Tichys Einblick
Aktivistin auf der Kanzel

Luisa Neubauer im Berliner Dom: Die Gottesaustreibung

Die weltliche Heilige der Klimabewegung verkündet von der Kanzel des Berliner Doms: „Gott wird uns nicht retten, das werden wir tun." Die Dom-Gemeinde hat es also vollbracht: Sie hat das Christentum hinter sich.

Luisa Neubauer

IMAGO / IPON

Die Geschichte des Berliner Doms legt die Vorstellung nahe, dass man hier dem herrschenden Zeitgeist oft näher als Gott stand. Diesem Ruf ist die Berliner Dom-Gemeinde am gestrigen Sonntag wieder gerecht geworden. Statt eines Gottesdienstes fand der neuheidnische Dienst an der Klima-Esoterik statt. Neues gab Luisa Neubauer nicht zum Besten, sondern es blieb bei der ideologisch aufgeladenen Apokalyptik. In der ihr eigenen Bescheidenheit stellte sie sich als die „hauptberuflich An-Morgen-Denkende“ dar, so sahen sich allerdings schon die Narodniki, vornehmlich Kinder reicher Leute, die Funktionäre der Bolschewiki oder der SED, nur ist aus dem Morgenrot, dem man entgegen gehen wollte, das Gesterngrün geworden. In der ihr eigenen Bescheidenheit also urteilte die  „hauptberuflich An-Morgen-Denkende“: „Wir selbst haben die Welt geschaffen, die die Übertragung von Infektionskrankheiten zwischen Menschen und Tieren so wahrscheinlich macht. Wir haben einen Risikoplaneten geschaffen.“ Christlicher Glaube bestand bisher in der Vorstellung von Gottes Schöpfung, darin, dass Gott die Wellt geschaffen habe und nicht der Mensch. Wer ist eigentlich „wir“? Das vom „Ich“ zum „Wir“ der Kommunisten? 

Wurden nicht schon immer Krankheiten übertragen, seitdem Menschen existieren, auch von Tier zu Mensch? Glaubt die von der Berliner Dom-Gemeinde heißumworbene Gastrednerin allen Ernstes, dass Seuchen erst in jüngster Zeit von Tier zu Mensch übertragen werden. Glaubt sie allen Ernstes, dass es je in der Geschichte eine Zeit ohne Risiken gegeben hat? Die historische Wahrheit ist, dass die Menschheit, vor allem die westliche Zivilisation es vermocht hat, im beträchtlichen Maße Risiken zu vermindern, Krankheiten auszurotten und den Hunger und die Armut, die immer noch groß sind, dennoch zu reduzieren. Wer diese große Leistung leugnet, der wird in eine Welt zurückfallen, die von größeren Risiken, Katastrophen, von größerer Armut gekennzeichnet war. 

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Als die weltliche Heilige der Klimabewegung von der Kanzel verkündete: „Gott wird uns nicht retten, das werden wir tun“, hatte die Dom-Gemeinde es vollbracht, da war sie hindurch durch das Christentum: in diesem Moment war Gott aus dem Dom ausgetrieben und war der Mensch, in diesem Moment konkret der Mensch Neubauer, oder besser noch Neubauers „Wir“ an Gottes Stelle getreten. Denn dieses „Wir“ wird es wagen, „die Schwere der Krisenbewältigung anzunehmen.“ Und da keine Krise existiert, außer der, die von Neubauers „Wir“ erzeugt wird, außer der, die Merkels Klima- und Pandemie-Politik über Deutschland gebracht hat, darf man zuversichtlich sein, dass mit dem Segen der Dom-Gemeinde eine große Krise kommen wird, die De-Industrialisierung, die Dekadenz eines einstmals blühenden Landes. 

Man könnte Neubauers Rede durchaus auch „kommunistisch“ nennen, weil die zentrale Passage die Hymne der Kommunisten, die Internationale, zitiert, denn der Satz: „Gott wird uns nicht retten, das werden wir tun“ findet sein Original in der „Internationale“: „Es rettet uns kein höh’res Wesen,/kein Gott, kein Kaiser noch Tribun/Uns aus dem Elend zu erlösen/können wir nur selber tun!“ Weder eine neue Melodie, noch ein neuer Text. 

Neubauer hat in der zeittypischen Mischung, in der mangelnde Bildung durch Hybris wettgemacht wird, Gott durch den Menschen ersetzt. Sie hat die Melodie der Selbstsäkularisation der EKD geträllert, sie hat die Transzendenz durch die Immanenz durch „Suche und Ersetze“ ausgetauscht. Statt Jesu Botschaft zu vermitteln, dass sein Reich nicht von dieser Welt sei, predigte sie den Atheismus der innerweltlichen Erlösung: „Wir haben alles, was wir brauchen, um diese Welt zu einem guten Ort zu machen“. In ihrer Rede hat sie das Paradies abgeschafft, weil sie das Himmelreich auf Erden errichten will, doch ist es nicht nur durch viel Leid erworbene historische Erfahrung, sondern liegt es auch in der Logik der Sache, dass immer, wenn die Menschen das Himmelreich auf Erden zu errichten begannen, nur die Hölle schufen. Gerade die Berliner Dom-Gemeinde müsste darum wissen. Es besteht jetzt kein christlicher Grund mehr, seinen Fuß in den Tempel des rotgrünen Zeitgeistes zu setzen. 

Die Fastenpredigt, die sich die Berliner Dom-Gemeinde gewünscht hat, war im wahrsten Sinne des Wortes gottlos. Ehrlich wäre es, wenn die Dom-Gemeinde von nun an ein Schild an die Tür des Berliner Domes hängte, auf dem stünde: „Gott wohnt hier nicht mehr! Hier wohnen jetzt „Wir“!“

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