Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) muss zu den echten Optimisten gezählt werden. So optimistisch ist er offenbar, dass er darüber die real existierende Berliner Lage für eine Falschmeldung halten muss. Geisels aktueller großer Coup ist eine atemberaubende linksgrün-ideologische Rochade: Der Innensenator konstruierte zunächst die absurde Behauptung, Berlin bräuchte dringend Fachkräfte. Um dann befriedigt festzustellen, dass das kein Probelm wäre, denn die Hauptstadt sei ja sowieso die beliebteste Einwanderungsstadt Deutschlands.
Einzig die doofe deutsche Bürokratie und Engstirnigkeit stand dann diesem großen Happening der fleißigen Zugewanderten noch im Wege. Also gesagt getan: Der Senat schaffte das Arbeitsverbot für abglehnte Asylbewerber ab. Wie jetzt? Sie sollen also malochen bis zum Umfallen bzw. bis zum letzten Tag vor der Abschiebung? Nein, natürlich haben sich das Geisel und Co ganz anders gedacht. Weil Nachdenken nun aber mitunter auch von der Abwägung von Fakten begleitet wird, kann das schon mal gründlich schief gehen, wenn man schon bei der ersten Abzweigung falsch abbiegt.
Kurz gesagt: Andreas Geisel ist einmal mehr ausgerutscht und auf den Holzweg geraten. Der Innensenator erklärte nämlich: „Mittlerweile dürfen fast 90 Prozent der geduldeten Menschen in Berlin arbeiten und ihren Lebensunterhalt durch Arbeit sichern.“
Ein hier einmal unterstelltes breites Grinsen von Gunnar Schupelius überlagerte seine Kolumne in der BZ, als er schrieb: „Es hörte sich an, als würden die abgelehnten Asylbewerber nun die Lücken auf dem Arbeitsmarkt schließen, insbesondere im Bereich der qualifizierten Jobs.“ Besser kann man dieses rot-rot-grün übergestrichene Berliner Hamsterrad kaum mehr beschreiben – gefühlt eintausendundeine Meldung nach der Erkenntnis, dass es keine nennenswerte Zahl von Facharbeitern unter den Zugewanderten gibt, versucht der Politideologe Geisel aus einhundertprozentigen Abschiebekandidaten die Retter der deutschen Wirtschaft zu machen. 2015 in Endlosschleife! Oder wie es der Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo 2017 schon als Abbitte beschrieb: „Wir waren geradezu beseelt …“ Er meinte damit diese multiple Refugees-Welcome-Hysterie.
Der Berliner Innensenator strahlt also ganz versonnen über seinen Leuchturm-Optimismus und verschattet erst, als ihn die BZ unsanft von seiner Wolke stößt und konkret nachfragt, wo denn nun genau diese Arbeitsplätze wären. Huch, das weiß Geisel gar nicht. Das ist ihm vermutlich zu banal, als er die Anfrage an die „Berliner Wirtschaftsverwaltung bzw. Berlin Partner“ weiterreicht.
In Berlin wurde jetzt das einmal aus gutem Grund erlassene Arbeitsverbot für abgelehnte Asylbewerber aufgehoben, weil Fachkräfte dringend gebräucht würden. Aber niemand hatte offensichtlich zuvor nachgeschaut, ob dem wirklich so ist, es klang einfach zu verlockend! Dann prahlt Geisel über den Erfolg dieser Aufhebung, hat aber keinerlei Zahlen dazu. Wie nennt man so etwas unter Normalsterblichen?
Über den Hintergrund dieser Münchhausenpolitik muss man auch nicht lange rätseln: Rot-Rot-Grün in Berlin hatte im Koalitionsvertrag begeistert festgeschrieben, möglichst keine abgelehnten Asylbewerber abzuschieben. Also musste eine Legende gestrickt werden, diese zur Ausreise verpflichteten Migranten irgendwie zu nützlichen Fachkräften zu erklären. Das ist empörend. Aber lange nicht so empörend, wie die Feststellung, dass diese Senatsregierung davon überzeugt ist, mit so einem Schmonzes so einfach durchzukommen. Das Selbstvertrauen der Berliner Regierenden ist hier auf einem neuen unrühmlichen Höhepunkt angekommen.
Berlin braucht offenbar keine nüchternen Fakten mehr bei soviel verliebter Selbstbesoffenheit der Regierenden. Aber vielleicht funktioniert das mit den Arbeitsplätzen zukünftig sowieso am Besten über die Migrantenquote in der Verwaltung: Denn wo ich keine Qualifikation brauche, keinen Wettbewerb des Fachwissens, da kann es dann jeder machen, Hautpsache „of color“, fremdsprachig und außerhalb der EU geboren: „Herzlich Willkommen!“ (Bitte in den jeweiligen Übersetzer eingeben).