert oder Ähnliches, wenn der öffentliche und lautsprecherverstärke Muezzinruf verboten wird? Oder ist der öffentliche und lautsprecherverstärkte Muezzinruf eine Diskrminierung all der Menschen, die in ihrem Stadtteil nicht mit Glaubensbekenntnissen ungewollt beschallt werden wollen, so dass die Kirche dann eigentlich auf der Seite dieser Menschen gegen die Muslime stehen müsste?
- Passt der Begriff „Rassismus“ überhaupt zu einer Religion, die international ausgerichtet ist, also auch viele deutsche Anhänger hat?
Es wird deutlich, dass mit den Stichworten „Diskriminierung“ und „Rassismus“ und „Ähnliches“ nichts geklärt wird, sondern lediglich ein weites Feld notwendiger Diskussionen eröffnet wird.
Sicherlich kann ein Protestantismus so tun, als könnten politisch korrekte Worthülsen alle Probleme und Streitpunkte übertünchen. Das ist dann allerdings ein Ponyhof-Protestantismus, der notwendigen Debatten in Friede-Freude-Eierkuchen-Mentalität aus dem Weg geht. Genau solch ein Ponyhof-Protestantismus zeigt sich auch in der Überschrift der Pressemitteilung meiner Kirche zum Ramadan in diesem Jahr: „Solidarisch an der Seite von Musliminnen und Muslimen“.
Aber ich bin nicht solidarisch mit dem Muslim, der in Dresden im Namen Allahs hinterhältig ein schwules Paar mit dem Messer niedergestochen hat. Ich bin nicht solidarisch mit dem Muslim, der mit dem Koran im Gewissen seine Frau schlägt. Ich bin nicht solidarisch mit derjenigen muslimischen Familie, die ihrer Tochter das Kopftuch als unhinterfragbaren Willen Allahs aufzwingt. Ich bin nicht solidarisch mit dem Muslim, der bei einem gemeinsamen Grillfest das Schweinefleisch auch für alle anderen verbieten möchte. Ich bin nicht solidarisch mit denen, die die Sozialkassen unseres Landes nutzen, aber gleichzeitig unsere demokratischen Rechtsstaat und unsere säkulare Staatsform als dekadent und unislamisch verachten.
„Solidarisch an der Seite von Muslimminnen und Muslimen“ – mit dieser plakativen Überschrift werden Spannungen naiv unter den Teppich gekehrt.
Wer sich aber zu weit von der Realität entfernt, der sollte sich nicht wundern, wenn gesellschaftlich neue Kräfte entstehen, die mehr „Mut zur Wahrheit“ haben. Wenn die Kirche in ihrem Dialog mit dem Islam dermaßen oberflächlich und anbiedernd daherkommt, dann ist es ein gutes Zeichen für eine lebendige und lernoffene Gesellschaft, wenn andere Menschen und Parteiungen die Religionskritik der kläglich versagenden Kirche übernehmen.