Das Impeachment-Verfahren ist vorbei. 57 Senatoren, darunter alle Demokraten und sieben Republikaner stimmten für eine Verurteilung. Das waren zehn weniger als für eine Verurteilung mit Zweidrittelmehrheit benötigt worden wäre. Bedeutet: Freispruch für Trump und das Ende eines Verfahrens, das von vornherein zum Scheitern verurteilt war (zu den konkreten Vorwürfen gegen Trump können Sie hier mehr lesen).
Dabei haben trotzdem eine ganze Menge republikanischer Senatoren nicht mehr viel für Trump übrig und hätten sicherlich kein Problem damit gehabt, Trump zu verurteilen. Minderheitsführer Mitch McConnell überschlug sich in seiner Rede mit Verurteilungen von Trumps „Crescendo der Verschwörungstheorien“. Viel aber lag am Verfahren selbst.
Eine Vorermittlung im Repräsentantenhaus wurde übersprungen, und so war keine sinnvolle Strategie zu erkennen: Wenn Trump eine solche Gefahr ist, dass man ihn sofort „impeachen“ muss, wieso wartete man dann bis zu seinem Amtsende, um die Anklage dem Senat zu überreichen? Wenn von vornherein klar war, dass man nicht vor Amtsende zu einer Verurteilung kommt, wieso hat man dann nicht eine größere Untersuchung angestellt, sich mehr Zeit gelassen?
Die Antwort lautet: Parteipolitik. Und das fing bereits bei der Anklage an. Man setzte sich nicht mit Trump-kritischen Republikanern zusammen, stattdessen schickten die Demokraten nur ein Anklageteam aus eigenen Leuten nach vorne sowie einen hastig geschriebenen Anklagepunkt, der sich nur auf Trumps öffentliche Rede stützt. Dann zögerte man den Prozess im Senat wieder hinaus, um zunächst die wichtigsten Nominierungen der Biden-Regierung zu bestätigen. Das Verfahren selbst wurde unter enormem Zeitdruck geführt, damit man weiter zur Tagesordnung der neuen Regierung übergehen kann. Diese ganzen Biden-Nomierungen, sie bestätigen sich ja schließlich nicht von selbst.
Daher war es zunächst eine Überraschung, dass der Senat für Zeugenaussagen stimmte, was zwangsläufig zu einer deutlichen Verlängerung des Verfahrens führt. Insbesondere ging es darum, was hinter den Kulissen der Regierung am 6. Januar vorging. Das wurde bisher nicht weitergehend untersucht und war eben auch nicht Teil der Anklage. U.a. ging es um die Aussage der republikanischen Abgeordneten Jaime Herrera Beutler über ein Telefonat Trumps während des Kapitol-Sturms, in dem der republikanischen Fraktionschef im Repräsentantenhaus Kevin McCarthy ihn dazu aufrief, die Gewalt sofort zu verurteilen. Trump habe da über den Mob gesagt: “Nun, Kevin, ich denke, diese Leute sind über die Wahlen mehr verärgert als Sie.“
Das dürfte viele entsetzt haben, auch einige Republikaner, und führte zu den Rufen nach mehr Zeugen. Am Ende aber machte der Senat wieder eine 180-Grad-Wende, und Ankläger und Verteidiger einigten sich stattdessen darauf, Beutlers Statement als Beweisstück ins Protokoll aufzunehmen. Eine Chance zur genauen Untersuchung und Klärung dieser Geschehnisse wurde damit abermals vertan, weil sich viele auf beiden Seite ein schnelles Ende des Verfahrens wünschten.
Am Ende stimmten 43 Republikaner gegen die Verurteilung und ermöglichten damit den Freispruch. Auf sie entlud sich unmittelbar der Unmut der Medien: als Heuchler, Feiglinge, Verräter usw. wurden sie bezeichnet. Die Wahrheit ist wahrscheinlich: manch einer stimmte tatsächlich aus Trump-Loyalität für den Freispruch, ein anderer befand den Anklagepunkt der „Anstiftung“ als unbewiesen und wieder jemand anderes, wie McConnell, hielt das Verfahren in dieser Form grundsätzlich für falsch – auch wenn er Trumps Verhalten offensichtlich verurteilte.
Aus Sicht vieler Demokraten war das Verfahren dagegen eine Win-Win-Situation: Wäre es es zu einer unwahrscheinlichen Verurteilung gekommen, bestrafen sie damit Trump; wird er dagegen wie erwartet freigesprochen, können sie das Abstimmungsverhalten der Republikaner im nächsten Wahlkampf als PR-Kampagne ausschlachten. Für eine differenzierte, faktenorientierte Betrachtung interessiert sich am Ende kaum noch jemand.