Tichys Einblick

Radikalen Islamismus bekämpfen – „Mobile Stoffgefängnisse“ verbieten

Wer Vollverschleierung als Errungenschaft der Toleranz feiert, hat absolut nicht verstanden, dass er damit den Salafisten und Demokratiefeinden, den Dschihadisten und der Scharia Tür und Tor öffnet und damit keineswegs die Position der Frau stärkt.

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Am 1. Februar wird in mittlerweile über 140 Ländern weltweit – so zumindest gibt es der Veranstalter an – der World Hijab Day „gefeiert“. Was an einem mobilen Stoffgefängnis aber Grund zum Feiern bieten soll, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Hijab, Burka, Niqab, also Vollverschleierungen jeglicher Art – alle diese Worte symbolisieren in meinen Augen vor allem eins: Die Unterdrückung der Frauen. Sie stehen wie kein anderes Symbol für die Herabwürdigung der Frau, für ihre Degradierung, für ihre Versklavung in einem System der ewig Vorgestrigen. Diese Stoffstücke entrechten die Frauen und nehmen ihnen ihr Gesicht weg.

Ich kann einfach nicht verstehen, wie eine Frau mit Stolz sagen kann: Ich trage die Vollverschleierung. Und ich kann mir keineswegs vorstellen, dass ein signifikanter Anteil der Frauen dies überhaupt von sich behaupten würde.

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Die Vollverschleierung ist ein Relikt einer in den säkularen und liberal gesinnten Koranschulen längst überkommenen Einstellung. Es ist keineswegs so, dass eine Frau im Namen Gottes gezwungen sein sollte, ihren Körper zu verhüllen, ganz in schwarzem Stoff einzutauchen, sodass am Ende nur noch die Augen hervorlugen – und selbst das oftmals nur hinter einem Stoffgitter. All diese oben genannten Stoffstücke sind auch keine religiösen Symbole.

Bei der Vollverschleierung geht es nicht darum, ob jeder tragen oder glauben darf, was er möchte. Dieser Grundsatz ist für uns in einer westlich-aufgeklärten, freiheitlich-demokratischen Gesellschaft selbstverständlich. Die Freiheit des Glaubens gehört zu den zentralen Versprechungen des demokratischen Staatswesens und den grundlegenden Garantien unserer Verfassung.

Es geht bei der Forderung nach einem Vollverschleierungsverbot eben nicht darum, intolerant gegenüber dem Islam zu sein oder die Religionsfreiheit einschränken zu wollen. Vielmehr bezweckt ein Verbot der Vollverschleierung, wie ich es seit vielen Jahren fordere und wofür ich mich immer wieder bei Bürgerdialogen oder politischen Veranstaltungen stark mache, das genaue Gegenteil. Nur so können wir Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ernsthaft und wehrhaft verteidigen.

Diejenigen, die laut aufschreien, sobald man das Wort „Vollverschleierungsverbot“ in den Mund nimmt, geben sich gern als Anwälte der Frauen und der Freiheit ebenjener aus. Sie fordern Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit – was sie aber nicht verstehen wollen, oder nicht verstehen können, ist wem sie damit Vorschub leisten.
Sie erweisen mit ihrem zugegebenermaßen vollkommen kurzsichtigen Getöne der Demokratie einen Bärendienst. Das Recht auf Burka und Niqab schützt nicht etwa die Menschenwürde, sondern es stellt ebendiese fundamental in Frage. Der Vollverschleierung liegt das zutiefst archaische, ultra-konservative Islamverständnis der radikalen Islamisten, Fundamentalisten und Dschihadisten zugrunde.

Sie sind es, die fordern, die Frau müsse sich dem Mann zum Untertan machen. In Mehrfachehen sehen sie einen Ausfluss der natürlichen Vormachtstellung des Mannes. Ihm allein soll es erlaubt sein, über seine Frau zu bestimmen.
Körperliche Züchtigungen, Genitalverstümmelungen, die drakonischen Strafen der Scharia, die systematische Unterdrückung der Frau – all diese Überzeugungen gipfeln im Symbol der Vollverschleierung.

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Für mich ist daher völlig klar: Wer Vollverschleierung als Errungenschaft der Toleranz feiert, der hat absolut nicht verstanden, dass er damit den Salafisten und Demokratiefeinden, den Dschihadisten und der Scharia Tür und Tor öffnet und damit keineswegs die Position der Frau stärkt, sondern vielmehr dafür kämpft, zurückzukehren zu Verhältnissen, die wir als mittelalterlich bezeichnen würden.

Dieses Problem zeigt der World Hijab Day sehr anschaulich. Es handelt sich zwar nicht um eine offensichtlich salafistische Kampagne – obwohl ich mir nur allzu gut vorstellen kann, wie diese Menschenfeinde sich in ihren Hinterhofmoscheen ins Fäustchen lachen – dieser „Aktionstag“ geht von einer in den USA lebenden Muslimin namens Nazma Khan aus.

Auf ihrer Webseite fordert sie, mit dem World Hijab Day ein Zeichen zu setzen. Sie selbst sei nach dem 9. September angefeindet worden, wegen ihres Kopftuchs. Deshalb rufe sie dazu auf, dass alle Frauen weltweit als Zeichen der Solidarität „den Hijab für einen Tag erfahren sollten“ und so den World Hijab Day „stolz feiern sollten, nicht nur als Zeichen der religiösen Toleranz, sondern für Frauenrechte weltweit.“
Für mich eine Farce, wie es eine größere kaum geben könnte: Eine Frau, die ein Leben in Frieden, Freiheit und Sicherheit in einer westlichen, mit wirtschaftlichem Wohlstand gesegneten Demokratie leben darf, ruft dazu auf sich „für Frauenrechte“ in ein mobiles Stoffgefängnis einsperren zu lassen. Zugleich kämpfen in den arabischen Ländern mutige Frauen darum, sexuelle Gewalt und Übergriffigkeit nicht zu tabuisieren, drakonische Strafen wie Peitschenhiebe oder Genitalverstümmelungen abzuschaffen und die Frau nicht mehr als Bürger 2. Klasse zu betrachten. Diesen Frauen jetzt zu sagen, dass man doch mal die Vollverschleierung als Zeichen der Toleranz ausprobieren könnte, ist für mich an Hohn nicht mehr zu überbieten.

Doch neben dieser Scheinheiligkeit müssen wir auch die stillen Profiteure dieser Diskussion benennen: Es sind die Salafisten samt ihren Gesinnungsgenossen, die weiter als Menschenfänger ihre Kreise ziehen, eine Ideologie verbreiten, die den gesellschaftlichen Diskurs vergiftet und die Demokratie in Zweifel zieht.
Diesen Scharlatanen müssen wir ganz klar aufzeigen: Sie gehen zu weit. Wir lassen nicht zu, dass sie unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit eine falsche Toleranz predigen – und doch gerade nur darauf aus sind, Toleranz und Weltoffenheit, Demokratie und Freiheit zu beseitigen.

Es gib viele Beispiele mutiger Frauen, die aufgestanden sind und ihre Heimat und das mobile Stoffgefängnis namens Burka oder Niqab hinter sich gelassen haben. Sie sind die wahren Helden. Ihnen gebührt unser Respekt.

Wenn ich eine Kampagne wie diesen World Hijab Day sehe, frage ich mich: Wie soll das weitergehen? Wieso wacht niemand auf? Wieso folgen wir nicht dem Beispiel unserer französischen, österreichischen oder niederländischen Nachbarn und sorgen endlich dafür, dass diese Form der inhumanen Unterdrückung der Frauen verboten wird?

Nur so können wir ein starkes Signal setzen für Frauenrechte weltweit – und zugleich die Demokratiefeinde in ihre Schranken weisen. Deshalb sage ich nochmals mit aller Deutlichkeit: Ein Vollverschleierungsverbot ist längst überfällig.

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