Am heutigen 8. März ist Weltfrauentag. Seit 1975 erinnern die Vereinten Nationen an diesem Tag jährlich daran, dass Frauen und Männer überall auf der Welt gleichberechtigt sein sollten – und dass es in vielen Teilen der Welt noch ein weiter Weg ist, die Gleichberechtigung auch tatsächlich durchzusetzen.
In unserer aufgeklärten, westlichen und progressiven Demokratie ist die Überzeugung, dass Frauen und Männer die gleiche, unantastbare und unveräußerliche Würde besitzen, fest verankert und kaum bestritten. Und dennoch erleben auch in unserem Land zahlreiche Frauen Diskriminierung oder Ungleichbehandlung wegen ihres Geschlechts.
Frauenrechte müssen auch bei uns immer wieder neu eingefordert und durchgesetzt werden. Es ist die Aufgabe unseres demokratischen Gemeinwesens, dafür zu sorgen, dass Frauen und Männer nicht nur dieselben Rechte haben, sondern auch und überall dieselben Chancen genießen können – sei es im beruflichen, wirtschaftlichen oder politischen Kontext.
Wie dieses Ziel erreicht werden kann, ist heftig umstritten. Die falsche Lösung bilden in meinen Augen die häufig diskutierten Frauen-Quoten. Hierdurch werden bestenfalls Zwangseffekte geschaffen, schlimmstenfalls bleiben Vorstandsposten unbesetzt, weil sich Unternehmen weigern, Frauen in die Chef-Etagen zu berufen oder sich schlichtweg auf den Standpunkt stellen, man könne keine qualifizierten weiblichen Bewerber finden.
Quoten können also nicht das vielversprochene Allheilmittel bieten, um Frauen zur faktischen Gleichberechtigung und Gleichstellung zu verhelfen. Viel wichtiger ist es in meinen Augen, durch immerwährende und nachhaltige Betonung klar zu machen, dass wir tatsächliche Gleichberechtigung nur erreichen können, wenn wir bereit sind, diese im Kleinen wie im Großen zu realisieren.
Es gilt weiterhin, Frauen stark zu machen und auf ihre Fähigkeiten und ihre Durchsetzungskraft zu vertrauen. Es ist die Aufgabe unserer gesamten Gesellschaft, dafür zu sorgen, dass Frauen voller Selbstvertrauen danach streben, ihre Träume und Ziele, ihre Visionen und Vorstellungen zu verwirklichen.
Die Frauenrechtsorganisation Terre de Femmes beklagt, dass jeden Tag ein Mann versuche, seine Frau oder Ex-Frau zu töten. 2018 sind der Organisation zufolge in Deutschland 122 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet worden. Mehr als einmal pro Stunde würde eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner gefährlich körperlich verletzt.
Für das Jahr 2019 meldet das zuständige Bundesministerium 301 Fälle von Mord und Totschlag an Frauen. Insgesamt spricht Terre de Femmes auch im Jahr 2019 von mehr als 114.000 Frauen, die von häuslicher Gewalt, Bedrohungen oder Nötigungen durch ihre Partner oder Ex-Partner betroffen seien – allein in Deutschland.
Dem müssen wir uns entgegenstellen. Es gilt Hilfsangebote für betroffene Frauen zu schaffen und die Täter dieser schrecklichen Verbrechen noch härter zu bestrafen.
Zugleich müssen wir aber auch dafür eintreten, dass Frauenrechte weltweit anerkannt werden und dass weltweit das Bewusstsein steigt, dass Frauen keinesfalls Menschen zweiter Klasse sind, die ihrem Mann zum Untertanen gegeben wurden.
In vielen Ländern der Welt, insbesondere im afrikanischen Raum, ist die grauenhafte Praxis der Genitalverstümmelung weiterhin an der Tagesordnung. Unter den widrigsten hygienischen Bedingungen werden junge Mädchen und Frauen gegen ihren Willen beschnitten und verstümmelt. Diese inhumane Praxis wird jedoch nicht nur fernab unserer Landesgrenzen praktiziert, sondern ist auch bei uns ein großes Problem:
Voller Sorge blicke ich außerdem auf die radikal-islamistischen Fundamentalisten, die genau diese Haltung vertreten. Unter den Salafisten-Predigern und Dschihadisten beispielsweise ist es eine Frage des Prestiges, wie viele Frauen ein Mann sich in seinem „Harem“ hält. Die Vielfachehe ist hier nicht etwa verpönt, sondern vielmehr Ausdruck des guten Tons. Dies spiegelt sich auch in der Überzeugung vieler selbsternannter Gotteskrieger wieder, sie würden im Jenseits von einer großen Schar Jungfrauen erwartet – die genaue Größenordnung variiert je nach Größenwahn der Fundamentalisten. Auch mit Kinderehen, dem Versprechen junger Mädchen an zumeist deutlich ältere Männer, hat man hier keine Probleme.
Diese Geringschätzung der Frau findet nicht nur in der Überzeugung, sie mit drakonischen Strafen belegen zu dürfen, Ausdruck, sondern wird ebenso durch das Unterdrückungssymbol der Vollverschleierung transportiert.
Seit langer Zeit setze ich mich daher dafür ein, die Vollverschleierung zu verbieten und dadurch Frauen davor zu schützen, durch ihre Männer zum Tragen eines Symbols der Pein und Schande gezwungen zu werden. Hierbei geht es nicht darum, den Ausdruck von Religiosität in irgendeiner Weise zu verbieten. Unzählige Musliminnen lehnen Kopftücher und ganz besonders Vollverschleierungen ab, auch führende liberal-gesinnte Koranschulen folgen dieser Auffassung.
Mir geht es bei dem Verbot der Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, wieso wir uns in Deutschland nicht zu einem solchen Verbot durchringen können, darum, dass Frauen nicht dazu gezwungen werden dürfen, ein öffentliches Zeugnis der eigenen Unterdrückung und Geringschätzung der eigenen Würde ablegen zu müssen. Es entspricht schlichtweg nicht den Werten einer aufgeklärten und emanzipierten Gesellschaft, dass Frauen dazu gezwungen werden können, ihr Gesicht und ihren Körper bis zur absoluten Unkenntlichkeit zu verhüllen, während Männer hämisch grinsend danebenstehen.
Von den Sicherheitsbedenken, den Kommunikationsbarrieren und den auftretenden Problemen bei der Identitätsfeststellung an dieser Stelle ganz zu schweigen.
In der Schweiz wurde am gestrigen Sonntag eine neue Initiative unternommen, das Tragen einer Vollverschleierung des Gesichts von Verfassungswegen her zu verbieten. In Frankreich, Belgien, Bulgarien, Österreich, Dänemark und Lettland gelten bereits ähnliche Bestimmungen. Selbst der Gerichtshof der EU hat seine grundsätzliche Zustimmung zu derartigen Verboten signalisiert.
Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, wieso wir uns in Deutschland nicht zu einem solchen Verbot durchringen können, das die Freiheit der Frau als Maxime nimmt, ihre Selbstbestimmtheit zu wahren und ihrer unbedingten Gleichheit auch nach außen hin Ausdruck zu verleihen.
Der Minimalkompromiss müsste doch zumindest ein Kopftuchverbot in Kitas und Grundschulen sein. Hier steht es doch außer Zweifel, dass die jungen Mädchen nicht selbst über das Tragen eines Kopftuchs entscheiden, sondern von Eltern oder „Vorbildern“ indoktriniert werden. Verfassungsrechtliche Bedenken wurden von mehreren renommierten Gutachtern abgeräumt, viel eher sogar bestätigt, dass die Religionsmündigkeit, die in Deutschland erst mit 14 Jahren eintritt, ein vorheriges Kopftuchverbot sogar gebieten könnte.
Wenn wir den wachsenden salafistischen Einflüssen Einhalt gebieten wollen, wenn wir Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht zu bloßen Begriffshülsen verkommen lassen wollen, dann müssen wir handeln. Ich werde nicht müde werden, immer wieder hierauf aufmerksam zu machen und ein entschiedenes Vorgehen zu fordern – ganz besonders heute am Weltfrauentag.