Tichys Einblick
Bewegung in die EU

Kurz sucht Wege aus der eigenen Lockdown-Sackgasse

Österreichs Bundeskanzler plant wohl eine intelligente Kursänderung zum Dezentralismus als einzig wirksamer Strategie der Freiheit gegen den globalen Sozialismus. Gemeinsam mit den „Smart First-Mover-Countries": Australien, Israel, Griechenland, Norwegen, Tschechien und Dänemark.

IMAGO / UPI Photo

Österreichs Kanzler Sebastian Kurz will am 4. März zusammen mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen nach Israel reisen. Die beiden wollen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Kooperation der drei Länder bei der Forschung und Produktion von Corona-Impfstoff vereinbaren. Sie hat die Zeit im Blick, wenn die jetzigen Impfstoffe gegen Mutationen ihre Wirkung verlieren.

Kurz will offensichtlich aus der Not eine Tugend machen und dabei seinen Ausweg aus der selbstverschuldeten Sackgasse finden. Die Presse schreibt, Bundeskanzler Sebastian Kurz »hat vor seiner Israel-Reise eine Kursänderung bei der Corona-Strategie angekündigt. Österreich, Dänemark, und die Mitglieder der „First Mover“-Gruppe, „werden sich in Zukunft nicht mehr auf die EU verlassen und gemeinsam mit Israel in den kommenden Jahren Impfdosen der zweiten Generation für weitere Mutationen des Coronavirus produzieren sowie gemeinsam an Behandlungsmöglichkeiten forschen.“«

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Kurz nannte den Impfstoffproduzenten „Polymun“ in Klosterneuburg vor den Toren Wiens, der bereits jetzt an der Herstellung des Biontech/Pfizer-Impfstoffs beteiligt ist, als Teil der Kooperation der drei Länder. Zwei weitere österreichische Pharmafirmen seien für die Produktion anderer Corona-Impfstoffe im Gespräch. Und es gäbe schon ein israelisch-dänisches Pharmaunternehmen. Priorität habe die Beschleunigung von Produktion und Beschaffung von Impfstoffen für die Zukunft. Kurz zeigt auf das Versagen der EU, wenn er Wien-like mit Pokerface sagt, darüber habe auch Einigkeit beim EU-Videogipfel geherrscht.

Kurz berät sich immer mal wieder mit seinen Amtskollegen der von ihm so genannten und initiierten „Smart First-Mover-Countries“ Australien, Israel, Griechenland, Norwegen, Tschechien und Dänemark. Diese Aktion erinnert mich natürlich an das Kurz’sche Experiment der „Sparsamen Vier“, dem sich zum Schluss Finnland als Fünfter anschloss, als Strategie gegen die Macron-Merkel-EU nach dem Brexit im Juli 2020. Kurz gesagt, Kurz findet immer wieder einen Ansatz, der einerseits seiner Stimme in Brüssel mehr Gewicht verleiht, als Österreich allein auf die Waage bringt, und dadurch andererseits seinem politischen Kampfgewicht zuhause nützt.

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Die Neue Volkspartei von Kurz, die im österreichischen Medienwald zunehmend oft wieder altbacken ÖVP heißt, sitzt bei der Corona-Politik in der Zange. Die Mehrheit der eigenen Leute wäre von Anfang an gern einen ähnlichen Weg gegangen wie Schweden. Doch das war weder mit den Grünen in der Regierung noch SPÖ und NEOS in der Opposition zu machen, anfangs auch nicht mit der FPÖ. Inzwischen ist die FPÖ für das Ende des Lockdowns und sind es die NEOS strukturell differenziert. Fürs baldige Öffnen ist aber auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, etwa für Kultur, Sport und Gastronomie – zumindest im Außenbereich, wo es doch jetzt wärmer wird. Ludwigs innerparteiliche Konkurrenz, die Bundesobfrau der SPÖ hingegen warnt vor zu früh öffnen, Pamela Rendi-Wagner selbst Infektiologin, Epidemiologin und Tropenmedizinerin will aber wie Kurz die Produktion von Impfstoffen nach Österreich holen – mit einem Milliardenfonds. Auch in Österreich mischen sich wie in Deutschland parteiinnenpolitische Profilierung und Corona-Politik destruktiv.

Gestern traten Kanzler, Gesundheitsminister drei Landeshauptmänner und der Chefmediziner vor die Presse und verkündeten eine Corona-Strategie der Regionalisierung. Vorarlberg, das Bundesland mit der niedrigsten Inzidenzziffer 70 soll als „Pilotregion” am 15. März Kultur, Schulsport und Gastronomie öffnen. Dahinter steht die Absicht, andere Bundesländer folgen zu lassen, wenn sie unter die Inzidenzziffer 100 kommen.

Wie uneinig Kurz und sein grüner Koalitionspartner sind, zeigte Gesundheitsminister Anschober gestern Abend im ORF:

»“Wieso gehen die Gastgärten Ende März wieder auf, obwohl die Experten von Lockerungen abgeraten haben?“, fragte Moderator Armin Wolf den Gesundheitsminister gleich zu Beginn. „Die Hochrisikogruppen sind bis Ostern alle geimpft“, antwortete dieser. Daher solle nach Ostern der „Öffnungskurs Schritt für Schritt fortgesetzt werden“.
Anschober: „Wir wollen Ostern gut erreichen ohne explosive Erhöhungen der Zahlen. Wenn alles davor gut geht, ist der nächste Schritt die Kultur Mitte April.“ Wenn es zu exponentiellem Wachstum bei den Corona-Zahlen komme, werde man aber auf die Lockerungen verzichten müssen …«

Als Letzter in diesem Corona-Sextett sagte Experte Oswald Wagner von der MedUni Wien, was ich als indirekte Entschuldigung dafür verstand, dass er dem Kompromiss von Politik und Wissenschaftlern öffentlich nicht widersprach, obwohl er und die meisten anderen beteiligten Mediziner gegen jede Öffnung vor der willkürlichen Indzidenzziffer 50 sind. Was er sagte, finde ich unfassbar. Das ursprünliche Virus sei am Aussterben, werde aber konterkariert durch Mutationen.

Herr im Himmel, die ganze Lockdown-Orgie fußte auf dem Aussperren, Isolieren, Eindämmen des ursprünglichen Virus? Wissen diese Experten nicht, dass jedes Virus mutiert? Dass es umso schneller zu Mutationen kommt, je erfolgreicher das ursprüngliche Virus und jede folgende Mutation abgewehrt wird?

Air Türkis schrieb auf TE: Die Wirksamkeit restriktiver Kontaktbeschränkungen zeigte sich auch im internationalen Vergleich nie. Verschiedene renommierte Forscher zeigten in Datenanalysen, dass es kaum einen Unterschied macht, ob ein Lockdown verhängt wurde oder nicht. Auch das lockdownfreie Schweden bewies in der zweiten Welle, dass der deutsche Lockdown im Kern nicht erfolgreich war:

Weitere Ergebnisse aus der Regierungspressekonferenzin Wien fasst der Kurier so zusammen:

• Ab dem 15. März gibt es einen kleinen Öffnungsschritt:  Schulsport soll in ganz Österreich möglich sein.
 
• Ab 27. März (Samstag vor der Karwoche): Schanigärten sollen aufmachen dürfen – Voraussetzung für Gäste sind Eintrittstests. Das ist erst in knapp vier Wochen, und auch das ist nicht sicher. In zwei Wochen will die Politik die Entwicklung der Infektionszahlen anschauen. Sollten diese keine Öffnung hergeben, dann wird das Ziel wieder revidiert.Generell gilt der Grundsatz: Outdoor-Öffnung kommt vor Indoor-Öffnung.
 
• Im April (nach Ostern): Die Kultur, die Gastronomie über die  Schanigärten hinaus und die Hotellerie haben die Chance auf Öffnung.

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Ich schenke mir und Ihnen die weiteren Details, wer weiß, wie lange sie halten. Zustande kamen die vorsichtigen Öffnungsschritte auf großen Druck aus der Gesellschaft ebenso wie Wirtschaft und Gewerkschaften. In vielen Städten kam es zu Protesten, jeder einzelne nicht groß an Zahl, aber mit seit Wochen zunehmender großer Regelmäßigkeit. Daneben steigt die Zahl der Leute, die sich immer weniger an Restriktionen halten.

Zurück zum Anfang. Kurz reist also am 4. März zusammen mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen nach Israel, um mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Kooperation der drei Länder bei der Forschung und Produktion von Corona-Impfstoff zu vereinbaren. Das Angebot dazu hatte Netanjahu schon Anfang 2020 gemacht. Dieses Projekt ist wohl nur eines von anderen, die wir noch nicht kennen. Ich notiere: Die Zeiten für die EU werden nach Corona noch ungünstiger als bisher schon. Wenn es darauf ankommt, ob bei der illegalen Einwanderung, dem Euro und was auch immer, versagt die Zentralisten-Organisation. Für eine intelligente Kursänderung auf Dezentralismus – die einzig wirksame Strategie der Freiheit gegen den globalen Sozialismus – ist das eine gute Perspektive.

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