Tichys Einblick
Die Person M. als Übertreibung ihrer selbst

Abtreten oder antreten, jedenfalls auftreten zum nächsten Verwirrspiel

Der Berufsfunktionär ist permanent auf der Flucht vor anderen Berufsfunktionären und versucht zugleich unentwegt, sie zu überholen, zu übertrumpfen, auszutricksen und so weiter.

Bettina Hagen "Angie oder die Frau mit den zwei Gesichtern" Acryl auf Leinwand - 60 x 80 - 2005/10

Befragt in der zum Schalltrichter der Regierungspropaganda geschrumpften Bundespressekonferenz wiederholte die Person M. erst neulich wieder einmal, sie trete nicht an. Nicht für Kanzler, nicht für anderes und überhaupt.

Der Wert dieser Aussage ist Null. Denn die Person M. hat schon Unzähliges gesagt und später das Gegenteil gesagt und getan. Es ist schwer, wenn nicht unmöglich, etwas zu finden, bei dem es bei dem ursprünglich Gesagten blieb. Das Muster ist klassisch: Niemand hat vor, eine Mauer zu bauen.

Umgekehrt ist sehr wahrscheinlich erfolgreich, wer davon ausgeht, das Gegenteil des von der Person M. Gesagten werde eintreten. Verlass ist auch darauf nicht. Denn die Person M. pflegt eine Ausdrucksweise, deren Vieldeutigkeit nur sehr Aufmerksamen nicht verborgen bleibt. Einfacher ausgedrückt, was die Person M. sagt, kann alles bedeuten und nichts. Nichts ist am wahrscheinlichsten, etwas anderes als gesagt liegt auf Platz zwei und das Gegenteil des Gesagten auf Rang drei.

Dass Zuhörer, etwas anderes verstehen, als der Sprechende meint, ist tägliches Geschehen. Aber Vorsicht. Die Person M. konnte nicht nur, sondern musste auch von Klein an permanent lernen und üben, sich so auszudrücken, dass sie das selbst Gesagte stets umdeuten konnte bis zum Gegenteil, wenn es die Umstände nützlich erscheinen ließen oder es sogar dringend geboten war. Womit ich eine zentrale Eigenschaft des Berufsfunktionärs beschrieben habe – nicht nur eines solchen im real existierenden Sozialismus, sondern jedes Berufsfunktionärs (Berufsfunktionär ist, wer nichts zum Wirtschaftsergebnis beiträgt, sondern von den Steuern und Abgaben jener lebt, die das tun).

Nein, das hier ist und wird kein Portrait der Person M. – diese vorerst weiter ständige Aufgabe bleibt hier bei TE vor allem bei Ferdinand Knauß.

Mit meinen Anmerkungen zur Person M. beschreibe ich eine bis zur Übertreibung ihrer selbst geratene, ansonsten nur ganz typischen und gewöhnliche Ausgabe des Berufsfunktionärs in der ganzen deutschen Classe Politique – also in Politik und Medien, Gesellschaft und Wirtschaft.

Die Person M. ist nichts Besonderes. Sie ist nur besonders hemmungs- und rücksichtslos im Umgang mit den Anderen im Selbstbedienungsladen Berliner Republik. Den Anderen ist sie nicht überlegen, weil sie anders ist als sie, sondern den Fehler in jedem Einzelfall vermeidet, auch nur einmal nicht völlig hemmungs- und rücksichtslos zu sein. M. ist die personifizierte Kompromisslosigkeit.

Warum sie dann immer wieder so viel erfolgreicher ist als die anderen, wenn sie nur prototypisch ist? Weil sie in der DDR durch die viel härtere Berufsfunktionärsschule gegangen ist als die Berufsfunktionärs-Absolventen im westlich weichgespülten Kartell Parteienstaat. Innerhalb desselben kommen übrigens jene von den Grünen der Person M. in ihrer zentralen Eigenschaft des hemmungs- und rücksichtslosen Zugriffs auf die Macht am nächsten.

Abtreten ist keine Eigenschaft der Person M. Antreten braucht sie nicht, wenn sie nicht abtritt. Auftreten und behaupten, dass sie nie was anderes gesagt hat, ist eine ihrer leichtesten Übungen. Nur ist irgendwann nach dem letzten Auftritt kein neuer mehr dran. Vor dem, was dann kommt, muss die Person M. zittern. Sie weiß das. Deshalb muss sie den Zeitpunkt hinausschieben, hinausschieben, hinausschieben – koste es, was es wolle.


In dieser Woche folgt: Stell‘ dir vor, es ist Wahl, aber keiner stimmt ab.

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