Berliner Grünen-Politiker rechtfertigt Gewalt – Migrationsrat steht hinter ihm
Redaktion
Jeff Kwasi Klein bezeichnet "Plünderungen" als "organisierter Widerstand ... gegen ein rassistisches System". Da könnten schon mal Fenster und da Gefühl von Sicherheit kaputtgehen. Der Berliner Migrationsrat, in dessen Vorstand Klein sitzt, steht "unmissverständlich" hinter ihm und die Grünen sagen einfach gar nichts.
Ein Lokalpolitiker der Grünen in Berlin hat im Rahmen einer Veranstaltung im Zusammenhang mit der Tötung des schwarzen Amerikaners George Floyd zu Gewalt aufgerufen, wie jetzt durch einen Bericht der Tageszeitung Welt bekannt wurde. Videoaufnahmen der Rede vom Mai 2020 kursieren auch in den sozialen Netzwerken. Jeff Kwasi Klein, Vorstandsmitglied der Grünen im Kreisverband Berlin-Mitte, sagte unter anderem: „Wir werden niemals aufhören, unserer Wut Gehör zu verschaffen, selbst wenn es bedeutet, dass dabei ein paar Dinge kaputtgehen wie ihre Fenster, ihre Selbstgefälligkeit, ihre Ignoranz und ihr Gefühl von Sicherheit“. Aus dem Publikum ist daraufhin lauter Jubel zu hören.
Klein, der auch Vorstandsmitglied des Migrationsrates Berlin ist und laut Welt-Bericht in einem Förderprojekt für schwarze Teenager tätig ist, das vom Familienministerium über das Programm „Demokratie leben“ finanziert wird, sagte weiter: „Denen in Deutschland, die behaupten, dass sich die Proteste durch die Ausschreitungen delegitimieren würden, sage ich unmissverständlich: Haltet eure Fresse!“ Auch das wird mit lautem Jubel beantwortet. „Weil sie überhaupt nicht begreifen (unverständlich), worum es gerade geht. Unsere Geschwister kämpfen um ihre Leben. Und es geht um die Würde und die Menschenleben unserer Geschwister. Und kein materieller Wert kann jemals dagegen aufgewogen werden. Ihr beschwert euch über die Riots und über die Plünderungen und versteht nicht, dass dies organisierter Widerstand ist gegen ein rassistisches System, das nur dann zuhört, wenn es sich physisch oder finanziell bedroht fühlt.“
Wer sich über den Krawall und die Plünderungen beschwere, verstehe nicht, „dass schwarze Körper und Körper von People of Colour, unsere Länder, unsere Bodenschätze, unsere Kultur, und Identitäten, unsere körperliche und mentale Gesundheit seit 500 Jahren geplündert wird“. Vor „mehr als 500 Jahren“ seien „europäische Barbarinnen auf ihren Raubzug durch die Welt gegangen und haben rassistische Systeme aufgebaut, die uns bis heute den Atem nehmen“, sagte der Grünen-Politiker, der beruflich in einem Förderprojekt für schwarze Teenager tätig ist, das vom Familienministerium über das Programm „Demokratie leben“ finanziert wird. „Auf Imperialismus und transatlantischem Sklavenhandel folgten Kolonialismus, Kapitalismus und Faschismus. Darauf folgten Neoliberalismus und die angeblich liberalen Demokratien mit ihrem Neokolonialismus, Gettoisierung, mass incarceration (Masseninhaftierung), kapitalistische Ausbeutung. Das System der Schande und des Todes hat seine heuchlerische Fratze schon lange für uns alle gut sichtbar gemacht.“
Klein empfiehlt seinen „Geschwistern“ deswegen: „Es ist wichtig, dass wir uns organisieren, es ist wichtig, dass wir uns nicht auf den Staat verlassen, sondern verbindliche und robuste Community-Strukturen aufbauen, um nicht mehr die Polizei rufen zu müssen, wenn wir Hilfe brauchen“, sagte der Grünenpolitiker weiter. „Denn starke Communitys brauchen keine Polizei, denn die Polizei ist nicht für uns da, sie ist für die Gewalt in unserem Leben verantwortlich.“
Gegenüber der Welt, die am Montag über den Auftritt berichtete, hat sich Klein nicht von den eigenen Aussagen distanziert. Die Zeitung zitiert ihn so: „Meine Rede war eine Reaktion auf die rassistische Ermordung von George Floyd in den USA. Es ist in den USA zu Plünderungen gekommen, aber der Großteil der Proteste ist friedlich verlaufen beziehungsweise gestartet und wurde dann gewaltsam unterdrückt. Selbst wenn es zu Ausschreitungen kam, delegitimiert das nicht den gesamten Protest gegen Polizeigewalt.“
Klein behauptet, er habe nicht Gewalt legitimiert: „Ich weise komplett zurück, dass ich Gewalt legitimiere. Mit robusten Communitys meine ich natürlich keine Banden, sondern, dass wir eigene Unternehmen, schwarze Geschäfte, soziale Beratungsstellen und Vereine aufbauen. In Fällen von Diskriminierung und Gewalt durch Polizei oder Behörden könnten schwarze Menschen dann zu einer Beratungsstelle gehen, um Rechtshilfe zu erhalten, anstatt die Polizei zu rufen.“
Der Migrationsrat sieht in Kleins Aussagen keinen Grund zur Kritik, im Gegenteil: „Wir stellen uns als Verband unmissverständlich hinter unseren Kollegen und verurteilen den Hetzartikel von Marcel Leubecher aufs Schärfste“, heißt es auf dessen Website. Es sei „weder politisch noch moralisch erklärbar, warum eine Rede, die vor neun Monaten im konkreten Kontext rassistischer Polizeibrutalität und eines rassistischen Mordes an einem Schwarzen Mann gehalten wurde, heute aufgewärmt wird. Es ist weder politisch noch moralisch legitimierbar, den Wert zerstörter Sachen gegen das Leben eines ermordeten Menschen aufzuwiegen.“ Wo dieses vermeintliche Aufwiegen in dem Welt-Artikel stecken soll, bleibt offen. Die Stellungnahme endet mit der Aufforderung: „Wir stehen solidarisch hinter Jeff Kwasi Klein und rufen die Tageszeitung „Die Welt“ auf, den Hetzartikel aus ihrem Internetangebot zu entfernen. Die Presse – und so auch „Die Welt“ – sollte ihrer Verantwortung gerecht werden, Rassismus und strukturelle Gewalt zu benennen, statt sie zu schüren.“ Ein Bericht über eine Gewalt billigende Rede wird also als Gewalt-Hetze uminterpretiert.
Kleins Partei hielt es nicht für nötig, zu dem Auftritt des Parteimitglieds überhaupt Stellung zu beziehen: „Eine WELT-Anfrage, ob Klein angesichts dieser Aussagen für Parteiämter geeignet sei, lassen die Grünen unbeantwortet“, heißt es in dem Artikel.
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