Tichys Einblick
Ungewöhnliche Klauseln in geheimen Verträgen

Studie enthüllt Chinas Knebel bei der Kreditvergabe an Dritte-Welt-Länder

Mit ungewöhnlichen Geheimhaltungsbestimmungen und Klauseln positionieren sich chinesische Banken aggressiv in Entwicklungsländern. Eine Studie zeigt, wie die Verträge im Rahmen der Belt and Road Initiative aussehen.

Unterzeichnung eines chinesisch-äthiopischen Memorandum of Understanding im Rahmen der Belt and Road Initiative am 6. März 2021.

IMAGO / Xinhua

Ein Forschungsteam unter Beteiligung des Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) hat erstmals Zugang zu 100 Originalverträgen chinesischer Gläubiger gewonnen und konnte damit Details über Chinas Kreditvergabepraxis an Entwicklungsländer aufdecken. Die Kontrakte enthalten demnach ungewöhnliche Geheimhaltungsbestimmungen sowie Klauseln, die zulasten anderer internationaler Geldgeber gehen. Chinesische Banken positionieren sich bewusst als vorrangige Gläubiger und schränken die Handlungsoptionen der Schuldnerländer im Falle einer Zahlungsunfähigkeit teilweise stark ein. Der Schuldendienst ist zudem oft durch Auslandskonten und Projekteinnahmen abgesichert.

„Durch die Belt and Road Initiative ist China zum größten öffentlichen Gläubiger für Entwicklungsländer aufgestiegen, die finanzierenden Staatsbanken treten als sehr versierte Kreditgeber auf, die ihre Verhandlungsmacht gekonnt zu ihrem Vorteil ausnutzen“, sagt Christoph Trebesch, Forschungsdirektor am IfW Kiel und Mitautor der Studie How China Lends. Sie entstand in Kooperation von AidData at William & Mary, dem Center for Global Development, dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) und dem Peterson Institute for International Economics. Die Autoren untersuchen darin 100 chinesische Kreditverträge mit 24 Ländern, viele davon sind Teil der Belt and Road Initiative. Die ausgewerteten Verträge fanden sich auf Regierungswebseiten der Schuldnerländer und waren offensichtlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Der von AidData zusammengestellte Vertragsdatensatz ist nach Angaben des IfW die bislang größte Quelle für Schuldverträge zwischen staatlichen chinesischen Kreditgebern und Entwicklungsländern und über eine Online-Datenbank öffentlich einsehbar.

Die Forscher verglichen die chinesischen Kreditverträge mit 142 öffentlich zugänglichen Verträgen anderer großer Gläubigerländer und fanden mehrere ungewöhnliche Merkmale:

„Chinas Praktiken erschweren es Ländern, die sich beispielsweise aufgrund der Corona-Pandemie in einer finanziellen Notlage befinden, ihre Schuldensituation in den Griff zu bekommen“, sagt Trebesch. IfW-Forscher Sebastian Horn ergänzt: „Die meisten chinesischen Kreditverträge enthalten Klauseln, die es den Schuldnerregierungen untersagen, chinesische Kredite in Koordination mit anderen Gläubigern umzuschulden.“

Laut Scott Morris, Senior Fellow am Center for Global Development, „hat China in der G20 einen kooperativen Ton in Schuldenfragen angeschlagen, aber einige der Bestimmungen in seinen Kreditverträgen stehen eindeutig im Widerspruch zu den Zielen des gemeinsamen Rahmenwerks zum Thema Verschuldung, auf das sich die G20-Minister vor sechs Monaten geeinigt haben.“

„Einige Entwicklungsländer haben derzeit Schwierigkeiten, ihre ausländischen Schulden zu bedienen“, so Brad Parks, AidData’s Executive Director. „Nicht-chinesische Kreditgeber sind aber zunehmend zögerlich, Rückzahlungsbedingungen neu zu verhandeln, solange sie nicht wissen, ob sie tatsächlich an der Spitze der Rückzahlungslinie stehen und wie Chinas Forderungen im Detail aussehen.“
Die Autoren der Studie fordern, dass Staatsschulden grundsätzlich mit Blick auf ihre Höhe und ihre Kreditkonditionen transparent und öffentlich sein müssen, damit Bürger ihre Regierungen dafür zur Rechenschaft ziehen können.

Anzeige
Die mobile Version verlassen