Vergessen Sie die Berliner GroKo-Tristesse und billige Kapitalismuskritik. Nehmen wir uns die Freiheit, Neues zu unternehmen.
Dieses Heft zum Jahresanfang widmen wir inspirierenden Ideen und modernen Helden. Etwa Elon Musk, reich geworden mit dem Internet-Bezahldienst PayPal, der das erste wirkliche Elektroauto Tesla finanziert hat und nun Touristen ins All und auf den Mars transportieren will. Oder Peter Hofbauer, der mit seiner Idee eines neuartigen Motors in die Rente geschickt wurde und jetzt in den USA und China vorwärtstreibt, was bei VW nicht machbar war. Oder Sara Blakely, die mit so etwas aufreizend Langweiligem wie Unterwäsche zur jüngsten Selfmade-Milliardärin wurde. Oder Nick Woodman, dessen robuste GoPro-Kameras uns atemberaubend neue Bilder von einer Welt in Aktion liefern und der damit zwar kein neues Produkt, aber einen neuen Markt schuf.
Dieses Heft widmet sich der unternehmerischen Freiheit. Es geht um die „edle Arbeit“ des Unternehmers, der fähig ist, „die Güter dieser Welt zu mehren und für alle zugänglicher zu machen“ und damit „dem Gemeinwohl zu dienen“. Dieser Satz stammt aus dem hinteren und daher meist nicht mehr gelesenen Abschnitt der Lehrschrift „Evangelii Gaudium“ von Papst Franziskus. Wahrgenommen wird meist nur die Einleitung mit dem fatalen Diktum „Diese Wirtschaft tötet“. Aber auch Päpste können irren oder sich selbst widersprechen. Der Zuspruch für den kapitalismuskritischen Teil-Franziskus kommt aus einer satten Geisteshaltung, der es ums Bewahren und Verteilen geht, weniger ums Erfinden und Erneuern. Allerdings wird die Welt nicht vom Festhalten getrieben, sondern vom Verändern.
Deshalb ist es kein Zufall, dass fast alle der von uns recherchierten groß angelegten Innovationen nicht aus Deutschland stammen, auch nicht von gebürtigen Amerikanern – aber aus den USA.
Denn während Wirtschaftspolitik in diesem Jahr in Deutschland allenfalls Schadensbegrenzung der lähmenden Absichten einer fehlgeleiteten politischen Elite bedeuten kann, haben die USA Startups, Innovatoren und Unternehmer als strategische Ressource für die Bewältigung der Zukunft erkannt. Nach dem Boom des Internets mit seinen neuen Giganten Google, Cisco, Facebook und Apple verbreitert sich das technologische Feld um neue Ideen, die mit den Milliarden der Internet-Innovatoren finanziert werden. Aber es geht dabei nicht nur um Innovationen. Es ist eine neue dynamische Unternehmergeneration entstanden, die aus Ideen gigantische Firmenimperien erschafft. Diese Rockefellers der Netzwelt greifen jetzt in andere Wissenschaftsbereiche, die sie sich mit denselben unternehmerischen Techniken erschließen, mit der sie zuvor das Internet zur Weltrevolutionsmaschine gemacht haben. Milliardengewinne sind nichts, wofür man sich rechtfertigen oder schämen muss, sondern der Hebel für das nächste wirklich große Business. Ein funktionierender Finanzmarkt verlängert den Hebel und die Investitionskraft, verschafft auch vielen kleinen Aktionären Teilhabe am Erfolg. Tatsächlich gibt es auch in Deutschland rund um Universitäten und Fraunhofer-Institute eine lebhafte und aktive Gründerszene. Aber ihr Wachstum ist begrenzt, auch weil Wagniskapital und unternehmerische Köpfe knapp sind. Schade, dass einige der kühnsten jungen Unternehmen von amerikanischen oder asiatischen Konzernen wie vom Ramschtisch weggekauft werden. Hierzulande ist es leichter, ein Bordell mit angeblichen Normalarbeitsplätzen zu eröffnen als eine Dönerbude oder gar ein Genlabor. Zu oft gilt etwas zu unternehmen als bedrohlich, etwas zu unterlassen dagegen als wünschenswert: Der Unterlasser ist der Held in einer Welt der Stallhasenhaltung, in der der Lebensunterhalt aus der Staatskasse kommt und wo schon die Übernahme von Eigenverantwortung verdächtig macht.
Aber die Welt war noch nie so offen und so frei wie heute. Nutzen wir den Freiheitsraum und erweitern wir ihn durch unternehmerisches Handeln. Machen wir, trotz des Berliner Mehltaus, das Jahr 2014 zum Jahr der Unternehmer.
(Erschienen auf Wiwo.de am 04.01.2014)