Horst Seehofer (CSU) erklärte gestern, dass ein Verzicht auf Auslandsreisen jetzt Bürgerpflicht sei. Ab sofort gelte außerdem ein Einreiseverbot aus Gebieten mit Virus-Mutationen, sagte der Bundesinnenminister gerade im Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Natürlich gibt es Ausnahmen – unnötig zu erwähnen beispielsweise, dass Asyleinwanderer weiterhin nicht abgewiesen werden dürfen. Seehofer-Sätze sind wie aus der Strafkolonie vergangener Fehlleistungen ausgebrochen:
„Wir können nicht der Bevölkerung in Deutschland auf der eine Seite große Einschränkungen zumuten, um die Neuinfektionen zu reduzieren, und auf der anderen Seite ein hoch infektiöses Virus ungehindert ins Land lassen.“
Wir erinnern uns zurück, als sich ein eh schon wankelmütiger Horst Seehofer in Sachen Grenzkontrollen und Grenzsicherungsmaßnahmen der Richtlinienkompetenz der Bundeskanzlerin beugen musste, was Seehofer nicht besonders schwer fiel.
Heute kaum mehr zu glauben: Noch 2018 wurde der Bundesinnenminister als eine Art Bollwerk gegen Merkels No-Border-No-Nation-Politik gehandelt, heute hat der Löwe aus München seine Zähne verloren, nur manchmal – frei nach Rilke – schiebt sich der Vorhang der Pupille auf, dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille … usw. im Herbst 2019, als die sowieso anhaltende Massenzuwanderung erneut aus dem Ruder zu laufen drohte, als die Gefahr bestanden haben soll, wieder das Niveau von 2015 zu erreichen, bestand Horst Seehofer darauf, die Sicherheit würde an den Grenzen beginnen.
Na klar, nach der Erfahrung von 2015 endlich effektive Grenzkontrollen unter massivem Personaleinsatz. Aber nein, da stand erneut die Bundeskanzlerin im Wege ebenso wie aus ihrer Entourage Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) aus Nordrhein-Westfalen. Der bestand darauf, dass seine deutschen Außengrenzen offen bleiben wie Scheunentore: Der Warenverkehr und die europäische Idee wären wichtiger.
Was also machte Seehofer in dieser Zwickmühle zwischen Rechts-Anwürfen diverser von SPD-Bundesministerien quersubventionierter Nichtregierungsorganisationen und weiter lahmgelegt von der Richtlinienkomptenz der Kanzlerin? Er winkte mit der Schleierfahndung, wie jetzt erneut bei der Abwehr der Einreisen von Corona-Mutanten.
Will man diese Stringenz des Versagens dokumentieren, beginnt das nicht erst mit einem Blick in das Twittergeschehen des Innenministeriums von damals. Horst Seehofer schrieb über den Twitter-Account seines Ministeriums:
„Die Sicherheit fängt an der Grenze an. Neben der erneuten Anordnung von Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich habe ich angewiesen, dass die Bundespolizei die Schleierfahndung an allen anderen deutschen Binnengrenzen intensiviert. Wir haben alle Grenzen unseres Landes im Blick.“
Baut Seehofer weiter darauf, dass ihn die selbstsedierten Medien schützen? Jene Verweigerer, die nicht bereits sind, eine ihrem Auftrag entsprechende kritische Analyse dieses umfassenden Versagens des Innenministers für ihre Leser und Zuschauer abzubilden?
Heute, nur etwa zwei Jahre später, greift Seehofer zur Abwehr von mutmaßlich höher infektiösen Corona-Mutationen aus dem Ausland in seine alte abgegriffene Klamottenkiste seines Ministeriums in Alt-Moabit 140 und präsentiert wieder einmal die alte verstaubte Grenzsicherungsverweigerung names „Schleierfahndung“ als Retter in der Not.
Die Bild-Zeitung greift trotzdem zu und vermeldet diese abgegriffene Bürgerverschleierung mit Ausrufezeichen. Frischer wird sie davon allerdings trotzdem nicht: „Seehofer plant Corona-Schleierfahndung an den Grenzen.“ Aber auch hier schon die nächste Amnesie: Man muss gar nicht zurückschauen bis zum Versagen der Eindämmung illegaler Einwanderung samt wirkarmer Schleierfahnung. Es reicht schon ein paar Wochen zurückzublicken, als Apokalyptiker wie Karl Lauterbach (SPD) über Monate den Mond um die zweite Welle anheulten und Seehofer dann auch hier seine – genau! – Schleierfahnung versprach, beispielsweise die Berliner Morgenpost schrieb Ende Oktober 2020: „Corona: Horst Seehofer will Schleierfahndung verstärken.“ Er wolle Einreisen nach Deutschland „intensiver kontrollieren.“
Schleierfahndung gegen Corona? Illegale Migration geht vor Bevölkerungsschutz. Selbst Personen aus Corona-Hotspots dürfen einreisen und werden selbstverständlich nicht zuürckgewiesen.
Wie nun eingangs erwähnt und um die Bigotterie entgültig auf die Spitze zu treiben, ermahnt der Bundesinnenminister die Bevölkerung jetzt nicht zu reisen, während illegale Einreisen geduldet bzw. von immer mehr Kommunen auch noch per Seebrücke und „Freie Häfen“ aktiv befördert werden – samt EKD-Fährverbindung libysche Küste-Italien und dann weiter nach Deutschland. Alle anderen Zuwanderungsrouten bleiben ebenfalls eine Option der Anreise nach Deutschland.
Der Bevölkerung wird das zu bunt? Kein Problem denkt sich also Horst Seehofer, wir haben ja unseren Joker: Die Schleierfahndung! Was für eine Verschleierung. Die Schleierfahndung als Burka des Vergessens.