Selten war eine von Merkels Runden mit mehr Erwartungen befrachtet – auch wenn teilnehmende Ministerpräsidenten wie Bodo Ramelow lieber Mädchen-Spiele auf dem Handy üben oder, wie Armin Laschet, es nicht schaffen, sich in die virtuelle Konferenz einzuwählen: Irren ist eben präsidial in Merkels Republik.
Irgendwann im Herbst …
Und dann kam die Enttäuschung: Irgendwann im Sommer, Frühherbst, Ende September vielleicht soll jeder ein Impfangebot bekommen. Aha. Israel wird seine Bevölkerung in diesem Monat geimpft haben, Großbritannien und die USA folgen. Dann kommt lange nichts, und dann? Denn was heißt das: „Ein Angebot erhalten“? Kann man bis dahin geimpft werden? Oder gibt es dann ein Angebot, dass man in der Zukunft geimpft werden kann, z.B. im Mai 2022? Das ist keine kleinliche Frage. Es hängt zu viel davon ab, und Merkel argumentiert wie eine Versicherungsvertreterin, die einer älteren Heizdecken-Käuferin das Kleingedruckte verschweigen will, mit dem sie ihr stattdessen eine Autowaschstraße verkauft.
Und es hängt natürlich davon ab, sagt sie, dass die Belieferung reibungslos verläuft. Nun liege es bei so komplexen Produkten in der Natur der Sache, argumentiert sie umständlich und so kompliziert wie eine Impfstoffproduktion, dass es zu Verzögerungen kommen kann. Aber wohl nur in Deutschland und der EU. Andere Länder haben schon sehr viel schneller geimpft – nicht nur Israel und die USA, auch die allermeisten europäischen Länder. Die Verzögerung liegt im falschen Bestell-Management. Und dass die USA den dort produzierten Impfstoff nicht teilen will, mag man kritisieren. Sowohl Donald Trump wie auch Joe Biden scheinen im Interesse ihres Volkes zu handeln. Sollen sich die Amerikaner für ein paar bescheuerte EU-Europäer opfern, die zu geizig sind, wenn es um Medikamente für die Bevölkerung geht? Grandios. Die USA sollen uns gratis verteidigen und umsonst impfen. Funktioniert so, was sie unter Politik „zum Wohle des Volkes“ versteht? Möglicherweise denkt sie das, weil sie kein Volk mehr kennt, nur einen anonymen Planeten, den sie auf Kosten der eigenen Bevölkerung retten will.
Es gibt keine Freiheiten mehr – offener Verfassungsbruch
Irgendwie hat Deutschland eine falsche Größe: Israel, hat am Vortag unser genialer Gesundheitsminister erklärt, ist schneller, weil es so klein ist – und die USA sind schneller, weil sie so groß sind. Die Wahrheit ist vermutlich ganz simpel. Wie Großbritannien sind diese Länder nicht in der EU. Da klappt es besser – deshalb oder darum. Merkels Pressekonferenz war aber nicht nur eine Ausrede- und Rechtsfertigungs-Pressekonferenz.
In einem demokratischen Staat mit gültiger Verfassung, Menschen- und Grundrechten wäre es ein handfester Skandal. Denn sie sagte auch: „Solange es nach wie vor so ist, dass nur ein kleiner Teil der Menschen geimpft ist, wird es keine neuen Freiheiten geben.“
Wer so argumentiert, hat die demokratisch verfasste Republik nicht verstanden.
Freiheiten sind Grundrechte, keine Almosen, die ausgehändigt werden, wenn die Regierung es erlaubt. Wer Freiheiten einsackt wie der Hühnerdieb die Eier, ist ein Verfassungsfeind. Sagen wir es so hart, wie es ist: Man muss weder Linguist noch Verfassungsrechtler sein, um schon an der Wortwahl zu erkennen, welche Bedeutung in diesem „neu“ von Merkels Worten „keine neue Freiheiten“ steckt: die „neuen Freiheiten“ sind unmittelbar an Bedingungen geknüpft und somit zwangsläufig Unfreiheiten. Freiheiten, die gewährt werden, sind keine.
Dieses Land besteht nicht aus 14-Jährigen, denen man vorschreiben kann, wann sie abends zu Hause sein müssen. Außer, man ist Merkel. Dann macht man ein Volk zum Kindergarten und schlimmer noch: Die Herrscherin nimmt und die Herrscherin gibt, gerade wie es ihr gefällt. Wem gehören denn die Freiheitsrechte? Nicht dem Staat, sondern seinen Bürgern! Ein Staatschef, der das nicht verstanden hat, kann keinem demokratischen Gemeinwesen vorstehen. Bei allem Respekt: Frau Merkel, wir sind nicht die DDR ihrer Jugend.
Wir erinnern uns, dass zu Beginn der Corona-Proteste Demonstranten in Berlin das Grundgesetz vor sich hertrugen wie einen Schutzschild. Die Berliner Polizei hat es ihnen weggeschlagen oder Demonstranten in ihre Käfig-Wagen gezerrt. Man hielt das für Auswüchse überforderter Beamter. Es ist System. Längst sind wir so unfrei, dass sich kaum jemand noch darüber aufregen kann. Und das in einer Woche, in der eigentlich nur über Lockerungen geredet werden sollte. Denn die Zahlen zeigen: Die Gefährlichkeit der „Mutanten“ ist eine Phantasie der Regierenden, die Zahlen der Betroffenen fallen, wie TE mit aktuellen Statistiken belegt.
Wir nähern uns einem Punkt, an dem der offene Verfassungsbruch dieser Regierung auch mit angeblicher Bedrohung nicht mehr schöngeredet oder gerechtfertigt werden kann.
Was plant Merkel wirklich?
Da es keine epidemischen Gründe sind, muss nach den wahren Absichten dieser Kanzlerin gefragt werden: Will sie die anstehenden sechs Landtagswahlen und die Bundestagswahl beeinflussen? Verschieben, um ihre Amtszeit zu verlängern oder auf Briefwahlen ausweichen, die extrem manipulationsanfällig sind?
Denn das Impfdebakel ist der Maßstab, an dem diese Regierung gemessen werden muss. Merkel und ihre Figur in Brüssel, Ursula von der Leyen, haben es vermasselt. Statt die Konsequenzen daraus zu ziehen, bauen sie offenbar eine politische Wiederwahlstrategie darauf, deren Methode wir noch nicht durchschauen, aber deren Ziel offenkundig ist: Kritische Wähler daran zu hindern, diese Regierung der erwiesenen Unfähigkeit abzuwählen. Die Beweislast dafür liegt bei Merkel: Ihr Handeln ist entlang der Gegebenheiten nicht mehr anders zu erklären.
Das Trio Infernale der Merkel-Nachfolge
Aber auch im Detail ist das Nicht-Ergebnis des Impfgipfels enttäuschend, die Zielrichtung falsch: Das ewige Gejammer und die Rechtfertigungen, dass es zu wenig Impfstoff gibt, brauchen wir nicht. Wir brauchen schnell größere Mengen an Impfstoffen. Um das zu erreichen, brauchen wir Prämien für zusätzliche und frühe Lieferungen. Und genau hier lassen Merkels Büchsenspanner ihre Masken fallen.
Begriffsgleich fordern CSU-Chef Markus Söder und die beiden grünen Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock eine Impfnotwirtschaft. Das klingt wie die Ausrufung einer zentral geplanten Kriegswirtschaft, aber es dient dem Erfolg nicht. Dass die Impfstoffe überhaupt so rasend schnell entwickelt wurden, ist das Verdienst von Forschern und einer hochentwickelten Industrie. Die Kritik daran ist derart wirtschaftsfern, dass man sich schämen mag.
Als ob es irgendein Unternehmen gäbe, das seine Kapazitäten im Fahrradkeller versteckt! Es lockt das Geschäft des Jahrhunderts bei Herstellern, Zulieferern und den Zulieferern von Zulieferern. Da will jeder mitmachen und zu Recht mitverdienen, dazu braucht es weder Söder noch Habeck oder Baerbock, um das zu verstehen. Was wir nicht brauchen, ist einen staatlichen Berliner Flughafen auf Impstoffbasis. Diese Trio Infernale der Merkel`schen Nachfolgepolitik tut so, als hätten sie den Thermomix zu Hause, mit dem man Impfstoff kocht, ohne auch nur daneben stehen zu müssen.
Und dann ist da noch ein weiterer Söder: „Je gleicher es ist, desto gerechter ist es“, sagt er. Bei seinen Plänen für eine staatlich gelenkte Notwirtschaft weiß man nicht mehr, von welcher Partei hier die Rede ist. Die CSU jedenfalls kann es nicht sein.